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Polizei im Einsatz bei einer Demonstration palästinensischer Gruppen in Berlin-Neukölln

© dpa/Fabian Sommer

Pro-palästinensische Demo in Neukölln: Gewalt bei Protestzug von 3500 Menschen in Berlin

Ein pro-palästinensischer Protest gegen den Nahostkonflikt eskaliert in Neukölln. 600 Polizisten bekommen die Lage erst nach Stunden unter Kontrolle.

Bei einer Demo pro-palästinensischer Gruppen in Berlin-Neukölln ist es am Samstag zu massiven Ausschreitungen gekommen. Der Protestzug war gegen 15 Uhr am Hermannplatz gestartet, Ziel sollte ursprünglich das Rathaus Neukölln sein. Jedoch schon nach 30 Minuten begann die Polizei damit, die Demo aufzulösen. Grund war, dass die Abstände, die bei Demos in der Pandemie gewahrt werden müssen, nicht eingehalten wurden.

Schon beim Startpunkt am Hermannplatz standen die Menschen dicht gedrängt, viele der Demonstranten trugen keine Masken. Das Teilnehmerspektrum reichte von arabischen Familien mit Kinderwagen über jugendliche Gruppen bis hin zu Unterstützern der rechtsextremen, türkischen Organisation der „Grauen Wölfe“.

Als die Polizei den Demonstrationszug an der Ecke Sonnenallee/Panierstraße aufgrund der dauerhaften Verstöße gegen die Hygieneauflagen stoppte, eskalierte die Situation. Über Stunden bekam die Polizei die Lage nicht unter Kontrolle. Einsatzkräfte wurden mit faustgroßen Pflastersteinen, Glasflaschen und Baumaterialien beworfen. Die Polizei reagierte mit Pfefferspray und gezielten Festnahmen von Randalierern.

Immer wieder wurden auch Unbeteiligte oder Pressevertreter von Gegenständen getroffen. Journalisten wurden beschimpft und bedrängt, ein Video auf Twitter zeigt, wie offenbar eine israelische Reporterin gezielt mit einem Knallkörper beworfen wurde.

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Aufrufe zu "Bombardierung" Tel Avivs

Vor allem jugendliche Demonstranten heizten mit israelfeindlichen und antisemitischen Parolen die Menge stundenlang auf. So wurde mehrmals dazu aufgerufen, Tel Aviv zu bombardieren, in anderen arabischen Slogans bewaffneter Widerstand gegen Israel legitimiert. Gegen 17 Uhr wurde die Neuköllner Friedelstraße zum Zentrum der Ausschreitungen, als Demonstranten die Polizei mit Pflastersteinen bewarfen.

Andere Randalierer versuchten, auf der Flucht von der Polizei Hauseingänge umliegender Häuser aufzubrechen. Nur mit der unterstützenden Verstärkung von weiteren Hundertschaften bekam die Polizei die Lage am Abend unter Kontrolle. Bei der eskalierten Demonstration liefen nach Angaben der Polizei vom späten Samstagnachmittag rund 3500 Menschen mit. Es war damit der größte der drei Proteste an diesem Tag – und auch der gewalttätigste.

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Bis zum Abend verlief eine um 16 Uhr am Oranienplatz Richtung Hermannplatz gestartete Demo ruhig. Hier meldete die Polizei 2500 Teilnehmer. Allerdings soll es im Rahmen dieses Protest nach Tagesspiegel-Informationen zu einem gewalttätigen, antisemitischen Angriff auf jüdische Personen am Rande der Strecke gekommen sein, die offenbar durch eine Davidstern-Kette am Hals identifiziert worden sind.

Auf einer Demo, bei der rund 300 Menschen um 13 Uhr vom Hermannplatz zum Rathaus Neukölln liefen, wurden bis auf wenige Festnahmen wegen Hygieneverstößen keine weiteren Vorfälle gemeldet.

Schon am Freitag hatte es einen Protest von Anhängern der Palästinenser am Kottbusser Tor gegeben. Teile des Demonstration-Zuges mit insgesamt rund 750 Menschen hätten israelfeindliche und gewaltverherrlichende Parolen gerufen, teilte die Berliner Polizei am Sonnabend mit. Diese seien dokumentiert und die Identität der Tatverdächtigen festgestellt worden. Der Staatsschutz des Landeskriminalamts ermittelt. Der Großteil der Demonstranten sei jedoch friedlich geblieben und habe die Corona-Regeln eingehalten, hieß es. Wegen mehrmaliger Verstöße gegen Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes sind dennoch 192 Menschen von der Demonstration ausgeschlossen worden. Sie bekamen Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten.

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Zu diesen Protesten aufgerufen wurde von Akteuren aus dem eher zivilgesellschaftlichen Spektrum, aber auch Hamas-Sympathisanten und Fatah-Funktionäre wurden unter den Demonstranten vermutet. Einige forderten eine „palästinensische Kampfwoche“. Initiator der Demo in Neukölln, bei der es zu den Ausschreitungen kam, ist die Gruppierung „Samidoun Deutschland“, die von der israelischen Regierung erst im März zur Terrororganisation erklärt wurde. Das Motto des Protests lautete: „Tag der politischen Gefangenen Palästinas“.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte vor den Demonstrationen am Wochenende angekündigt, es werde alles unternommen, um israelische und jüdische, aber auch muslimische und palästinensische Einrichtungen zu schützen.

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