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Die Dar-as-Salam-Moschee in der Neuköllner Flughafenstraße im Jahr 2017.

© Foto_ imago/Olaf Wagner

Update

Verdacht auf Corona-Subventionsbetrug: Proteste gegen Razzia in der Neuköllner Dar-as-Salam-Moschee

Behörden ermitteln gegen den Vorstand wegen des Verdachts auf Betrug mit Corona-Soforthilfen. Der Zentralrat der Muslime protestiert gegen das Vorgehen.

Nach Tagesspiegel-Informationen hat es in der Neuköllner Dar-as-Salam-Moschee am Donnerstagmorgen eine Razzia wegen des Verdachts auf Corona-Subventionsbetrug gegeben. Ein Polizeisprecher bestätigte am Abend auf Anfrage einen Einsatz in den Räumlichkeiten des Vereins „Neuköllner Begegnungsstätte“ (NBS).

Aus Sicherheitskreisen hieß es, es seien neben den Räumen des Vereins auch die Wohn- und Aufenthaltsadresse des Vorstandsvorsitzenden durchsucht worden. Es soll der Verdacht auf Betrug mit Corona-Soforthilfen bestehen, weshalb die Staatsanwaltschaft der Polizei einen Durchsuchungsbeschluss erteilt haben soll.

In einem Video, das dem Tagesspiegel vorliegt, waren schwerbewaffnete und maskiere Polizisten zu sehen, die sich am Morgen Zugang zur Moschee in der Flughafenstraße verschafften. Der Einsatz soll gegen 8 Uhr stattgefunden haben.

Nach Tagesspiegel-Informationen soll der Moscheeverein im März 14.000 Euro Corona-Soforthilfen beantragt haben. Aus dem Umfeld der Gemeinde kam vehementer Widerspruch gegen Betrugsvorwürfe und Großeinsatz. Imam Sabri war für den Tagesspiegel bislang nicht für ein Statement erreichbar.

Der Zentralrat der Muslime in Berlin protestierte am Freitag gegen die Durchsuchung der Neuköllner Moschee. „Ein vergleichsweise geringfügiger und ebenso leicht auf dem Verwaltungsweg aufzuklärender Vorwurf wird von der Staatsanwaltschaft zum Anlass genommen, eine völlig unverhältnismäßige Razzia in einem Gotteshaus zu veranlassen“, sagte Mohamad Hajjaj, Landesvorsitzender des Zentralrats, am Freitag.

Justizverwaltung: Strafverfolgung ist keine Verhandlungssache

Hajjaj fordert von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne), das „wiederholte und völlig unverhältnismäßige Vorgehen“ der Staatsanwaltschaft zu unterbinden. Das Vertrauen in den Rechtsstaat und das Ansehen betroffener Moscheen werde beschädigt.

Es sei völlig unklar, ob die Soforthilfen „irrtümlich ausgezahlt worden sind oder die Förderrichtlinien nicht klar waren“. Sebastian Brux, Sprecher der Justizverwaltung, sagte auf Anfrage des Tagesspiegel: „Strafverfolgung ist keine Verhandlungssache.“

Bei der Staatsanwaltschaft werden laut einer Sprecherin aktuell circa 870 Verfahren wegen Corona-Subventionsbetrugs bearbeitet, wobei bei der Berliner Polizei insgesamt etwa 2100 Vorgänge erfasst wurden; ein Großteil der Verfahren werde also noch bei der Polizei bearbeitet, sagte eine Sprecherin.

"Der angenommene Gesamtschaden soll sich mittlerweile auf circa neun Millionen Euro belaufen. In einer Vielzahl der Verfahren sind zudem Vermögenssicherungsmaßnahmen ergriffen beziehungsweise Arreste erwirkt worden. In einigen Verfahren wurde bereits Anklage erhoben, ohne dass dazu jedoch konkrete Zahlen vorliegen."

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Der Verein NBS wurde wegen mutmaßlicher Verbindungen zur Muslimbruderschaft in den Jahren 2015 und 2016 im Verfassungsschutzbericht erwähnt. Der Verein klagte erfolgreich gegen die Erwähnung, wird aber laut Angaben von Innensenator Andreas Geisel (SPD) weiter von Verfassungsschützern beobachtet.

Der Vorstandsvorsitzende des Vereins, Imam Mohamed Taha Sabri, wurde 2016 mit dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet. Er habe sich für die Verständigung zwischen den Religionen stark gemacht, hieß es damals.

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