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Ein Zollbeamter öffnet ein Paket mit Kokain.

© Daniel Reinhardt/dpa

Update

Internationale Drogenbande zerschlagen: Tonnenweise Kokain – und ein Ex-Stasi-Offizier für die Geldwäsche

Mit einer Razzia im In- und Ausland zerschlagen Ermittler eine Bande, die in zehn Jahren Dutzende Tonnen Kokain geschmuggelt haben soll. Das Ziel war Berlin.

Seit Jahren soll die weit verzweigte, in Berlin ansässige Bande tonnenweise Kokain aus Südamerika nach Deutschland geschafft haben – sogar ein früherer Stasi-Offizier soll bei der Geldwäsche der Einnahmen geholfen haben. Nun haben Ermittler des Bundeskriminalamtes (BKA) und der Staatsanwaltschaft Berlin die Gruppe zerschlagen, die Ermittler sprechen von einer „seit mehr als einem Jahrzehnt unentdeckt gebliebenen international operierenden Gruppierung“.

In Raum Berlin und anderen Orten sind am Dienstagmorgen Einheiten angerückt. Einsatzkräfte des BKA, der Polizei in Berlin und Dortmund aber auch Ermittlungsbehörden in Lettland und Spanien waren beteiligt. Das BKA sprach von einer international konzertierten Aktion.

Mehr als 40 Objekte im In- und Ausland wurden durchsucht und 14 Haftbefehle vollstreckt. Bei acht Beschuldigten wurden Vermögen im Wert von 14,5 Millionen Euro sichergestellt. Die Bande soll seit dem Jahr 2011 an insgesamt neun Kokainlieferungen von je knapp fünf Tonnen Kokain beteiligt gewesen. Die Ermittler konnten zudem die potenziellen Kokainabnehmer in Berlin identifizieren.

Ein Beschuldigter wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft am Flughafen Madrid festgenommen, zwei weitere in Lettland. Die übrigen Männer wurden in Berlin verhaftet - einer von ihnen sitzt bereits wegen anderer Delikte in Strafhaft.

"Wir haben heute die Lieferkette durchbrochen"

Der Berliner Oberstaatsanwalt Georg Bauer sagte: „Mit den Haftbefehlen und Durchsuchungen haben wir heute die Lieferkette durchbrochen.“ BKA-Vizepräsidentin Martina Link erklärte, der Fall zeige erneut, „wie stark sich die hochprofessionell operierende Organisierte Rauschgiftkriminalität inzwischen auch in Deutschland festgesetzt hat“.

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Ermittelt wird wegen bandenmäßigen Kokainhandels und wegen Geldwäsche gegen mehrere mutmaßliche Logistiker des Drogenhandels zwischen Lateinamerika und Europa, aber auch gegen zwei mutmaßliche kolumbianische Lieferanten. Im Visier der Ermittler stehen 28 Tatverdächtige im Alter zwischen 22 und 62 Jahren. Neben den überwiegend deutschen Tatverdächtigen sollen laut Staatsanwaltschaft Türken, Griechen, Iraker, Georgier, Ukrainer, Letten und Kolumbianer beteiligt gewesen sein.

[Mehr zur Organisierten Kriminalität bei Tagesspiegel Plus: Der Neuköllner Shisha-Bar-Streit: Drogen, Waffen, Geldwäsche – das bringen die Berliner Verbundkontrollen]

Auch die Ermittlungen liefen international ab. Erkenntnisse aus Frankreich, den Niederlanden, Lettland und Spanien flossen in das Verfahren ein. Zudem liefen vor der Razzia bereits 120 von Richtern genehmigte verdeckte Maßnahmen wie Telefonüberwachung und Observationen.

Eine „hochprofessionell agierende und weitverzweigte Täterstruktur“

Ausgelöst wurde der Fall im Jahr 2018. Damals waren im Hafen von Santos in Brasilien 690 Kilogramm Kokain in einem Seeschiffscontainer gefunden worden – die Zieladresse war eine Firma in Berlin. Die Ermittler des BKA stießen dann auf eine „hochprofessionell agierende und weitverzweigte Täterstruktur“.

[Aus dem Tagesspiegel-Archiv: "Veganer und Drogen: Hört erst mal auf zu koksen!" war einer unserer meistgelesenen Texte des Jahres 2015.]

Spätestens seit dem Jahr 2011 soll die Bande über in Deutschland gegründete Scheinfirmen Kokain nach Deutschland geschmuggelt haben. Der Trick der Bande: Sie stellte die gesamte Logistik für den Transport selbst bereit. Mit Hilfe gefälschter Identitäten blieben die Personen dahinter unentdeckt.

Mit Scheinfirmen zusätzlich Corona-Hilfen abgegriffen

Nach dem Drogenfund in Brasilien war die Bande laut BKA zunächst abgetaucht. Die Ermittler hatten jedoch Hinweise, dass die Bande sich neue Routen und Transportwege über Kolumbien, Panama und Mexiko aufbaute, um das Kokain in Großlieferungen nach Berlin zu bringen.

Laut BKA soll der Schmuggel höchst konspirativ über ein Geflecht von Scheinfirmen abgewickelt worden sein. Es geht auch um Betrug: Mit den Scheinfirmen soll die Bande zusätzlich Corona-Hilfsgelder abgegriffen haben. Zudem sollen über das Firmengeflecht mehrere Jahre lang die Einnahmen aus dem Drogenhandel gewaschen worden sein.

Dabei soll auch der frühere Offizier des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und das Büro eines Kölner Versicherungskonzerns in Berlin-Kreuzberg beteiligt gewesen sein.

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