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Der tödliche Unfall ereignete sich Ende Januar 2018 vor dem Roten Rathaus.

© Maurizio Gambarini/dpa

Streit um Ermittlungen im Fall Fabien Martini: Warum gab es keinen Alkoholtest bei dem angeklagten Polizisten?

Die Frage, ob der Unfallfahrer beim Zusammenstoß mit Fabien Martini betrunken war, ist offen. Eine Zeugin sagt, sie hat seinen Chef mit Ermittlungen beauftragt.

Schweigend sitzt Peter G. seit sieben Prozesstagen auf der Anklagebank. Er soll den Unfalltod der 21-jährigen Fabien Martini fahrlässig verschuldet haben. Nun wird um viele Fragen gestritten. Eine davon: Warum wurde nach dem schrecklichen Unfall die Fahrtauglichkeit von Peter G. nicht geprüft?

Eine 44-jährige Zeugin, Hauptkommissarin bei einem Verkehrsunfallkommando, sagte am Dienstag, sie habe den damaligen Dienstgruppenleiter des Angeklagten am Unfallort damit beauftragt. Fahrer G. und sein Beifahrer seien bei ihrem Eintreffen bereits in einem Krankenhaus gewesen.

Der Hauptkommissar soll am 29. Januar 2018 in Mitte mit Blaulicht zu einem Einsatz gefahren sein. In einer Tunnelausfahrt soll der Wagen mit 130 Stundenkilometern unterwegs gewesen sein und das Tempo wurde nicht angepasst, obwohl der Fahrer die Grunerstraße wegen einer Biegung nicht komplett einsehen konnte.

Fabien Martini im Renault Clio wechselte langsam die Fahrspur von rechts nach links, weil sie den Ermittlungen zufolge einparken wollte. Beim Aufprall soll G. noch 93 Stundenkilometer schnell gewesen sein. Fabien Martini verstarb um 13.35 Uhr.

Es ist ein Fall, der auch wegen angeblicher Ungereimtheiten in den Ermittlungen für Aufsehen sorgte. Dabei ging es um Vertuschungsvorwürfe zu einer Alkoholisierung. Die 44-jährige Zeugin sagte, sie habe den Dienstgruppenleiter von G. mit Nachermittlungen bei den beiden ins Krankenhaus gebrachten Kollegen beauftragt.

Der Vorgesetzte darf nicht ermitteln, sagt der Anwalt des Angeklagten

Dazu gehöre, Verletzungen aufzunehmen und zu prüfen, ob bei den Unfallbeteiligten alkoholtypische oder andere Ausfallerscheinungen zu erkennen sind. Bei Verdacht auf Alkohol wäre eine Blutentnahme zu veranlassen gewesen. „Ich muss mich doch darauf verlassen können, dass der Kollege alle Maßnahmen veranlasst“, sagte die 44-Jährige.

Der Anwalt von G. hat der Beamtin hingegen die Vorschriften vorgehalten, wonach es nicht möglich sei, den Dienstgruppenleiter mit Ermittlungen zu dem Unfall zu betrauen. Der damalige Chef von G. hatte dagegen in seiner Aussage erklärt, einen solchen Auftrag an ihn habe es nicht gegeben.

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Er sei aus Fürsorgepflicht zu den beiden Kollegen gefahren. Es sei auch nicht erlaubt, dass er als Dienstvorgesetzter solche Nachermittlungen vornehme, sagte der 59-Jährige. Und er erklärte mehrfach, dass er keine Hinweise auf Alkohol bei G. wahrgenommen habe.

Erst im Herbst 2018 bekam einer der Anwälte der Opferfamilie einen Tipp aus der Charité. Eine im Krankenhaus bei den Untersuchungen genommene Blutprobe des Fahrers soll laut einem Protokoll einen Alkoholwert von 1,1 Promille enthalten haben.

Anfang 2019 beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft die Krankenakte – rechtswidrig, wie das Amtsgericht später entschied. Es hat den erhobenen Vorwurf der Gefährdung des Straßenverkehrs durch Alkoholisierung nicht zugelassen.

Die 44-jährige Beamtin sagte weiter, sie habe das Handy von Fabien Martini ausgelesen. Das Gerücht, die junge Frau habe telefoniert, habe sich nicht bestätigt. Der Dienstgruppenleiter von G. habe am Unfallort immer wieder darauf hingewiesen, dass sie wohl telefoniert habe. „Das kam mir pietätlos vor.“ Der Prozess geht am 1. Dezember weiter.

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