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Nach dem Einsatz. Einsatzkräfte der Polizei am Dienstagmorgen in Berlin.

© Gregor Fischer/dpa

Update

Mordversuch und KaDeWe-Raub in Berlin: Zeugenaussagen führten zu Razzia gegen arabischen Clan

220 Beamte haben am Dienstag 16 Objekte vor allem in Neukölln durchsucht. Acht Männer wurden festgenommen. "Wir dulden keine rechtsfreien Räume", sagt Senator Henkel.

Polizei und Staatsanwaltschaft sind am Dienstagmorgen mit einem Großeinsatz gegen Angehörige der kriminellen arabischen Großfamilie Al-Z. vorgegangen. Von 4.30 Uhr an seien 220 Beamte, darunter 60 Kräfte des Spezialeinsatzkommandos, im Einsatz gewesen, wie Pressesprecher Stefan Redlich sagte. Es gab 16 Durchsuchungen von Wohnungen und Geschäften. Der Einsatzschwerpunkt lag in Neukölln. Allerdings habe es auch Durchsuchungen in Hermsdorf und Lankwitz gegeben. Um kurz vor 8 Uhr erklärte die Polizei den Einsatz in Nord-Neukölln für beendet, anschließend gab es zwei weitere Durchsuchungen in Gropiusstadt, bei denen zwei Männer festgenommen wurden. Insgesamt wurden somit acht Haftbefehle vollstreckt. Die Ermittlungen dauern an.

Es lagen Haftbefehle gegen acht Männer im Alter von 20 bis 56 Jahren vor. Alle seien vollstreckt worden, wie Polizeisprecher Redlich vermelden konnte. Drei der Männer habe man in der Schinkestraße in Neukölln festgenommen, zwei in der Gropiusstadt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden Haftbefehle gegen die drei fehlenden Tatverdächtigen zum KaDeWe-Raub vollstreckt.

Die anderen Haftbefehle gehen um einen versuchten Auftragsmord. Dabei war einem 42-Jährigen in Neukölln im Oktober 2015 in die Beine geschossen worden. Hintergrund dieses Mordanschlags sei eine Frauengeschichte, hieß es bei der Staatsanwaltschaft. Demnach soll das Opfer zuvor einem der nun Verhafteten die Ehefrau ausgespannt haben. Auch das Opfer ist nach Informationen des Tagesspiegels vielfach der Polizei aufgefallen.

Alle acht Festgenommenen werden nun einem Haftrichter zur Verkündung der Haftbefehle vorgeführt, sagte Polizeisprecher Redlich. Mindestens einer der Männer soll in beide Taten verwickelt sein. In den durchsuchten Wohnungen wurden unter anderem eine nach Polizeiangaben vermutlich scharfe Schusswaffe, scharfe Munition, Bargeld und Schmuck sichergestellt.

Großeinsatz am Dienstagmorgen in Neukölln.
Großeinsatz am Dienstagmorgen in Neukölln.

© Gregor Fischer/dpa

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) lobte das Vorgehen: "Dieser Schlag gegen die Organisierte Kriminalität zeigt, dass der Staat entschlossen gegen die Unterwelt vorgeht. Wir dulden keine rechtsfreien Räume. Das gilt für kriminelle Mitglieder arabischstämmiger Großfamilien genau wie für jeden anderen in unserer Stadt."

Hinter dem Einsatz steckten nach Henkels Worten intensive Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft. "Wir erhoffen uns davon den Nachweis von schweren Straftaten. Dass es Aussagen von Zeugen gibt, ist ungewöhnlich für dieses Milieu. Das ist eine wichtige Botschaft: Fällt die Mauer des Schweigens, können die Sicherheitskräfte noch konsequenter handeln. Es wäre gut, wenn dadurch auch andere ermutigt werden, über die Szene auszupacken."

Mehrere SEK-Teams im Einsatz

Da die Polizei davon ausgegangen war, dass einige der Festzunehmenden bewaffnet sind, hatten sich die Beamten des Spezialeinsatzkommandos mit Gewalt Zutritt zu den Wohnungen verschafft und die Türen mehrerer Wohnungen aufgebrochen. Für das SEK war der Einsatz gegen die Familie Al-Z. am Dienstag ein ganz besonderer, war doch bei einem ähnlichen Einsatz erstmals ein Angehöriger dieser Spezialeinheit getötet worden.

Im Jahr 2003 hatte das SEK eine Wohnung in Neukölln gestürmt, um den damals 33-Jährigen Yassin A. festzunehmen. Dabei hatte A. sofort gefeuert und den Beamten Roland Krüger getötet. Vor Gericht wollte sich A. damit herausreden, dass er Angst vor dem verfeindeten Clan Al-Z. hatte. Dies glaubte ihm das Gericht nicht, sondern verurteilte A. wegen Mordes zu lebenslang. Wie der Tagesspiegel erst gestern berichtete, ist A. gerade aus Tegel in den offenen Vollzug verlegt worden.

Kurz vor Weihnachten 2014 hatten fünf Maskierte bei einem Blitzüberfall auf einen Juwelier in dem Luxuskaufhaus in der Tauentzienstraße Schmuck im Wert von mehreren Hunderttausend Euro erbeutet. Im Herbst vergangenen Jahres erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen drei der mutmaßlichen Täter. Wegen der hohen Summen diene der Einsatz vom Dienstag auch der "Vermögensabschöpfung", sagte Pressesprecher Redlich. So sei in der Schinkestraße ein Porsche beschlagnahmt worden. Sollten die Verdächtigen verurteilt werden, könnte damit der finanzielle Schaden ausgeglichen werden. "Wir haben sehr umfangreiche Zeugenaussagen", sagte Redlich.

Anwohner berichten, dass sie sich schon lange darüber geärgert hätten, dass der blaue Porsche immer auf dem Gehweg geparkt worden sei - und der Halter sich offenbar auch von zahlreichen Strafzetteln nicht beeindrucken ließ. Auch wird berichtet, dass Kinder aus der von dem Polizeieinsatz betroffenen Familie im Viertel als Ladendiebe bekannt seien. (mit dpa)

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