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Update

Berliner Nahverkehr: U-Bahn-Sperrung und Streik am Flughafen

Trotz Sperrung der U-Bahnlinien U2 und U3 bleibt das befürchtete Chaos am Montagmorgen aus. Am Flughafen Tegel bildeten sich wegen Streiks lange Schlangen.


Seit Freitag vergangener Woche geht nichts mehr auf den Linien U2 und U3 rund um den Wittenbergplatz. Mit dem Ferienende am Montag wurde daher Verzögerungen im Berufsverkehr erwartet, doch das befürchtete Chaos auf den Ausweichstrecken bleibt bislang aus. Die Züge der U1 fahren im Vier-Minuten-Takt und sind trotz der Sperrung der anderen Linien auch am Montagmorgen nicht überfüllt. "Wer schon von der Sperrung weiß, weicht aus", vermutet Johanna Steiner, deren Weg zur Arbeit normalerweise mit der U2 von der Eberswalder Straße zum Wittenbergplatz führen würde. Die Ärztin ist an diesem Morgen auf die U1 umgestiegen, könnte sich aber auch vorstellen, auf andere Verkehrsmittel wie zum Beispiel Carsharing auszuweichen.

Die BVG steckt momentan in der Krise. Vermehrt kommt es zu Ausfällen und Verspätungen.
Die BVG steckt momentan in der Krise. Vermehrt kommt es zu Ausfällen und Verspätungen.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Dass das Auto im Berliner Berufsverkehr eine Alternative zu den gesperrten U-Bahn-Linien U2 und U3 ist, bezweifelt Sascha Perovic aus Mitte. Von den Sperrungen wusste er schon durch Schilder und Ansagen an den Bahnhöfen, jedoch ist er auf die Linie angewiesen. Perovic hat am Morgen schon mit seiner Frau den Sohn zur Schule und seine Frau dann zum ersten Arbeitstag gebracht. Normalerweise würde das eine halbe Stunde dauern, aber mit den Umstiegen und dem Warten an den einzelnen Stationen war die Familie zehn Minuten länger unterwegs. Heute sei mehr los gewesen als in den vergangenen Wochen, als noch Ferien waren, berichtet er.

Auch die S-Bahn zwischen Westkreuz und Spandau ist gesperrt

Thomas Dinges ist hingegen überrascht, dass am Montagmorgen nicht mehr in den Berliner U-Bahnen los war. Er hat schon vor einigen Wochen aus den Medien von der Sperrung erfahren und fährt trotzdem weiter auf dieser eingeschränkten Strecke. "Das muss man hinnehmen." Denn er muss auf seinem Weg von Halensee bis zur Mohrenstraße die Verbindung nutzen, wenn er zu seiner Arbeitsstelle im Bundesministerium für Arbeit und Soziales kommen will. 

Auf dem Weg zur Mohrenstraße ist auch Jodi Church-Wagner, sie fährt mit ihrer Tochter zur Kita. Eigentlich muss sie dafür nur eine Station von der Augsburger Straße zum Wittenbergplatz fahren und dort in die U2 wechseln. Wegen der Sperrung der U2 und U3 musste sie bis zum Wittenbergplatz durch den Regen laufen, dort die U1 und dann am Gleisdreieck die U2 nehmen - gerade mit einem Kinderwagen ein mühsames Unterfangen. Eine Alternative gibt es für sie nicht. Erst heute hat sie von den Einschränkungen erfahren, die Informationen an den Bahnhöfen findet sie zu klein und nur schwer verständlich.

Johanna Steiner war auf die Sperrung gut vorbereitet.
Johanna Steiner war auf die Sperrung gut vorbereitet.

© Maria Mercedes Hering

Noch bis 24. Februar verkehren zwischen Bahnhof Zoo und Gleisdreieck keine Züge der Linie U2, die Züge der U3 bleiben noch bis 3. März zwischen Spichernstraße und Warschauer Straße aus. Den Großteil der Fahrgäste soll die teilweise parallel laufende U1 auffangen, ein Schienenersatzverkehr wäre in diesen Bereichen nur schwer einzurichten, wie die BVG mitteilte.

Die Sperrung bei U- und S-Bahn.
Die Sperrung bei U- und S-Bahn.

© Tsp/Böttcher

Am U-Bahnhof Gleisdreieck versuchen die Berliner Verkehrsbetriebe am Montagmorgen den Kunden die Baustelle mit Schokoladengebäck zu versüßen, wie eine Passagierin auf dem sozialen Netzwerk Twitter mitteilte. Neben der Bauarbeiten auf den U-Bahnstrecken wird auch auf der S-Bahn-Strecke zwischen Westkreuz und Spandau gearbeitet, die S3 und S9 sind betroffen. Die Sperrung soll noch bis zum 17. Januar, 1.30 Uhr dauern, es besteht ein Ersatzverkehr mit Bussen. Gleichzeitig wird auch auf der S-Bahnstecke im Nord-Süd-Tunnel saniert. Zwischen den Stationen Gesundbrunnen und Yorckstraße sowie Yorkstraße (Großgörschenstraße) werden deshalb wie schon am vergangenen Wochenende die Linien S1, S2, S25 und S26 zwischen Freitag, 22 Uhr, und Montag, 1.30 Uhr nicht verkehren, ein Schienenersatzverkehr mit Bussen wird in diesem Bereich aber eingerichtet.


Wer sich trotz der vielen Unterbrechungen dennoch zu den Flughafen Tegel oder Schönefeld durcharbeitet, hat auch dort Probleme mit der Weiterreise gehabt: Zwischen 5 Uhr und 8.45 Uhr legte das Sicherheitspersonal an den Berliner Flughafen seine Arbeit nieder. Die Gewerkschaft Verdi hatte zu dem Streik aufgerufen. In Tegel bildeten sich am Morgen lange Schlangen vor den Ticketschaltern und den Sicherheitskontrollen, weil der Betrieb nach Ende des Warnstreiks erst langsam wieder anlaufen musste.

Wer heute gegen 9 Uhr mit dem Bus nach Tegel fuhr, landete direkt nach dem Aussteigen in der Schlange für die Sicherheitskontrolle am Terminal D. Am hintersten Ende der langen Menschreihe standen die Wartenden noch im Freien, erst langsam konnten sie in den Innenbereich mit der Sicherheitsabfertigung vorrücken. Michael Borchard, der von Tegel nach Köln-Bonn fliegen will, hat schon am Sonntag umgebucht und reist nun erst drei Stunden später ab. Während er im feuchten Außenbereich vor dem Terminal D steht, äußert er Verständnis für viele Streikende: "So üppig verdienen die ja auch nicht."

Einige Meter hinter ihm ist eine Wartende weniger verständnisvoll. Ach sie will mit Eurowings nach Köln-Bonn fliegen und wusste schon von den streikbedingten Einschränkungen. Sie sei öfter von Flugausfällen durch Streiks betroffen, häufig würden ihre Flüge ohne Ersatz gestrichen. "Ein Streik ist ein gutes Mittel, um etwas zu erreichen. Es trifft nur immer die falschen Leute", gibt die Kölnerin zu bedenken - die Konzernbosse würden durch die Arbeitsniederlegung kaum behindert. Wenn sie ihren Flug nicht bekommen sollte, hofft sie auf Ersatzangebote der Fluggesellschaft. Dann würde sie mit der Bahn fahren. "Das bedeutet zwar einen Zeitverlust, aber man kommt an."

Weitere Warnstreiks in Tegel sind möglich

Die Menschen schieben sich ein bisschen weiter, dann kommt die Schlange wieder zum Stillstand. So geht es langsam voran. Wenn der Abflug naht, laufen Flughafenmitarbeiter an der Wartereihe entlang und fragen, wer die Maschine nehmen muss. Diese Personen dürfen dann vor. Stefan Priester wartet hingegen weiter. Dass der Streik Probleme verursacht, wundert ihn kaum. Er habe jedoch erwartet, dass an dem kleinen Flughafen bei dem Streik alles zusammenbricht. Daher findet er den Umgang mit der Arbeitsniederlegung nicht schlecht. Jedoch würde er sich wünschen, dass am Ende der Schlange jemand steht, der Informationen an die Wartenden weitergibt.

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Auch im Terminal A standen die Menschen gegen 9.30 Uhr teilweise noch dicht aneinander und drängten sich in Schlangen gemächlich aneinander vorbei. An der Kontrolle zu den Terminal A08 und A09 hat es eine Berlinerin mit ihrer Familie schon fast bis zum Sicherheitsbereich geschafft. Die Fluggesellschaft habe trotz des Streiks alles zuverlässig organisiert, sodass die Reisende zuversichtlich ist, dass sie in Zürich auch den Anschlussflug in die Dominikanische Republik erreichen wird. Am Flughafen Tegel könnte man ihrer Ansicht nach aber einiges verbessern, zum Beispiel für die vielen wartenden Fluggäste mehr Sitzgelegenheiten und Toiletten zur Verfügung stellen. Trotz der Unannehmlichkeiten versteht sie aber die Streikenden. "Dass die für mehr Geld streiken, dafür hab ich viel Verständnis."

Laut Verdi beteiligten sich rund 500 Beschäftigte privater Sicherheitsunternehmen an der Arbeitsniederlegung. In Schönefeld seien alle Abfertigungen geschlossen, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi. Zahlreiche Flüge wurden laut der An- und Abflugpläne der beiden Airports gestrichen, viele andere haben mehrstündige Verspätungen.

Grund der Arbeitsniederlegung sind die bislang ergebnislosen Tarifverhandlungen mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) für die bundesweit 23.000 Beschäftigten der Flugsicherheit. Die Gewerkschaft verlangt einen Stundenlohn von 20 Euro. Am 23. Januar geht es in die nächste Runde, laut Verdi sind weitere Warnstreiks bis dahin möglich.

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