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Lieber wegschauen? Franziska Giffey im Bundestag.

© imago images/Christian Spicker

Plagiate in der Doktorarbeit: Giffey sieht durch veröffentlichtes FU-Gutachten keine neue Sachlage

27 Textstellen werteten die Prüfer als „objektive Täuschung“. Das wurde nun bekannt, weil der Asta das Gutachten publizierte. Die Ministerin bleibt ungerührt.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sieht nach der Veröffentlichung des Schlussberichts des Prüfungsgremiums der Freien Universität Berlin (FU) zu ihrer Doktorarbeit keine neue Sachlage. „Die Universität hat das Verfahren abgeschlossen. Es gibt jetzt noch mal ein Prüfverfahren über das Verfahren.“ Das sei Sache der Universität. „Für mich ändert sich an der bisherigen Sachlage gar nichts“, sagte Giffey am Mittwoch in Berlin.

Der „Allgemeine Studierendenausschuss der FU“ (Asta) hatte Anfang der Woche den Schlussbericht des Expertengremiums der FU veröffentlicht, das die Dissertation der Ministerin im vergangenen Jahr monatelang überprüft hatte, nachdem Plagiatsvorwürfe laut geworden waren. Den internen Bericht hatte der Asta nach eigenen Angaben auf Antrag nach Informationsfreiheitsgesetz (IFG) von der FU erhalten.

Die Universität hatte nach Abschluss der Prüfung im Herbst 2019 entschieden, Giffey den Doktorgrad nicht zu entziehen und stattdessen eine Rüge zu erteilen. Trotz der festgestellten Mängel habe nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden können, dass es sich bei der Dissertation um eine eigenständige wissenschaftliche Leistung handelte, teilte die FU damals mit. „Das Gesamtbild der festgestellten Mängel rechtfertigte die Entziehung des Doktorgrades daher nicht“, hieß es.

Dies war auch die Empfehlung des fünfköpfigen Expertengremiums, das die Dissertation überprüft hatte, wie in dessen nun öffentlich zugänglichen Schlussbericht nachzulesen ist.

27 Textstellen als „objektive Täuschung“ gewertet

Die Prüfer hatten dem Bericht zufolge 27 Textstellen in der mehr als 260-seitigen Doktorarbeit Giffeys gefunden, die ihrer Ansicht nach den „Tatbestand der 'objektiven Täuschung' erfüllen“. Darüber habe im Gremium Einigkeit bestanden. Auch sei es „Konsens“ der Prüfer, „dass die in der Arbeit festgestellten Mängel auch einen systematischen Charakter haben“.

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Fünf der 27 Stellen stuften die Gutachter als „klassisches Plagiat“ ein. Gemeint sind damit solche Fundstücke, bei denen ganze Sätze oder noch größere Textpassagen wörtlich aus einer Quelle übernommen wurden, ohne sie zu zitieren. An 22 weiteren Stellen wurden deutliche Textübernahmen oder Paraphrasen ohne einschlägige Quellenangabe ausgemacht. Es handelte sich hier also nicht um wörtliche, aber doch sinngemäße Übernahmen, ohne den Urheber zu nennen.

[Hier können Sie das Gutachten als PDF herunterladen. Die sechsseitige Anlage mit einer Liste der Plagiate finden Sie hier als PDF.]

Trotzdem entschied sich das Expertengremium nicht für einen Entzug des Doktortitels. Die fehlerhaften Passagen seien zwar zahlreich, „aber doch so punktuell, dass man mit Blick auf die Arbeit im Ganzen nicht von einer „Überhandnahme“ - wie von der Rechtsprechung gefordert - sprechen kann“, heißt es im Bericht.

Die Rüge, die die FU daraufhin ihrer Doktorandin erteilte, ist als Sanktion im Berliner Hochschulgesetz nicht vorgesehen. Schon bei Bekanntgabe der Entscheidung gab es scharfe Kritik daran. Nach Veröffentlichung des Gutachtens erneuerte der Asta nun die Forderung, Giffey den Doktortitel zu entziehen. (Tsp, dpa)

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