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Pflegekräfte während des Streiks am Donnerstag.

© Jan Skaletzka

Pflegestreik in Berlin: Vivantes befürchtet deutliche Einschränkungen in der Krankenversorgung

Am Donnerstag kamen mehrere Hunderte Teilnehmende zum Pflegestreik zusammen. Die Vivantes-Geschäftsführung erwartet die Schließung von 30 Normalstationen.

Hunderte Pflegekräfte und Servicepersonal der Berliner Krankenhäuser Charité und Vivantes haben am Donnerstag für bessere Arbeitsbedingungen demonstriert. Die Gewerkschaft verdi hatte zum Arbeitskampf aufgerufen. Die Beschäftigten fordern einen Personalschlüssel in den Kliniken, der sich nach der tatsächlichen Anzahl an Patientinnen und Patienten richtet sowie einen Entlastungstarifvertrag für den öffentlichen Dienst.

Auf einer Bühne vor dem Gebäude der Senatsfinanzverwaltung in der Klosterstraße in Mitte kamen Pflegekräfte zu Wort, sie sprachen von Überlastungen im Arbeitsalltag und unangemessener Bezahlung. Gegen 11.30 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung und lief mit musikalischer Untermalung und Sprechchören in Richtung Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung.

Am Molkenmarkt bekundeten mehrere wartende Autofahrer durch Hupen und mit den Händen geformten Herzen ihre Solidarität mit den Streikenden, der Demonstrationszug klatschte Beifall.

Die Vivantes-Geschäftsführung sprach am Mittag von einem Streik in zuvor nie dagewesenem Ausmaß. Die Verhandlungen seien unterbrochen, denn man müsse entweder verhandeln oder streiken, so Dorothea Schmidt, Geschäftsführerin Personalmanagement. Der Geschäftsführer des Klinikmanagements, Johannes Danckert, sagte, dass bis kommende Woche 30 Normalstationen sowie drei Intensivbereiche und insgesamt 1000 Betten schließen müssten. Die Klinikleitung rechnet also wegen des Streiks mit deutlichen Einschränkungen in der Krankenversorgung.

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"Der Streik wird deutliche Auswirkungen auf die betrieblichen Abläufe haben. Wir stellen jedoch sicher, dass es nicht zu einer Gefährdung von Patientinnen und Patienten führt wird", teilte Verdi-Verhandlungsführerin Meike Jäger am Donnerstag mit. Auf Anfrage der Deutschen Presse Agentur sagte sie, dass am Donnerstag noch kein einziges Bett aufgrund des Streiks geschlossen werden müsste. Erst ab Montag müssten erst in größerem Umfang Stationen und Betten gesperrt werden - allerdings über die diversen Vivantes-Standorte hinweg.

Verband warnte vor zu wenig Betten in Kliniken

Der Verband Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen Deutschlands hatte zuvor vor zu wenig Betten in Kliniken durch den Mangel an Pflegepersonal gewarnt, er sprach in der vergangenen Woche von einer Zuspitzung der Situation. Kinder und Jugendliche könnten teilweise nicht stationär aufgenommen werden und würden nach Brandenburg weitergeleitet. Als Sofortmaßnahme schlägt der Verband in einem Appell an die Politik vor, die Verordnung zu den Pflegepersonaluntergrenzen außer Kraft zu setzen, wenn die Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Berlin wegen personell bedingten Bettenmangels nicht mehr gesichert sei.

Streik am Donnertag - das sagen die Pflegekräfte

Auch Auszubildende der Charité waren auf der Demonstration am Donnerstag, sie kämpfen für ihr Recht auf eine angemessene Ausbildung. Joshua befindet sich in der Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger und kämpft für bessere Bedingungen. Azubis würden als billige Arbeitskräfte eingesetzt, sagt der 18-Jährige. Er hat den Anspruch, angemessen zu lernen, denn dafür sei die Ausbildung schließlich da. In diesem Zusammenhang resümiert er mit Blick auf die vergangenen Jahre: "Es hat sich nichts verbessert."

928 € weniger als Kolleginnen und Kollegen mit Tarifvertrag

Christina Husmann
Christina Husmann

© Jan Skaletzka

Christina Husmann beteiligt sich seit Mai an allen Demonstrationen. Sie selbst hat keinen Tarifvertrag und verdient 928 Euro brutto weniger im Monat als ihre Kolleginnen und Kollegen, die nach Tarif bezahlt werden. Sie arbeitet in der Reha-Tagesklinik des Auguste-Viktoria-Klinikums in Schöneberg, das zu Vivantes gehört. Die Differenz auf der Gehaltsabrechnung sei ein Unding, sagt die 26-Jährige.

„Auf der Intensivstation wird ein 1:2 Pflegeschlüssel angestrebt – doch in der Realität ist das selten“

Klaus
Klaus

© Jan Skaletzka

Klaus ist seit fast 30 Jahren Intensivpfleger an der Charité. Auch der 57-Jährige kämpft am Donnerstag für mehr Personal im Gesundheitswesen und für eine gerechte Bezahlung in den Kliniken. Insbesondere die Personallage habe sich in den letzten 29 Jahren verschlechtert, erzählt er am Rande der Demonstration. Von offizieller Seite würde ein Pflegeschlüssel von eins zu zwei angestrebt, doch der sei nirgends festgehalten und in der Realität selten. Eins zu drei sei unter diesen Umständen ein guter Schnitt, doch das werde einem Intensivpatienten eigentlich nicht gerecht. (mit dpa)

Jan Skaletzka

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