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Berlin: Piecks Staats-Yacht wird Hausboot

Die „Albin Köbis“ fuhr Gäste der DDR über die Seen. Nun liegt sie in Potsdam

Potsdam - Die erste DDR-Staats-Yacht, mit der einst Präsident Wilhelm Pieck und Ministerpräsident Otto Grotewohl über die Gewässer schipperten und dabei Gespräche mit Staatsgästen führten, hat in Potsdam einen neuen Heimathafen gefunden. Werner Heuser, Betreiber einer Motorradstation nahe der Glienicker Brücke, hat das Schiff aufgekauft. Es war Anfang der 50-er Jahre in der Köpenicker Werft des Bootsbauers Claus Engelbrecht vom Stapel gelaufen. Gleichzeitig entstanden zwei Schwesterschiffe, die im Ostseeraum eingesetzte „Störtebecker“ und ein an die Sowjetunion geliefertes Boot. Viel mehr weiß der 47-jährige Heuer nicht über die spätere Geschichte der Yacht – es gebe kaum Unterlagen.

Die „Albin Köbis“ – so wurde die Yacht nach einem hingerichteten Anführer des Kieler Matrosenaufstandes von 1917 benannt – weist den eleganten, in den 1930er Jahren entwickelten „Engelbrecht-Schnitt“ auf. Ihr 20 Meter langer Stahlrumpf bietet einem Konferenzraum und einem Sonnendeck Platz, das bei Regen mit einer Plane überzogen werden konnte. Mittschiffs liegen die winzige Kapitänskajüte, Miniküche und WC. Im Bug sind die Schlafstätten für die zweiköpfige Besatzung untergebracht. Für den Ausbau des Schiffs und die Möblierung war edles Tropenholz verwendet worden.

Als die Treuhand Anfang der 1990er Jahre die Yacht versteigerte, wurden noch 180 000 Mark geboten. Heute ist sie nur noch einen Bruchteil davon wert. Mehrfach wechselte sie die Eigner, die mit dem Schiff nicht zurecht kamen. Einer ließ es sogar absaufen. Nachdem sie wieder gehoben war, lag die „Albin Köbis“ auf der Werft eines Berliner Bekannten von Heuser. Als dieser sie dort sah, wusste er sofort: Damit kann ich mir den seit der Kindheit gehegten Traum vom eigenen Hausboot erfüllen.

Die Yacht wurde vorsichtig, da sie wieder zu sinken drohte, über den Wannsee geschleppt. Jetzt liegt sie vor Hermannswerder. Dort war sie zunächst auf Land gebracht worden, um ihren Unterboden instand zu setzen. „An einer Stelle fuhr der Sandstrahl, mit dem wir die Oberfläche entrosten wollten, durch den verrotteten Stahl in das Boot und auf der anderen Seite wieder heraus“, erinnert sich Heuser.

Inzwischen hat die „Albin Köbis“ wieder Wasser unterm Kiel. Immer am Wochenende werkelt Heuser an der Erfüllung seines Traums. Als gelernter „Motorschrauber“, wie er sich nennt, versteht er sich auf Metallarbeiten. Und er hat natürlich gleich erkannt, dass die beiden 190 PS starken H6-Motoren nicht mehr zu reparieren sind und ersetzt werden müssen.

Schwerer fallen Heuser die Holzarbeiten, bei denen er sich manchmal von einem Kumpel helfen lässt, der Bootsbauer ist. Zusammengerechnet 500 Meter Strecke waren allein bei der Reparatur des Deckparketts aus Pitchpine, einer zentralamerikanischen Kiefernart, zu bewältigen. Fast noch mehr zu tun bleibt im Inneren. Nachdem das Boot gesunken war, waren die durchfeuchteten Einbauten und Möbel ein gefundenes Fressen für Pilze und andere Holzschädlinge.

So kann Heuser sein Ziel, die Staats- Yacht innerhalb von fünf Jahren zu einem Hausboot auszubauen, nicht erreichen. „Macht aber nichts“, grinst er unbekümmert, „die DDR hat ihre Fünfjahrespläne ja auch nie erfüllt.“

Erhart Hohenstein

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