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Das "Team Gina-Lisa" wartete schon, als das Model zum Gericht kam.

© Wolfgang Kumm/dpa

Prozess gegen Gina-Lisa Lohfink in Berlin: Gewalt oder "Spaß zu dritt"?

Einer der Männer, die von Model Gina-Lisa Lohfink der Vergewaltigung bezichtigt werden, wirft der 29-Jährigen vor Gericht eine erfundene Kampagne vor.

Sie will es nicht hören und nicht sehen. Model Gina-Lisa Lohfink hält sich die Ohren zu, als am Richtertisch – vom Publikum abgewandt - auf einem Laptop die Sex-Videos gezeigt werden, die vier Jahre später so unterschiedlich interpretiert werden. Die beiden Verteidiger der 29-Jährigen sehen darin einen klaren Beweis, dass Lohfink zum Sex gezwungen wurde. Ein Würgen sei zu sehen, ein Schlag. Die Richterin vertieft sich in die Bilder: „Ich sehe nicht, wo die Hand hingeht.“ Als Gina-Lisa Lohfink von einem ihrer Anwälte doch an den Tisch geholt wird, weint sie und schimpft: „Es ist wirklich schlimm, was hier mit mir gemacht wird. Denkt ihr, es macht Spaß hier zu sein?“

Der Fall Lohfink begann in einer Nacht vor vier Jahren in Berlin. Nach einem Club-Besuch kommt es zu Sex mit zwei Männern. Kurz darauf tauchen Videos von der Nacht auf. „Nein“ und „hört auf“, sagt das Model auf einem. Auf anderen wirkt die Blondine gelöst – tanzt, trinkt, küsst, lacht. Später dann die Strafanzeige gegen die Männer. Pardis F., ein Fußballer, und Sebastian C., ein damaliger VIP-Betreuer eines Clubs, hätten sie vermutlich unter K.-o.-Tropfen gesetzt und vergewaltigt. Die Ermittler aber kamen zu dem Ergebnis, dass Lohfink zu bestrafen sei. Wegen falscher Verdächtigung.

Leicht geblümt ist ihre helle Bluse, weiß der kurze Rock. Wieder trägt sie eine dunkle Sonnenbrille. Sie will kämpfen. „Es kann nicht sein, dass Männer mit Frauen machen, was sie wollen“, spricht sie immer und immer wieder in die Mikrofone. Vor dem Moabiter Kriminalgericht hat sich das „Team Gina Lisa“ wieder formiert, um das Model lautstark zu unterstützen. Der Prozess läuft auch am dritten Prozesstag unter starkem Medieninteresse. Bereits am zweiten Verhandlungstag hatte Fußballprofi F. die Vorwürfe vehement zurückgewiesen. Nun ist es Sebastian C., den die Justiz lange nicht ausfindig machen konnte, der plötzlich sein Schweigen bricht.

"Bin wegen der Vorkommnisse arbeitssuchend"

Sebastian C. auf dem Zeugenstuhl. Mit einem Rechtsbeistand und irgendwie aufgekratzt. Er fährt sich über die kurzen blonden Haare. Zehn Jahre sei er in einem Club Manager gewesen. „Jetzt bin ich wegen der Vorkommnisse leider arbeitssuchend“, beginnt er. Es ist der Anfang von einer Vernehmung bis in den Nachmittag hinein. Mit scharfen Tönen.

Der Zeuge ist gekommen, um dem Model zu widersprechen. „Drogen oder K.-o.-Tropfen waren nicht im Spiel“, sagt der 33-Jährige. „Es ging von vornherein darum, Spaß zu haben. Wir hatten zu dritt Spaß.“ Der schmale Ex-Manager reckt sich. Gina-Lisa Lohfink allerdings ist nicht im Saal. Sie wollte sich das „nicht antun“. Schluchzend, zitternd und in Absprache der Richterin erfolgt der Abgang.

Sebastian C. sagt, alles sei freiwillig gewesen. Gina-Lisa Lohfink sei „topfit“ gewesen. Stundenlang hätten sie Sex gehabt. Sie habe sich am Anfang auch von sich aus entkleidet – ein Strip. Er und der Fußballer hätten sich gefreut, „dass sie uns ausgesucht hat“. Sie habe im Laufe der nächsten Stunden auch noch Champagner bestellt. „Ich habe kein Verbrechen begangen“, weist der Zeuge die Vorwürfe vehement zurück.

"Ein Nein ist ein Nein, da stehe ich auch hinter"

Immer ungehaltener wird der Mann. Bis er zu einem Gegenangriff übergeht: „Sie wollte, das jemand in ihre Falle geht.“ Alles sei eine Medienkampagne, frei erfunden. Er sei das eigentliche Opfer. Er sei nicht für die Veröffentlichung der intimen Videosequenzen verantwortlich, er habe keiner Frau Gewalt angetan. „Ein Nein ist ein Nein, da stehe ich auch hinter – ich habe auch eine Tochter, Freundin, Mutter.“

Mehrmals ruft die Richterin den Zeugen wegen Äußerungen in Richtung der beiden Verteidiger zur Mäßigung auf. Die Anwälte zeigen sich ganz so, als hätten sie noch einen Trumpf im Ärmel. Schließlich rufen sie eine präsente Zeugin auf. Sie könne bekunden, dass es im Zusammenhang mit dem damaligen Manager schon einmal einen verdächtigen Vorfall gegeben habe – sogar von einem möglicherweise hochgefährlichen Mehrfachtäter ist die Rede bei der Verteidigung. Sie wollen die Glaubwürdigkeit von C. erschüttern. Die Richterin nimmt es gelassen. Die Frau wird gehört. Wann es in dem Prozess vor dem Amtsgericht Berlin–Tiergarten zu einem Urteil kommt, ist offen.

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