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Die Richter berücksichtigten auch das Alter des Angeklagten.

© Bernd von Jutrczenka

Prozess in Berlin: Vater sticht auf Tochter ein und verletzt sie lebensgefährlich

Ein Mann will seine Tochter an ihrem Arbeitsplatz zur Rede stellen. Als sie ablehnt, sticht er sie fast zu Tode. Später bereut der 75-Jährige die Tat.

Der Vater hatte ein Messer in der Tasche, als er seine 47 Jahre alte Tochter an ihrem Arbeitsplatz in einem Einkaufszentrum zur Rede stellen wollte. Er warf ihr vor, dass sie sich „unsittlich“ verhalte. Weil er sie vor der Schule ihres Kindes im Gespräch mit anderen Männern gesehen habe. Der türkische Familienvater stach auf die Frau ein.

Knapp acht Monate später wurde der 75-Jährige zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Sükrü K. sei des versuchten Totschlags schuldig, befand das Landgericht am Mittwoch.

Ein Angriff, weil sich der Vater in seiner „Ehre“ gekränkt fühlte. Allerdings ein Täter, der unter einer wahnhaften Störung gelitten habe, so das Gericht. Diese habe das Wertesystem des Mannes, der zuvor 45 Jahre unbescholten in Deutschland gelebt hat, beeinträchtigt. K. habe sich in den Gedanken, seine Tochter sei eine Hure, hineingesteigert. „Er sah Dinge, die objektiv nicht da waren.“ Wie ein Stalker habe er die Frau verfolgt und beobachtet. Bis er sie am 17. April beinahe umbrachte.

Am Arbeitsplatz überrascht

Die Tochter war an ihrem Arbeitsplatz in einem Schuhgeschäft, als der 75-Jährige plötzlich in dem Einkaufszentrum in Gropiusstadt auftauchte. Er wollte sie zur Rede stellen. Sie lehnte das ab. „Seine Tochter hatte für ihn keinen Wert mehr und den Tod verdient“, hieß es in der Anklage. Mit einer zwölf Zentimeter langen Klinge stach er mehrfach auf sie ein. Bis Zeugen beherzt eingriffen. Die 47-jährige Frau wurde lebensgefährlich verletzt.

Der Rentner hatte im Prozess erklärt, er habe die Kontrolle über sich verloren. Mehr Erinnerungen habe er nicht. Er sei froh, dass seine Tochter lebe. Was passiert ist, tue ihm leid. Er habe immer gewollt, „dass meine Kinder die Freiheit in Deutschland leben“.

Die Anklage war von einem versuchten Mord ausgegangen. Acht Jahre Haft forderte der Staatsanwalt – K. habe die Tochter „als Schande“ gesehen. Es würden niedrige Beweggründe vorliegen, somit ein Mordmerkmal. Das Gericht sah es anders. Der nach einem Gutachten bei der Tat vermindert schuldfähige K. habe spontan gehandelt. Die Richter berücksichtigen das Alter des Angeklagten und auch, dass die geschädigte Tochter „kein gesteigertes Interesse“ an der Bestrafung des Vaters gezeigt habe.

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