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Blaulicht der Polizei.

© dpa

Bei Anruf Betrug: Falscher Polizist bestahl Berliner Senioren

Als Mitglied einer Bande steht ein 26-Jähriger vor Gericht. Die Gruppierung soll Senioren um Vermögenswerte von rund 800.000 Euro gebracht haben.

Wenn auf dem Display die „110“ aufleuchtet: Falsche Polizisten nutzen immer wieder die echte Nummer des Notrufs, um Senioren zu betrügen. Einer, der an 14 Taten beteiligt gewesen sein soll, steht seit Dienstag vor dem Landgericht. Paul K. habe als sogenannter Abholer fungiert, heißt es in der Anklage. Er soll Bargeld, Schmuck und Uhren im Gesamtwert von etwa 800.000 Euro weggetragen haben.

Es geht um Taten im September und Oktober 2019. Von einem Callcenter in der Türkei aus sei bei älteren Menschen in Berlin angerufen worden. Es meldete sich ein angeblicher Polizist. Oft war es „Kommissar Lehmann“. Druck wurde aufgebaut und den Opfern vorgegaukelt, sie müssten ihre Wertsachen dringend an die Polizei übergeben.

Das Vermögen sei wegen krimineller Aktivitäten im Umfeld nicht sicher, ein Einbruch stehe bevor – die Polizei werde Hab und Gut sichern. In den meisten Fällen soll der 26-jährige Mechatroniker K., damals arbeitslos, als Mitglied einer Bande agiert haben.

Eine 96 Jahre alte Frau ist laut Anklage das älteste Opfer der Betrugsserie. Der Seniorin wurde vorgegaukelt, dass zwei Einbrecher gefasst worden seien. Sie solle ihre Wertsachen aus dem Tresor holen, weil die Dinge überprüft werden müssten. Der Angeklagte soll Schmuck und Bargeld im Wert von 80.000 Euro abgeholt haben.

Die Bande arbeitete mit dem sogenannten Call-ID-Spoofing – einer Form der Telefonabzocke. Dabei lassen Kriminelle eine falsche Nummer auf dem Display des Angerufenen erscheinen. Tatsächlich steht die „110“ nie im Display, wenn die echte Polizei anruft.

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Am Telefon wurde nach ausgeklügelter Dramaturgie vorgegangen. Mal wurde zu einem angeblichen Vorgesetzten verbunden, mal sollte ein etwas skeptischer Rentner zurückrufen. Es folgten Anweisungen zu Ablageorten – vor der Haustür oder am Gartentor. Eine 78-Jährige wurde überredet, Geld und Schmuck im Wert von 350.000 Euro an eine Kastanie zu legen.

„Ich sollte schnell mein Schließfach leer räumen“

Bei einem Senior aus Spandau erbeuteten sie knapp zwei Kilogramm Gold mit einem Wert von etwa 87.000 Euro. Der 78-Jährige sagte im Verfahren: „Zuerst meldete sich die Polizeizentrale Tempelhof am Telefon.“ Ein Herr habe ihn eindringlich gewarnt. „Ich sollte zur Bank gehen und schnell mein Schließfach leer räumen.“ Denn ein Mitarbeiter der Filiale sei ein Komplize.

Der 78-Jährige wartete am nächsten Tag mit seinem Goldschatz, den er geerbt hatte, vor seiner Haustür. Dort kam ein Fremder auf ihn zu. Dieser habe sich als ein verdeckter Ermittler vorgestellt, so der Senior.

Der Mann habe dann einen „Kommissar Schneider“ angerufen und die Tasche mit den Goldbarren mitgenommen. Mit der Begründung, alles müsste noch auf der Dienststelle fotografiert werden.

Paul K. wurde festgenommen, als er in Zehlendorf eine Tasche mit 10.000 Euro und Schmuck genommen habe, die eine 82 Jahre alte Frau an einem Eckgrundstück abgelegt hatte, sagte nun ein Polizist als Zeuge. Zuvor hatte K. eine Aussage verweigert. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.

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