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Fast 34.000 Kinder wurden am 10. August in Berlin eingeschult. Viele von ihnen besuchen aber nicht die Schule im Einzugsbereich.

© dpa

Proteste gegen Schulplatzvergabe in Berlin: Mehr als die Hälfte aller Widersprüche erfolgreich

Rund 1500 Eltern haben sich dieses Jahr gegen die zugewiesene Grundschule gewehrt. Die meisten Widersprüche gab es in Mitte gefolgt von Pankow.

Widerspruch lohnt sich: Mehr als die Hälfte von hochgerechnet 1500 Eltern, die gegen die Zuweisung ihres Kindes zu einer bestimmten Grundschule protestiert haben, waren damit erfolgreich. Dies belegt die Antwort der Senatsverwaltung für Bildung auf eine Anfrage der FDP-Abgeordneten Maren Jasper-Winter, die dem Tagesspiegel vorab vorlag. Über 100 Familien, deren Widerspruch abgelehnt wurde, entschieden sich für eine Klage vor dem Verwaltungsgericht.

„Die Antwort des Senats zeigt, dass eine riesige Unzufriedenheit der Eltern mit der Schulplatzvergabe in den Bezirken herrscht“, schlussfolgert Jasper-Winter. Zudem seien Verwaltung, Gerichte, und Familien mit diesem Vergabesystem extrem belastet. Die FDP erneuerte daher am Dienstag ihre Forderung nach einer freien Grundschulwahl und Abschaffung der Einschulungsbereiche.

Die Zuteilung der Kinder anhand von „willkürlich“ zugeschnittenen Einzugsbereichen müsse ein Ende haben. Stattdessen seien die Plätze nur nach Schulweglänge und gewünschtem Profil zu vergeben. Geschwisterkinder sollten wie bisher ebenfalls einen sicheren Platz haben.

Die Einschätzung, dass bei den Einzugsbereichen „willkürlich“ verfahren werde, teilen betroffene Eltern, deren Kinder unverhofft zu einer anderen Grundschule als erwartet zugewiesen werden: Die Bezirke ändern die Bereiche mitunter, weil die Plätze in der betreffenden Schule sonst nicht reichen würden oder weil die soziale Zusammensetzung beeinflusst werden soll. In der Folge kann es passieren, dass Familien den sicher geglaubten Platz in der nächstgelegenen und gewünschten Schule verlieren.

Bezirke reagieren unterschiedlich auf Widersprüche

Die Anfrage von Jasper-Winter hat zudem offen gelegt, dass die Bezirke extrem unterschiedlich auf Widersprüche reagieren. Pankow hat allen 215 Widersprüchen abgeholfen, indem etwa zusätzliche Klassen aufgemacht wurden. Das bedeute, dass „der Kundige im Vorteil ist“, kritisiert die Abgeordnete. Kinder, deren Eltern nicht wüssten, dass sie sich wehren könnten, seien benachteiligt.

Pro Bezirk gibt es im Schnitt 140 Widersprüche: In der Summe von neun Bezirken sind es jedenfalls über 1200. Da von drei Bezirken - Friedrichshain-Kreuzberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und Treptow-Köpenick - die Angaben fehlen, lässt sich die Gesamtzahl nur hochrechnen

Pankows Bildungsstadtrat Torsten Kühne (CDU) erläuterte am Dienstag auf Anfrage, wie der Bezirk es schafft, den Widersprüchen abzuhelfen. Grundlage sei, dass das Schulamt über eine jahrelange Erfahrung im Umgang mit der "Mangelverwaltung" bei Grundschulplätzen verfüg, da die Schülerzahlen seit 2008/09 kontinuierlich gestiegen seien. Ein Teil der Lösung bestehe darin, dass fast alle Schulen mehr Klassen aufnehmen müssen als idealtypisch vorgesehen, da "derzeit mindestens vier Grundschulen pankowweit fehlen". 

Maximal erlaubte Klassenstärke in Pankow

Zusätzlich wird durch kleine bauliche Maßnahmen wie Schulcontainer und Raumdurchbrüche Platz gewonnen. Und schließlich werde die maximale Klassenfrequenz von 26 Schülern "konsequent ausgenutzt": Laut Grundschulverordnung sollen die Klassen 23 bis 26 Schüler haben. Über diese Höchstgrenze hinaus habe das Schulamt "nicht geplant", so Kühne.

So flexibel wie Pankow sind die anderen Bezirke offenbar nicht. Darauf deuten zumindest die weiteren Angaben, die Jasper-Winter ausgehend von der Senatsantwort zusammengetragen hat. Demnach wurden in Reinickendorf 68% der Widersprüche stattgegeben, in Lichtenberg: 46%, in Marzahn-Hellersdorf 77%, in Neukölln 46%, in Tempelhof-Schöneberg 17%, in Steglitz-Zehlendorf: 69%, in Spandau: 63% und in Mitte nur 32%. Da etliche Angaben fehlen, lässt sich nicht sagen, wie mit den weiteren Widersprüchen verfahren wurde.

Die meisten Widersprüche gab es in Mitte

Besonders interessant könnte diese Angabe für Mitte sein: Dort gab es die mit Abstand größte Zahl von Widersprüchen (363). Aktenkundig waren zum Zeitpunkt von Jasper-Winters Anfrage aber nur 118 Stattgaben und zwölf Ablehnungen. Das Marzahn-Hellerdorfer Schulamt hingegen musste sich bis Ferienende nur mit 35 Widersprüchen befassen, Spandau mit 36, Lichtenberg mit 79, Neukölln mit 99, Reinickendorf mit 107, Steglitz-Zehlendorf mit 120 und Tempelhof-Schöneberg mit 180.

Die Antwort auf die Anfrage der FDP-Abgeordneten Maren Jasper-Winter zur Grundschulwahl kann man HIER herunterladen. Dort finden sich auch Angaben zu Einzelschulen.

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