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Der angeklagte frühere NPD-Politiker Maik Schneider und sein Verteidiger Oliver Milke (l.).

© Bernd Settnik/dpa

Nach Brandanschlag in Nauen: Neonazi Schneider wird aus U-Haft entlassen

Seit Frühjahr 2016 saß der Ex-NPD-Politiker in U-Haft - wegen eines Brandanschlags in Nauen. Nun kommt er frei, weil es Verfahrensverzögerungen gab.

Der Neonazi Maik Schneider kommt wegen Verfahrensverzögerungen aus der Untersuchungshaft frei. Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) hat am Donnerstag den Haftbefehl gegen Schneider wegen des Brandanschlags auf eine Sporthalle in Nauen (Havelland) im Jahr 2015, die als Flüchtlingsunterkunft vorgesehen war, aufgehoben.

Damit folgte der erste Strafsenat des OLG einem Antrag von Schneider. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit mehreren vermeidbaren Verfahrensverzögerungen durch die Justiz. Diese hätten sich auf mehr als sechs Monate summiert.

Im Dezember war Schneider vor dem Landgericht Potsdam zunächst mit seiner Haftbeschwerde gescheitert. Dort wird derzeit im Revisionsprozess erneut gegen ihn verhandelt. Das Landgericht hatte die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen und sie dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Das hat nun entschieden.

Die Staatsschutzkammer des Landgerichts hatte den 31-Jährigen im Februar 2017 zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt. Nach Ansicht der Kammer hatte Schneider mit seinen Komplizen die Turnhalle im August 2015 vorsätzlich in Brand gesetzt, um zu verhindern, dass dort Flüchtlinge untergebracht werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das Urteil allerdings aufgehoben. Der Grund: Das Landgericht habe einen Befangenheitsantrag Schneiders zu Unrecht abgelehnt.

Nun muss das Landgericht Potsdam eine erneute Schlappe hinnehmen. Das OLG erklärte, bei einer Untersuchungshaft müsse ständig geprüft werden, ob es gerechtfertigt sei, dass das vom Grundgesetz geschützte Recht auf persönliche Freiheit zu beschränken. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzte der Haftdauer unabhängig von der zu erwartenden Strafe Grenzen.

Je länger das Verfahren, desto wichtiger der Freiheitsanspruch

Der Freiheitsanspruch nehme gegenüber dem Interesse an der Strafverfolgung zu, je länger die Untersuchungshaft andauere, erklärte das OLG. Für das gesamte Strafverfahren gelte das Beschleunigungsgebot, daran sei die Verfahrensdauer zu überprüfen. „Vermeidbare und dem Staat zuzurechnende Verfahrensverzögerungen könnten nicht zur Rechtfertigung einer ohnehin schon lang dauernden Untersuchungshaft herangezogen werden“, teilte das OLG mit.

Schneider war im Frühjahr 2016 festgenommen worden, damit saß er seit 2 Jahren und zehn Monaten in Untersuchungshaft. Sein Anwalt hatte in der Haftbeschwerde kritisiert, dass die Zustellung des ersten Urteils knapp sechs Monate gedauert hätte. Die Revision sei dadurch unverhältnismäßig verzögert und auch der neue Prozess nur schleppend angesetzt worden, rügte der Anwalt.

Zweiter Fall vorzeitiger Entlassung wegen Verfahrensverzögerung

Es ist der zweite spektakuläre Fall, bei dem das Landgericht schlecht dasteht. Im Dezember war ein im Februar wegen Mordes an seiner Ehefrau verurteilter Potsdamer aus der Haft entlassen worden. Auch in diesem Fall hatte das OLG eine unverhältnismäßig lange, vermeidbare Verfahrensdauer genannt.

Das nicht überlange Protokoll zur Hauptverhandlung sei erst Ende Juli fertiggestellt und dem Verteidiger Anfang August zugestellt worden. Damit habe sich das Revisionsverfahren verzögert. Die vom Landgericht angegebene Überlastung sei kein Grund für eine weitere Haft.

Die Justizpannen werden ein Fall für den Landtag. Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher sprach von einem Tiefpunkt der Rechtsstaatlichkeit, der Fragen zu Ausstattung und Arbeitsfähigkeit der Gerichte aufwerfe.

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