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Kriminaltechniker untersuchen die Parkanlage an der Ruschestraße, in der ein Spaziergänger eine Babyleiche gefunden hatte.

© dpa

Update

Ruschestraße in Berlin-Lichtenberg: Säugling aus dem Park starb keines natürlichen Todes

Ein Fußgänger hat am Dienstag einen toten Säugling in einer Grünanlage entdeckt. Es handelt sich um ein kleines Mädchen. Es wurde getötet. Die Mordkommission sucht Zeugen und veröffentlicht weitere Details.

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Rund einen Tag nach dem Fund eines toten Säuglings in Berlin-Lichtenberg hat die Mordkommission am Mittwochnachmittag bekannt gegeben, dass das Kind keines natürlichen Todes gestorben ist. Noch ist unklar, ob das Kind durch ein Gewaltverbrechen oder durch Unterlassung getötet wurde. Nähere Informationen zur Todesursache wurden unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht herausgegeben.

Demnach handelt es sich bei dem toten Säugling um ein Mädchen. Es war lebend zur Welt gekommen, aber nicht fachgerecht entbunden worden. Diese habe die Obduktion ergeben, die noch in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch durchgeführt worden war.

Parallel zur Veröffentlichung dieser Details startete die Mordkommission einen Zeugenaufruf und veröffentlichte Fotos der Handtücher, in denen die Babyleiche lag. Bislang seien lediglich zwei Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen, hieß es bei der Polizei.

Eines der Frotteehandtücher, in die der Leichnam gewickelt war.
Eines der Frotteehandtücher, in die der Leichnam gewickelt war.

© Polizei

Das Baby lag in einem blauen Müllsack

Laut Mordkommission wurde das Kind nackt, nur in zwei Handtücher gewickelt, in einem blauen Plastikmüllsack gefunden. Die Handtücher bestehen aus Frottee. Eines ist blau und 80 mal 45 Zentimeter groß, dass andere rosafarben und 60 mal 120 Zentimeter groß.

Wer Personen kennt, die im Besitz derartiger Handtücher waren, sollte Kontakt zur Mordkommission aufnehmen. Auch Hinweise darauf, wo die Handtücher verkauft werden, sind für die Ermittler wichtig.

Das andere der beiden Frotteehandtücher.
Das andere der beiden Frotteehandtücher.

© Polizei

Daneben sucht die Mordkommission Zeugen, die im Zeitraum zwischen dem 6. und dem 8. März verdächtige Beobachtungen in der Grünanlage in der Ruschestraße gemacht haben. Von Interesse sind Angaben zur Herkunft des Säuglings, zu Personen, die im oben genannten Zeitraum mit einem blauen Müllsack im Park gesehen wurden, oder zu Frauen, die Ende Februar/Anfang März hochschwanger waren, danach aber nicht mit einem Baby gesehen wurden. Die Ermittler ziehen auch in Erwägung, dass die Mutter des Kindes ihre Schwangerschaft kaschiert haben könnte.

Möglicherweise musste sich die Mutter des Kindes nach der Entbindung in ärztliche Behandlung begeben, weil sie das Baby ohne fachliche Hilfe geboren hatte. Auch sonstige sachdienliche Hinweise sind wichtig. Die Mordkommission ist unter der Telefonnummer (030) 4664-911-777 zu erreichen. Jede andere Dienststelle steht ebenfalls für Hinweise von Zeugen Verfügung.

Ein Passant hatte das Baby zufällig gefunden

Wie berichtet, war das tote Baby am Dienstagnachmittag gegen 15 Uhr auf einem ehemaligen Friedhof an der Ruschestraße von einem Passanten gefunden worden. Der Passant hatte eine zufällig vorbeifahrende Polizeistreife angehalten, nachdem er den grausigen Fund gemacht hatte. Die Babyleiche lag in einem Gestrüpp abseits des Mittelweges. Der Fundort wurde abgesperrt, die Spurensicherung war stundenlang vor Ort. Auch eine Drohne wurde eingesetzt.

Die Ruschestraße ist ein ruhiges Wohngebiet, mit sanierten Plattenbauten, aber auch auch erst vor Kurzem errichteten Neubauten. Die Grünanlage liegt gegenüber dem ehemaligen Stasi-Gelände, auf dem seit einigen Wochen auch Flüchtlinge untergebracht sind.

Zuletzt waren tote Babys in Neukölln und Friedrichshain gefunden worden

Vor wenigen Monaten war in Friedrichshain ein toter Säugling gefunden worden. Durch akribische Detektivarbeit konnte die Polizei die mutmaßliche Mutter ermitteln. Bei dem toten Baby, das 2014 in einem Park am Weichselplatz in Neukölln gefunden wurde, in Plastiktüten von Lidl und Edeka gepackt, fehlte jedoch jede Spur. Die Polizei setzte eine Belohnung von 5000 Euro für Hinweise aus.

Erst in der Nacht zu Silvester vergangenen Jahres war ein totes Neugeborenes in der Babyklappe des Vivantes-Klinikums in Neukölln entdeckt worden. Die Obduktion des kleinen Mädchens ergab, dass das Kind etwa 3400 Gramm wog und voll entwickelt sowie lebensfähig war. Es war allerdings nicht fachgerecht abgenabelt worden. Die Polizei hat noch keine Hinweise auf seine Herkunft.

In Brandenburg tötete eine Mutter neun ihrer Kinder

Immer wieder werden Neugeborene von ihren Müttern getötet. Der berüchtigste Fall in Brandenburg waren die neun toten Babys von Brieskow-Finkenheerd. Die Leichen der Neugeborenen waren im Juni 2005 auf einem Grundstück in dem Dorf bei Frankfurt (Oder) entdeckt worden. Die Mutter hatte die Kinder zwischen 1988 und 1998 zur Welt gebracht. Sie war wegen Totschlags in acht Fällen zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Der Tod eines Kindes im Jahre 1988 galt als verjährt.

Oft fühlen sich Frauen mit der Geburt des Kindes überfordert, für manche kommt sie auch überraschend, weil sie die Schwangerschaft auch vor sich selbst verleugnen. Im Dezember letzten Jahres war in einer Wohnung in Friedenau ein totes Baby gefunden worden, nachdem seine 18-jährige Mutter mit starken Blutungen in ein Krankenhaus gekommen war. Dort stellten die Ärzte fest, dass die junge Frau kurz zuvor entbunden hatte, und informierten die Polizei. Die 18-Jährige muss sich demnächst wahrscheinlich wegen Totschlags verantworten.

Frauen, die ihre neugeborenen Kinder töten oder aussetzen, sind oft in einer verzweifelten Situation – obwohl es in Deutschland sowohl die Möglichkeit der vertraulichen Geburt als auch Babyklappen gibt. Und inzwischen viele Wege, um Geburten vertraulich, aber geschützt und geborgen und ohne gesundheitliches Risiko für Mutter und Kind durchzuführen. Viele Organisationen bieten bei ungewollter Schwangerschaft Beratung an. Bis zur 12. Woche bleibt ein Abbruch straffrei, wenn bestimmte Bedingungen eingehalten werden.

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