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Friede den Brüsten.

© Arno Burgi/ dpa

Polizeieinsatz wegen nackter Brüste in Berlin: Es geht hier nicht um FKK – sondern um fehlende Gleichberechtigung

Eine Berlinerin sonnt sich oben ohne am Wasserspielplatz und wird rausgeworfen. Wieso wird die weibliche Brust als anstößig empfunden? Ein Kommentar.

Wer in den letzten Wochen an Berliner Erholungsorten unterwegs war, dürfte einen Trend wahrgenommen haben: Immer mehr junge Frauen tragen zum Sonnen und Schwimmen kein Oberteil. Das führt zu nahtloser Bräune und einem Gefühl von luftiger Freiheit. Und ist, ob beabsichtigt oder nicht, ein feministischer Akt. Denn offenbar haben selbst in Berlin Frauenbrüste nicht die gleichen Rechte wie die von Männern.

Dass dem so ist, zeigt der Fall der in Berlin lebenden Französin Gabrielle Lebreton, über den der Tagesspiegel am Mittwoch berichtete. An einem heißen Tag besucht sie mit ihrem sechsjährigen Sohn die Plansche, einen Wasserspielplatz im Plänterwald. Dort wird sie von zwei Parkaufsehern aufgefordert, sich einen BH anzuziehen oder das Gelände zu verlassen. Dieses sei kein FKK-Bereich.

Lebreton entgegnet, sie sei nicht nackt, sondern nur oberkörperfrei – genau wie viele Männer. Sie fühle sich diskriminiert. Die Parkaufseher verweisen auf das Hausrecht und rufen schließlich die Polizei. Lebreton und ihr Sohn gehen.

Das Bezirksamt Treptow-Köpenick bestätigte den Fall. Demnach habe das Sicherheitspersonal auf Grundlage des Paragrafen 118 des Ordnungswidrigkeitengesetzes gehandelt. Dieser bezeichnet eine „grob ungehörige Handlung“, die geeignet sei, „die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen“.

„Grob ungehörige Handlung“

Eine Sprecherin sagte der dpa, ein am Eingang der Anlage angebrachtes Schild weise keine FKK-Freigabe aus – jedoch auch keinen Hinweis auf ein FKK-Verbot. Man berate nun über mögliche Reaktionen auf den Vorfall – zum Beispiel, ob man einen FKK-Bereich einführen sollte. Oder deutlicher darauf hinweisen, dass FKK an der Plansche nicht erwünscht ist.

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Ob man eine entblößte Brust in einem Park als „grob ungehörige Handlung“ bezeichnen kann, ist natürlich Auslegungssache. Nacktheit an sich ist per Gesetz nicht verboten, so lange sie keine Belästigung darstellt (wie zum Beispiel bei Exhibitionisten).

Und natürlich kann man sich in einem Kulturkreis, in dem es allein des Wetters wegen normal ist, in der Öffentlichkeit bekleidet zu sein, in gewissen Situationen von nackten Menschen irritiert fühlen – im Restaurant zum Beispiel, oder im Supermarkt, wo man einander ungewollt nah kommt.

Mädchen wird früh beigebracht, dass ihr Körper etwas Verbotenes ist

Doch die Reaktion des Bezirksamtes zeigt, wo das eigentliche Problem liegt: Warum gelten für Frauen andere Regeln als für Männer? Warum dulden auch soziale Netzwerke wie Instagram keine weiblichen Nippel, während Männer ihre ungehindert in jede Kamera halten können?

Das Problem ist die Sexualisierung und Tabuisierung des weiblichen Körpers. Mädchen wird früh beigebracht, dass ihr Körper etwas Verbotenes ist: die Brüste müssen bedeckt werden, der Rock darf nicht zu kurz sein, die Periode sollte man lieber verstecken. Das ist das Gegenteil von Selbstbestimmung. Während der männliche Körper Privatsache ist, ist der weibliche politisch, immer Thema gesellschaftlicher Auseinandersetzungen.

Dass die Parkaufseher Gabrielle Lebreton sagten, sie solle sich anziehen, weil Kinder im Park sind, verdeutlicht die Absurdität der Debatte: Kinder nehmen Brüste nicht instinktiv als etwas Sexuelles oder Anstößiges wahr. Diese Sichtweise wird ihnen beigebracht – genau wie anderer Unsinn, Homophobie und Rassismus zum Beispiel. Da gibt es doch wirklich Wichtigeres.

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