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Rabbiner Yehuda Teichtal, Gemeinderabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

© Soeren Stache/dpa

Update

Berliner Rabbiner Teichtal kritisiert Staatsanwaltschaft: „Der Schaden ist enorm“

Der Berliner Rabbiner Yehuda Teichtal wird Opfer einer antisemitischen Attacke. Die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren ein.

Im Juli wurde der Berliner Gemeinderabbiner Yehuda Teichtal Opfer eines antisemitischen Angriffs, jetzt stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Teichtal kritisierte die Entscheidung der Behörde, die Ermittlungen aufgrund eines unzureichenden Tatverdachts einzustellen: "Vier Menschen waren Zeuge der Straftat und wissen wer die Täter sind, aber weigern sich, eine Aussage zu machen", sagte Teichtal dem Tagesspiegel.

Es müsse möglich sein, die Zeugen in die Pflicht zu nehmen oder ihr Schweigen zu bestrafen. "Es ist traurig und unglücklich, dass das Verfahren eingestellt wurde", sagte Teichtal. Erfolgreiche Ermittlungen hätten den Menschen Vertrauen in die Rechtsprechung geben können, "der Schaden ist enorm".

Jüdisches Leben nicht verstecken

Der attackierte Berliner Rabbiner Yehuda Teichtal will sich davon nicht entmutigen lassen. „Wir dürfen auf keinen Fall unser Jüdisch-Sein verstecken“, sagte Teichtal am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Er warb für „Null-Toleranz gegenüber Intoleranz“ und für aktive Prävention gegen Antisemitismus. „Eine Attacke gegen Juden ist eine Attacke gegen uns alle.“ Der Rabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin war im Juli in Begleitung eines seiner Kinder von Männern auf Arabisch beschimpft und bespuckt worden.

Staatsanwaltschaft verweist auf umfangreiche Ermittlungen

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, begründete die Einstellung des Verfahrens damit, dass die Verantwortlichen nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnten. Es habe umfangreiche Ermittlungen mit Handyauswertungen und Zeugenvernehmungen gegeben. "Dass die Tat stattgefunden hat, ist klar. Aber in den Ermittlungen konnte nicht abschließend festgestellt werden, wer genau die Täter waren.

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Teichtal sagte, er habe Respekt vor der Gesetzeslage, sei aber mit der Entscheidung nicht glücklich. Hätte man hier erfolgreich ermittelt, wäre das eine Botschaft an andere Täter gewesen, so der Rabbiner.

Am Montag forderte eine fraktionsübergreifende Gruppe von Mitgliedern des Berline Abgeordnetenhauses, antisemitische Straftaten konsequent zu erfassen und zu ahnden. Das Landesparlament habe sich 2018 verpflichtet, jüdisches Leben in der Stadt zu schützen. "2019 ist das Thema dringlicher denn je: Nach einer aktuellen Umfrage des Jüdischen Weltkongresses hat jeder vierte Deutsche antisemitische Einstellungen", heißt es in der gemeinsamen, am Montag veröffentlichten Erklärung. "Der Anschlag auf die Synagoge in Halle zeigt, dass Antisemiten auch vor Mord nicht zurückschrecken."

"Antisemitismus ist auch in unserer Stadt in erschreckendem Ausmaß präsent"

Die Unterzeichnenden Susanne Kitschun (SPD), Cornelia Seibeld (CDU), Anne Helm (Linke), Bettina Jarasch (Bündnis 90/Die Grünen) und Stefan Förster (FDP) hatten eine fraktionsübergreifende Anfrage zu antisemitischen Straftaten in Berlin an den Senat gestellt. Die Antwort zeige den "massiven Handlungsdruck in der Hauptstadt", lautet ihr Fazit.
"Antisemitismus ist auch in unserer Stadt in erschreckendem Ausmaß präsent", so Susanne Kitschun. Bettina Jarrasch forderte ein besseres Monitoring antisemitischer Straftaten. Nach Einschätzung von Cornelia Seibeld ist offenkundig, dass die Strafverfolgungsbehörden Antisemitismus als Ursache für Straftaten zu lange nicht hinreichend berücksichtigt hätten. (mit dpa)

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