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Außenansicht des ehemaligen Jugendzentraum Potse an der Potsdamer Straße in Berlin-Schöneberg.

© imago/Stefan Zeitz

Update

Prozess um Räumungsklage: Anwälte des Jugendzentrums „Potse“ verließen den Gerichtssaal

Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen wurde über die Räumungsklage gegen die „Potse“-Besetzer verhandelt. Der Termin fand ein schnelles Ende.

Die Sicherheitsvorkehrungen, die der Richter für die Verhandlung über die Räumungsklage des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg gegen die Besetzer des Schöneberger autonomen Jugendzentrums „Potse“ angeordnet hatte, waren am Mittwoch immens. Wegen besserer Kontrollmöglichkeiten war das zivilrechtliche Verfahren in den besonders geschützten Saal 500 im Moabiter Strafgericht verlegt worden.

Zuschauer wurden streng kontrolliert, durften keine Taschen in den Saal bringen; Handy mussten draußen bleiben. Selbst Journalisten durften nur Papier und Stifte dabei haben. Außerdem hatte der Richter angeordnet, dass keine Jugendlichen der Verhandlung bewohnen durften.

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Und eben dieser Punkt führte dazu, dass die Verhandlung schnell beendet war. Die Anwälte der Potse hatten Befangenheitsanträge gegen den Richter gestellt. Dass bei einer Verhandlung, in der es um einen Jugendclub geht, keine Jugendlichen anwesend sein durften, sei nicht hinnehmbar, sagte Rechtsanwalt Lukas Theune, einer der beiden Rechtsvertreter der Potse. Er berief sich dabei auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der Einschränkungen der Öffentlichkeit.

Der Richter wollte weiter verhandeln

Den zuerst gestellten Befangenheitsantrag hielt der Richter für unzulässig; es gab eine Verhandlungsunterbrechung. Auch nach dem zweiten Antrag wollte er weiter verhandeln, erklärte ihn aber nicht für unzulässig. Darauf hin verließen die Anwälte und die beiden Vorstandsmitglieder der Potse den Gerichtssaal.

Der Anwalt des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg beantragte daraufhin ein sogenanntes Versäumnisurteil, da die Gegenseite nun nicht mehr zugegen war. Der Richter beendete die daraufhin die Verhandlung, was in einem zivilrechtlichen Verfahren anders als in einem Strafprozess möglich ist. Für eine Entscheidung wird es dann einen Verkündungstermin geben.

Die linksalternative Szene mobilisierte für eine Demo

Für die linksalternative Szene hat der Prozess einige Bedeutung. Es wurde vorab stark in sozialen Netzwerken mobilisiert, zur Verhandlung zu kommen, „zur kritischen Prozessbegleitung für die Potse Berlin!“. Zeitgleich zur Verhandlung fand auf der Turmstraße, die vor dem Gerichtsgebäude für den Verkehr gesperrt war, eine Demo mit Punkkonzert statt. Musikfetzen drangen auch in den Gerichtssaal.

Am Mittwochmorgen versammelten sich einige Unterstützer vor dem Landgericht.
Am Mittwochmorgen versammelten sich einige Unterstützer vor dem Landgericht.

© Sigrid Kneist

Seit gut einem Jahr halten die Aktivisten die Räume der Potse in der Potsdamer Straße besetzt. Silvester 2018 weigerten sie sich, diese zu verlassen, nachdem der Mietvertrag ausgelaufen war und nicht verlängert werden konnte. Das Bezirksamt reichte im März Räumungsklage ein.

16 Strafermittlungsverfahren gegen Aktivisten

In der letzten Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im Rathaus Schöneberg im Dezember hatten Unterstützer der Potse demonstriert; sie wurden von Polizisten aus dem Saal geführt. BVV-Vorsteher Stefan Böltes (SPD) verzichtete auf eine Strafanzeige, auch um Eskalationen des Konflikts zu vermeiden.

Dennoch berichten Potse-Aktivisten auf Facebook, dass einige Demonstranten Anzeigen wegen schweren Hausfriedensbruchs erhalten haben: „Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Unterstützer*innen der Potse kriminalisiert werden.“ Die Polizei bestätigte gestern, dass eine Anzeige vorliege und es insgesamt 16 Strafermittlungsverfahren gebe, sie nannte aber nicht den Anzeigenden.

Das ebenfalls in der Potsdamer Straße ansässige Jugendzentrum Drugstore wiederum machte seine Räume damals frei. Seitdem versucht der Bezirk, eine Alternative zu finden. Für ruhige Veranstaltungen gab es sie ohnehin; die Räume sind aber noch nicht bezugsfertig.

Für Proben kann ein Studio in Tempelhof genutzt werden; das Angebot wird aber kaum wahrgenommen. In der BVV im Rathaus Schöneberg sind die Jugendzentren ein Dauerthema; Jugendstadtrat Oliver Schworck (SPD) muss dort immer wieder über den Stand der Dinge berichten.

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