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Aktivisten sind am frühen Freitagmorgen in das Gelände des Braunkohle-Tagebaus Jänschwalde eingedrungen.

© Patrick Pleul/dpa

Update

Protest gegen Kohlegesetz: Besetzung von Tagebau Jänschwalde wegen Gewitters beendet

Im Tagebau Jänschwalde besetzten Kohlegegner einen Bagger und entrollen Plakate - in 30 Meter Höhe. Wegen des Gewitters wurde die Aktion beendet.

Von Sandra Dassler

Nach fast elf Stunden haben Umweltaktivisten am Freitag wegen starken Gewitters die Besetzung eines Baggers im Braunkohle-Tagebau Jänschwalde in der Brandenburger Lausitz beendet.

Auf der Plattform könne es sonst bei Regen gefährlich für die Besetzer werden, sagte eine Sprecherin von Ende Gelände am Freitag. Zuvor hatte die Polizei die Umweltaktivisten aufgefordert, ihre Aktion freiwillig zu beenden. Nach Polizeiangaben verließen die Aktivisten nach und nach den Kran.

Im Tagebau Jänschwalde hatten Mitglieder der Umweltorganisation „Ende Gelände“ am frühen Freitagmorgen einen riesigen Abraumförderbagger besetzt - in 30 Metern Höhe.

Man wolle damit gegen das geplante Kohlegesetz, das am 3. Juli vom Deutschen Bundestag beschlossen werden soll, protestieren, teilte eine Sprecherin mit.

Dieses Gesetz sei ein „Klima-Verbrechen“, mit dem die Regierung noch zwei weitere Jahrzehnte eine zerstörerische Industrie fördere: „Wenn die Regierung sich auf die Seite der Kohle-Lobby stellt, sorgen wir in den Gruben selbst für Klimaschutz und blockieren die Bagger.“ Zeitgleich finde auch in Garzweiler im Rheinischen Braunkohlerevier eine Aktion statt, hieß es. Insgesamt seien rund hundert „Klima-Aktivist*innen“ im Einsatz.

Aktion in 30 Metern Höhe

Im Tagebau Jänschwalde waren es aber offenbar nur etwa ein Dutzend. Das teilte zumindest die Cottbuser Polizei mit, die vor Ort versuchte, die Kohlegegner zum Verlassen des Abraumförderbagger zu bewegen - was schließlich das Gewitter bewirkte.

Denn die befanden sich ganz weit oben, in etwa 30 Meter Höhe. „Wir haben deshalb auch unsere speziellen Höhenretter angefordert“, sagte ein Polizeisprecher: „Allerdings müssen sie aus Potsdam kommen, bis dahin können wir nur hoffen, dass sich die Besetzer vernünftig verhalten und sich oder auch andere nicht gefährden.“

Auf einem Video, das das Bündnis auf Twitter teilte, ist zu sehen, wie Menschen auf einem Bagger ein großes Spruchband mit der Aufschrift „Wenn Gesetze versagen ist Zeit für Blockaden“ aufhängten.

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Auch ein Sprecher des Lausitzer Energieunternehmens Leag, das den Tagebau Jänschwalde betreibt, sagte dem Tagesspiegel: „Unsere Sorge gilt allen, die sich jetzt dort aufhalten: den Kollegen, den Rettungskräften und Polizisten und auch den Besetzern, die sich selbst in Gefahr gebracht haben, in dem sie sich auf einem Terrain, das sie nicht einschätzen können, in große Höhe begeben.“

Man habe deshalb auch die betriebseigene Feuerwehr in Bereitschaft versetzt, die ebenfalls über Höhenretter verfügt.

Eskalation sollte vermieden werden

Der Abraumförderbagger habe zur Sicherheit außer Betrieb genommen werden müssen, sagte der Sprecher weiter. Die Kollegen, die dort arbeiten, hätten sich wie auch bereits bei früheren Situationen zurückgezogen.

„Wir tun alles, damit die Situation nicht eskaliert“, sagte ein Leag-Mitarbeiter, der seinen Namen nicht nennen wollte: „Aber diese sogenannten Aktivisten wissen gar nicht, wie gefährlich das ist, was sie tun.“ Aus dem Unternehmen hieß es, die bereits freigelegte Kohle unter der Förderbrücke könne über ein separates Förderband geborgen und abtransportiert werden.

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Die Polizei hatte die Kohlegegner, die auf der Förderbrücke ihre Protestbanner entrollten, bereits unmittelbar nach Beginn der Aktion aufgefordert, zu kooperieren, ihnen Ansprechpartner genannt und eine Sicherheitsbelehrung durchgeführt.

„Sie wurden auch davon unterrichtet, dass sie hier eine Straftat begehen, was Konsequenzen nach sich ziehen wird“, sagte ein Polizei-Sprecher. Doch das dürfte den Bagger-Besetzern durchaus klar sein.

Die letzte derartige Aktion hatte Anfang Februar 2019 ebenfalls in Jänschwalde sowie im Tagebau Welzow-Süd stattgefunden. Damals war es kalt und glatt, was die Gefahr eines Absturzes noch vergrößert hatte. Die etwa 20 Teilnehmer mussten sich später vor Gericht wegen Hausfriedensbruchs verantworten.

Drei von ihnen, die später zu einer Haftstrafe von zwei Monaten verurteilt wurden, mussten in Untersuchungshaft bleiben, weil sie sich weigerten, ihre Identität preiszugeben.

Proteste im Tagebau Garzweiler

Im nordrhein-westfälischen Tagebau Garzweiler waren Aktivisten nach Polizeiangaben im Laufe der Nacht in den dortigen Tagebau eingedrungen. Das Anti-Kohle-Bündnis „Einsatz Kohlestopp“ will damit einer Mitteilung zufolge einen sofortigen Kohleausstieg fordern. Nach Angaben einer Sprecherin wollen die Aktivisten auch ein Zeichen gegen das geplante Kohlegesetz der Bundesregierung setzen.

Die Polizei bestätigte die Aktion am Freitagmorgen. Demnach seien Menschen im Laufe der Nacht in den Tagebau eingedrungen und auf insgesamt sechs Bagger geklettert.

Laut „Einsatz Kohlestopp“ waren rund 80 Menschen - etwa auch vom Bündnis „Ende Gelände“ - an der Aktion beteiligt.

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Das Rheinische Braunkohlerevier ist immer wieder Schauplatz von Protest-Aktionen. Bereits in der Vergangenheit drangen mehrmals Aktivisten in das Gelände ein.

Im Tagebau Garzweiler haben Aktivisten von "Ende Gelände" einen Braunkohlebagger besetzt.
Im Tagebau Garzweiler haben Aktivisten von "Ende Gelände" einen Braunkohlebagger besetzt.

© David Young/dpaFoto: dpa

Im November 2019 etwa besetzten Greenpeace-Aktivisten einen Braunkohle-Bagger. Im Juni zuvor sorgte „Ende Gelände“ mit Blockaden für einen Großeinsatz der Polizei.

Deutschland plant den Kohleausstieg bis spätestens 2038 - was Klimaaktivisten für zu spät halten. Das Gesetz zum Kohleausstieg soll kommende Woche beschlossen werden.

Fridays For Future „solidarisch“ mit Tagebau-Besetzern

Die Klimabewegung Fridays For Future (FFF) unterstützt die Besetzung zweier Tagebaue in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen durch Aktivisten des Anti-Kohle-Bündnisses „Ende Gelände“.

„Wir sind solidarisch mit „Ende Gelände“, sagte eine Sprecherin am Freitag. Zwar praktiziere FFF diese Form zivilen Ungehorsams selbst nicht, sehe aber die Notwendigkeit und finde den Protest gegen das geplante Kohlegesetz der Bundesregierung legitim.

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„Als Klimabewegung stehen wir solidarisch zusammen und skandalisieren die systemisch-bewussten Fehlentscheidungen der Regierung und des Wirtschaftsministeriums zugunsten der Kohlekonzerne und zulasten der Gesellschaft“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Klimaschützern.

„Dass der Kohlewahnsinn noch bis 2038 weitergehen soll, ist unfassbar. Wir stellen uns der Zerstörungspolitik entgegen und nehmen den sofortigen Kohleausstieg selbst in die Hand“, sagte „Ende Gelände“-Sprecherin Ronja Weil. (mit dpa)

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