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Seine Installation „Wannsee“ ließ der Künstler Christoph Niemann aus 20.000 einfarbigen Kacheln fertigen.

© Thilo Rückeis

Pixel-Bilder von Christoph Niemann: Neue Installation soll Bahnhof Wannsee verschönern

Badevergnügen und Liebermann-Villa: Der Künstler Christoph Niemann hat ein Mosaik für den Tunnel am S-Bahnhof gestaltet.

Wannsee – ein schillernder Name, ein berühmter Berliner Ortsteil. Wer ihn hört, denkt an Badevergnügen und die Liebermann-Villa, aber auch an das Haus der Wannsee-Konferenz gleich nebenan. Dieses Zusammentreffen sei für ihn der „moralische Tiefpunkt des 20. Jahrhunderts“, sagt der Berliner Künstler und Illustrator Christoph Niemann, der nun gleichwohl Grund zur Freude über sein eigenes Werk mit dem Titel „Wannsee“ hat: ein Mosaik, das die beiden Wände des Tunnels vom Bahnhof Wannsee zu den Schiffsanlegern bedeckt. 20.000 einfarbige Fliesen der Firma Villeroy & Boch wurden dafür auf jeweils rund 40 Metern Länge verarbeitet.

Niemann hat sich die Aufgabe, die er im Auftrag der Deutschen Bahn löste, nicht leicht gemacht. Er benutzte ausschließlich farbige Fliesen im Format 10 x 10 Zentimeter, mit denen feine Linien nicht darstellbar sind – das Bild erscheint aus der Nähe grob gepixelt und gibt die abgebildeten Objekte erst aus größerer Entfernung zu erkennen. Aber dies sei für ihn gerade der Reiz der Darstellungsweise, sagte er am Mittwoch vor der Enthüllung des Werks. Auch auf Blautöne hat er komplett verzichtet, dennoch ist der Mann mit Kind auf dem Weg zum Strandbad ebenso nachvollziehbar abgebildet wie das Abtauchen einer Badenden und das Segelboot.

Künstler Christoph Niemann vor seiner Installation in der Personenunterführung im Bahnhof Wannsee.
Künstler Christoph Niemann vor seiner Installation in der Personenunterführung im Bahnhof Wannsee.

© Thilo Rückeis

Teil einer Aktion der Deutschen Bahn

Es gibt ein etwas eckiges Fahrrad zu sehen, die Liebermann-Villa ist da, über dem stilisierten Bau der American Academy hängt eine amerikanische Flagge, die angesichts der groben Bildstruktur allerdings erklärungsbedürftig ist, mehr jedenfalls als das Haus der Wannsee-Konferenz, das auf dem Weg von der Bahnhofshalle nach Westen hinten rechts kommt. Gewichtige Hintergründe – aber das ganze Werk verbreitet doch eine eher heitere Grundstimmung, die dem früher in bahntypischem Senfgelb gehaltenen Durchgang durchaus neue Facetten abgewinnt.

Der Bahnhof im Bahnhof
Der Bahnhof im Bahnhof

© Thilo Rückeis

Allerdings war es bei diesem Projekt wohl nicht damit getan, eine Fliesenlegerkolonne mit dem Plan des Künstlers ein, zwei Wochen an die Arbeit zu schicken. Niemann selbst zeigte sich außerordentlich erfreut darüber, dass alles in neun Monaten über die Bühne gegangen ist, denn er selbst hatte sich, wie er sagte, anfangs auf 2021 oder 2022 eingestellt. Das Werk gehört in den Rahmen einer Aktion der Deutschen Bahn, die seit Jahresbeginn rund 23 Millionen Euro in die Hand genommen hat, um rund hundert kleine und große Bahnhöfe in Deutschland aufzufrischen.

Höhepunkt der Verschönerungsmaßnahmen

Friedemann Keßler, der Leiter des Regionalbereichs Ost der „DB Station & Service“, benötigte deshalb auch einige Zeit für die Danksagungen, in denen deutlich wurde, dass hier nicht schnöde Kunst am Bau exekutiert, sondern ein Herzensprojekt vieler engagierter Beteiligter umgesetzt wurde. Er nannte die Installation „eine feinsinnige Auseinandersetzung mit Bahnhof und Bahnhofsumfeld“, von der er hoffe, dass sie dazu beitrage, dass die Reisenden gern zum Bahnhof Wannsee kommen. Es handele sich um den Höhepunkt der Verschönerungsmaßnahmen für die Berliner Bahnhöfe.

Motor des Ganzen war wohl die freie Kuratorin Ruth Ur, von der die Initiative ausging. Sie ist Spezialistin für Kunst im öffentlichen Raum, langjährige Mitarbeiterin des British Council und sie hat in zahlreichen europäischen Städten gearbeitet. Christopher Niemann hat mehrere Bücher geschrieben, ist aber vor allem als Illustrator tätig; seine Werke erscheinen regelmäßig in mehreren US-Magazinen wie im „New Yorker“ und der „Newsweek“, aber auch im „Zeit Magazin“ und gegenwärtig in der Netflix-Serie „Abstract: The Art of Design“.

Das Bahnhofsgebäude von 1928 selbst wurde zuletzt farblich aufgefrischt, steht aber komplett unter Denkmalschutz und kann deshalb künstlerisch kaum verändert werden. Allerdings gibt es auch noch einen Tunnel in die Gegenrichtung zur Potsdamer Chaussee. Er ist gut beleuchtet, könnte aber durch viele farbige Fliesen durchaus noch ein wenig aufgeheitert werden.

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