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Jungaale werden in den Groß Schauener See gesetzt.

© Bernd Settnik/dpa-Zentralbild/dpa

Pilotprojekt in Brandenburg: In der Havel soll es wieder Aale geben

Seit Jahren schwindet der Bestand der Tiere. Nun wurden insgesamt 400.000 Aale in der Havel ausgesetzt, um die Population zu erhöhen.

In einem kleinen Glasbehälter mit Wasser zappeln dicht junge Aale. Etliche Kinderaugen bestaunen zunächst die Fische im Glas und verfolgen anschließend ihre Aussetzung in die Havel. Im Rahmen eines Pilotprojektes zur Förderung des europäischen Aals hat Brandenburgs Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) jetzt nahe der Langen Brücke mehrere Tausend Jungaale ins Wasser ausgesetzt. Potsdamer Schülerinnen und Schüler durften mitmachen und einen Eimer mit den zappelnden Tieren ins Wasser kippen. „Sind das Zitteraale?“, fragt ein Junge interessiert. Ronald Menzel von der Initiative zur Förderung des Europäischen Aals, der die Aktion begleitet, verneint. „Dann würdest du einen Schlag kriegen“, erklärt er dem Grundschüler.

Bei den Aalen handelt es sich um sogenannte Glasaale, die als Jungtiere durchsichtig waren, wodurch Herz, Wirbelsäule und Darmtrakt von außen erkennbar waren. Die Glasaale wurden im April an den Küsten Frankreichs gefangen und anschließend in einer Anlage im niedersächsischen Haren an der Ems mehrere Monate lang gefüttert, bis sie zum Aussetzen in der Havel groß genug waren. Inzwischen haben die Tiere auch ihre typische Haut gebildet. Die Aale wurden nahe am Ufer ausgesetzt, damit sie sich erst mal verstecken können, erklärt Menzel.

Das größte Artenschutzprojekt Brandenburgs

Ziel des Pilotprojektes ist es, die schwindenden Aalpopulationen in Brandenburgs Gewässern zu erhöhen. Der Aalbesatz gilt dabei als beste Methode. Insgesamt 400.000 Aale wurden am Donnerstag in der Havel ausgesetzt. Allein in diesem Jahr werden 900.000 Euro in das seit 2006 laufende Projekt investiert. Mehrmals jährlich werden Aale in Brandenburger Gewässern mit Zugang zu Havel und Elbe ausgesetzt. Über die Nordsee und den Atlantik wandern die Fische bis in die Sargassosee, um dort im Alter von zehn bis 20 Jahren zu laichen. „Wir hoffen, dass der überwiegende Teil zurückschwimmen kann“, so Menzel. Es sei das größte Artenschutzprojekt Brandenburgs, sagt Agrarminister Vogelsänger.

Arterhaltung. An der Havel wurden am Donnerstag 400 000 Jungaale ausgesetzt.
Arterhaltung. An der Havel wurden am Donnerstag 400 000 Jungaale ausgesetzt.

© Bernd Settnik/dpa

Das Projekt wird auch vom Institut für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow begleitet. Der Bestand sei seit Jahren auf einem erschreckend niedrigen Niveau, sagt Eva Arlt, Mitarbeiterin am Institut in Sacrow. Momentan sei der Aal vom Aussterben bedroht. „Ohne Besatz weiß ich nicht, ob es in Brandenburger Gewässern überhaupt noch Aale gäbe“, betont sie. Verglichen mit dem Referenzzeitraum von 1960 bis 1979, als die europäischen Aalbestände noch stabil gewesen seien, seien in der Nordsee inzwischen nur noch zwei Prozent der damaligen Populationen vorhanden. Das hätten wissenschaftliche Untersuchungen ergeben.

Viele Gründe für schwindenden Aalbestand

Gründe dafür, dass sich der Aalbestand nicht nur in Brandenburg, sondern europaweit seit Jahren deutlich verringert hat, gibt es diverse. Einer der natürlichen Hauptfeinde sei der Kormoran. Aber auch menschengemachte Gefahren wie Staudämme oder Wasserkraftanlagen trügen zum Schwinden des Bestandes bei. Hinzu komme ein Parasit, der zuletzt durch die Schwarzmundgrundel verbreitet wurde, die sich in Brandenburger Gewässern inzwischen stark vermehrt. Aber auch die Fischerei des beliebten Speisefisches sei einer der Gründe für den Rückgang des Bestands.

Neben regelmäßigem Aalbesatz – dieses Jahr ist es laut Arlt das sechste Mal, dass die Fische in einem Brandenburger Gewässer ausgesetzt werden – seien Schutzgitter an Wasserkraftanlagen sowie Fischtreppen als Durchgänge ein geeignetes Mittel, um das Sterben der Tiere zu verhindern. „Es wird europaweit viel versucht, um die Aalbestände zu schonen.“ Die Bemühungen scheinen sich zu lohnen: Beim Bestand sei bereits ein Aufwärtstrend erkennbar.

Birte Förster

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