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Vier Männer in orangenen Anzügen haben den Geldtransporter am Freitag überfallen.

© Tsp

Update

„Müllmann“ aus dem Remmo-Clan: Sieben Jahre Haft nach Überfall auf Geldtransporter in Berlin

Ein 31-Jähriger muss wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung in Haft. Er hatte einen Geldtransporter ausgeraubt. Über die Mittäter schweigt er.

Während einer seiner Brüder in Sachsen als mutmaßlicher Juwelendieb auf seinen Prozess wartet, ist ein 31-Jähriger aus dem berüchtigten Remmo-Clan in Berlin als Räuber verurteilt worden. Sieben Jahre Gefängnis verhängte das Landgericht am Mittwoch gegen den vielfach vorbestraften Mann. Mit Komplizen hatte er einen Geldtransporter am Kurfürstendamm überfallen und 648 500 Euro erbeutet.

Das Gericht ordnete nun Einziehung von Wertersatz in Höhe der erlangten Beute an. „Die Tat war ein professionell geplantes und durchgeführtes Lehrstück der Schwerstkriminalität“, sagte der Vorsitzende Richter.

Der Angeklagte sei einer von fünf Männern gewesen, die am frühen Vormittag des 19. Februar 2021 in einem silberfarbenen Audi zur Kurfürstenstraße fuhren. Vier der Täter stiegen aus. Ihr Angriffsziel: Ein Geldtransporter, der vor einer Bankfiliale entladen wurde. Sie warteten den passenden Augenblick ab. „Blitzartig“ und unter Vorhalt von Schreckschusspistolen wurden zwei Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma entwaffnet, so das Gericht.

Der Angeklagte habe Pfefferspray eingesetzt. „Es war eine Tat, bei der zwei Menschen malträtiert wurden.“ Die Geldtransporteure würden bis heute unter psychischen Folgen leiden. Die Richter ordneten zudem an, dass der Angeklagte wegen seiner Drogensucht nach Verbüßung eines Teils der verhängten Strafe in einer Entziehungsanstalt untergebracht werden soll.

Sie folgten damit einer psychiatrischen Gutachterin. Der 31-Jährige sei bei der Tat in seiner Schuldfähigkeit nicht eingeschränkt gewesen. Doch er sei abhängig von Kokain und weiteren Substanzen.

Verletzung beim Boxen: "Struktur weggefallen im Leben"

Der Mann aus dem weit verzweigten Remmo-Clan ist der Älteste von neun Geschwistern. Geboren in Berlin, keine abgeschlossene Berufsausbildung, dreifacher Vater. Früher war er aktiv im Boxsport. Ein Onkel habe ihm das Boxen empfohlen, damit er sich in der Schule nicht mehr schlägt, hieß es im psychiatrischen Gutachten. Wegen einer Verletzung mit etwa 20 Jahren habe er aufgehört – „da ist Struktur weggefallen in seinem Leben“, so die Gutachterin.

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Er habe sich entschieden, kriminell zu werden – „gegen den Willen seines Vaters und seiner Großmutter“. Eine Ausbildung habe er abgebrochen, weil er lieber feierte. Im Mai 2005 die erste Verurteilung noch vor seinem 15. Geburtstag. Meistens waren es Diebstähle, die ihn auf die Anklagebank brachten. Zuletzt musste er eine Strafe von einem Jahr und acht Monaten verbüßen.

Zwei Wochen vorm Raub zu einem Jahr Haft verurteilt

Zwei Wochen vor dem Raub am Kurfürstendamm wurde der Remmo-Mann wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und verbotenen Kraftfahrzeugrennens zu einem Jahr Haft verurteilt. Mit der Entscheidung kam er nach rund sieben Monaten U-Haft frei. Im jetzigen Prozess gestand der 31-Jährige und bat um eine Therapie. Er habe sich nur zwei Wochen nach einer letzten Haftentlassung zu dem Coup überreden lassen, ließ er über einen seiner Anwälte erklären.

Er habe eine Chance gesehen, auf einen Schlag seine enormen Drogen-Schulden loszuwerden. Ein Bekannter habe angeboten, dass bei einem Überfall 100 000 Euro für ihn drin wären. Eine Million Euro hätten sie erwartet. Am Ende habe er 70 000 Euro bekommen, 15 000 Euro davon habe sein Bekannter wegen Schulden einbehalten.

Mit dem Urteil, dem eine Verständigung der Prozessbeteiligten vorausgegangen war, schien der Angeklagte nicht zu hadern. „Ich bedanke mich, dass ich die Chance bekomme, mich zu bessern“, rief er. Einer seiner Brüder gehört zu den sechs Verdächtigen, die hinter dem Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe in Dresden im November 2019 stecken sollen.

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