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Hauptsitz der Deutschen Bahn AG, am Potsdamer Platz in Berlin.

© Marcus Brandt/ddp

Mutmaßliche sexuelle Übergriffe im Büro: Vier Frauen und DB Netz AG erstatten Strafanzeige gegen Ex-Bahn-Mitarbeiter

Vier Frauen und die DB Netz AG erstatteten Strafanzeige wegen sexueller Übergriffe gegen den damaligen Vertriebsleiter. Dieser bestreitet die Vorwürfe.

Der einstige Vertriebsleiter bei der Bahntochter DB Netz AG kam leger gekleidet und machte deutlich, dass er sich zu Unrecht beschuldigt fühlt. „Ich dachte, ich hätte alles richtig gemacht“, sagte der Angeklagte. Als ihm im November 2016 eine Mitarbeiterin vorwarf, dass er wohl „alles anbaggert, was an Frauen in der Abteilung rumläuft“, habe er die Welt nicht mehr verstanden – „als würde mir der Boden unter den Füßen weggezogen“.

Es blieb nicht bei einer Frau, die ihn beschuldigte. Um vier mutmaßliche Taten in der Zeit von 2002 bis 2016 geht es seit Montag vor dem Amtsgericht Tiergarten. Der 55-jährige Bernhard B. wollte sich zunächst zum letzten Fall der Anklage äußern, zu den drei weiteren an anderen Tagen. Die Anklage lautet auf besonders schwere sexuelle Nötigung, Vergewaltigung und sexuelle Belästigung.

Vielfacher Kontakt zu Frauen

Die Sache mit Regina C. (Name geändert) brachte das Verfahren ins Rollen. B. sagte nun, er habe mit der damaligen Mitarbeiterin „häufig Abstimmungen“ treffen müssen. Sie hätten schließlich auch über private Dinge gesprochen. Sie hätten aus seiner Sicht „viel ausgetauscht“. Dass er „vielfach Kontakt zu Frauen suchte“ und früher auch eine Affäre hatte, treffe zu.

Das Familienleben nicht gefährden 

Am 11. November 2016 bat er die Frau als damaliger Chef eines 14-köpfigen Teams in sein Büro. Es sollte um die anstehende Beförderung der 48-Jährigen gehen. „Ich hatte den Eindruck, dass sie auch privaten Kontakt wollte“, so der Angeklagte. Er habe ihr gestanden, dass er sich zwar in sie verliebt habe, aber keine Beziehung wolle. „Um mein Familienleben nicht zu gefährden.“

Frau C. sei dann mit geöffneten Armen auf ihn zugekommen. Er habe es als „Einladung“ gesehen. „Wir haben uns gegenseitig in den Arm genommen und gedrückt.“

Freundschaftliche Trennung?

B. erklärte weiter, dass sie sich an dem Tag „freundschaftlich“ getrennt hätten. Er erwähnte SMS-Nachrichten, die mit „liebe Grüße“ auch ihrerseits geendet hätten. Der Richter verlas allerdings eine Mitteilung, in der sich die Frau gegen ein Du aussprach und sich Annäherungsversuche verbat. „Aber über das letzte Treffen sagte sie da nichts“, konterte B. 

Regina C. war nun erst Zeugin im Prozess. Sie habe Gerüchte um B. zunächst nicht ernst genommen, berichtete sie. Als er dann in seinem Büro von Liebe sprach, sei ihr das „total unangenehm“ gewesen. Ihr damaliger Chef habe dann versucht, auf sie zuzugehen. „Er hat mich bedrängt, doch ich konnte mich herauswinden.“

Immer mehr Mitarbeiterinnen meldeten sich

Sie habe sich kurz nach dem Vorfall einem Kollegen anvertraut. Als der Vorwurf die Runde machte, hätten sich weitere Mitarbeiterinnen gemeldet. „Es wurden immer mehr, denen so etwas auch passiert sei.“ Etwa zehn Frauen sollen Angaben gemacht haben. Vier Fälle kamen zur Anzeige.

Das Strafverfahren geht zurück auf Anzeigen der vier Frauen und der DB Netz AG, einer hundertprozentigen Bahntochter, die für die Gleisanlagen zuständig ist. Dem Angeklagten sei nach Bekanntwerden der Vorwürfe umgehend Hausverbot erteilt worden. Eine Woche später erfolgte die fristlose Kündigung.

Inzwischen ist er im Ruhestand – wegen Dienstunfähigkeit. Sollte es für B. eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr geben, würde er die Pension verlieren. Der Prozess geht am Mittwoch weiter.

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