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In Berlins Gefängnissen ist es eng - das will der Justizsenator ändern.

© Paul Zinken/dpa

Pläne von Berlins Justizsenator: Gemeinnützige Arbeit statt Haftstrafe

Dirk Behrendt (Grüne) stockt die Mittel für "Arbeit statt Strafe"-Projekte auf. So soll der Anteil der Inhaftierten sinken, die ihre Geldstrafen nicht bezahlt haben.

Schnaps aus dem Späti geklaut, mehrfach ohne Fahrschein mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren, Geldstrafe für eine Prügelei nicht bezahlt – und am Ende im Gefängnis gelandet: Aktuell sind in Berlin 353 Menschen wegen einer Ersatzfreiheitsstrafe hinter Gittern. Diese Strafe wird verhängt, wenn die Verurteilten ihre Geldstrafe nicht bezahlen. Das betrifft zwischen sieben und zehn Prozent der Inhaftierten. Der Anteil hat sich seit 2012 nicht verändert. Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) möchte den nun aber um die Hälfte reduzieren.

„Meist handelt es sich dabei um Menschen, die psychische Erkrankungen aufweisen, von Obdachlosigkeit, Sucht, Medikamentenabhängigkeit oder Obdachlosigkeit betroffen sind“, sagt Behrendt. Sie einfach wegzusperren, bringe gar nichts. Die Erfahrungen zeigten, dass diese Menschen nach ihrer Freilassung in den alten Kreislauf geraten – und wieder hinter Gittern landen.

Deshalb setzen der Senator und die Leiterin der Sozialen Dienste der Justiz, Gabriele Grote-Kux, auf Haftvermeidung durch gemeinnützige Arbeit. Idealerweise bei sozialen Trägern, die integrativ wirken. Behrendt und Grote-Kux nennen auch eine Reihe von Beispielen, in denen das funktioniert hat. Ein junger Obdachloser, der seine Geldstrafe in einem Hilfsprojekt für Wohnungslose abgearbeitet hat, erhielt so selbst wieder ein Dach über dem Kopf. Noch heute arbeitet er ehrenamtlich für das Projekt.

Ersatzfreiheitsstrafen selten bei Schwarzfahrern

„Im vergangenen Jahr konnten 117.989 Hafttage durch gemeinnützige Arbeit vermieden werden“, sagt Dirk Behrendt. Bevor jemand die Chance bekommt, seine Geldstrafe durch gemeinnützige Arbeit zu tilgen, muss er jedoch erst einmal von den richtigen Stellen erreicht werden. Genau an diesem Punkt will die Senatsjustizverwaltung ansetzen und soziale Träger finanziell stärker unterstützen. In diesem und im nächsten Jahr stehen im Haushalt jeweils 915.290 Euro und 937.300 Euro für den Bereich „Arbeit statt Strafe“ bereit, 2017 war es ein Drittel weniger.

Rund die Hälfte aller zu einer Geldstrafe Verurteilten zahlen diese nach erneuter Aufforderung, sagt Gabriele Grote-Kux. Schwierig wird es bei denen, die ihre Post nicht mehr öffnen oder ohne festen Wohnsitz sind. In diesen Fällen soll die Kontaktaufnahme intensiviert werden, durch Anrufe bis hin zu Hausbesuchen. Das sei zwar teuer, aber lohne sich. Denn rund 146 Euro kostet ein Hafttag in Berlin – auch für jemanden, der zu einem Tagessatz von zehn Euro verurteilt ist. Im Schnitt dauern Ersatzfreiheitsstrafen laut Behrendt 30 bis 60 Tage.

Die sogenannten Schwarzfahrer bilden unter den Verbüßern von Ersatzfreiheitsstrafen eine eher kleine Gruppe. So belief sich die Zahl derer, die wegen Erschleichens von Leistungen verurteilt wurden, worunter auch weitere Tatbestände fallen, Anfang des Jahres auf rund 100.

Behrendt kündigt an, in der Justizministerkonferenz am 15. November in Berlin bei seinen Amtskollegen dafür zu werben, das Schwarzfahren nicht mehr als Straftat zu behandeln, sondern als Ordnungswidrigkeit. „So ist es beim Falschparken auch“, sagt er.

Claudia Braun

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