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Der Deckel klappert noch. Bei vielen Mietern stoßen die rot-rot-grünen Pläne auf Zustimmung, doch viele Juristen sind skeptisch.

© imago images/IPON

Opposition in Berlin prüft Rechtsmittel: So wollen CDU und FDP verhindern, dass der Mietendeckel in Kraft tritt

Im Berliner Abgeordnetenhaus erarbeitet die Opposition Wege, um den Mietendeckel umgehend zu kippen. Mieter müssten dann ihre bisherigen Mieten weiter zahlen.

Von Ronja Ringelstein

Es ist die Frage, die viele Mieter dieser Stadt bewegt: Wird der Mietendeckel – dauerhaft und rechtssicher – gegen überhöhte Mieten helfen?

Die Antwort kann der Berliner Senat nicht liefern. Seine Vertreter betonen, der Mietendeckel sei „juristisches Neuland“. Doch die Verunsicherung wächst, nachdem Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) am Dienstag in der Senatspressekonferenz allen Mietern riet, im Falle von Mietsenkungen die eingesparten Beträge zur Seite zu legen. Die Senatorin will das noch mit einer Aufklärungskampagne vor Einführung des neuen Gesetzes genauer kommunizieren.

Für die Gegner des Mietendeckels ist das der Beweis, dass nicht einmal mehr Lompscher an die Verfassungsmäßigkeit des geplanten Gesetzes glaube. Für Jan-Marco Luczak etwa, Berliner Bundestagsabgeordneter der CDU und Mietrechtsexperte seiner Fraktion, offenbare das, dass der Mietendeckel eine „populistische Scheinlösung“ der rot-rot-grünen Landesregierung sei.

„Frau Lompscher scheint zu merken, dass der Mietendeckel ein leeres Versprechen ist“, sagte Sebastian Czaja, Fraktionschef der FDP im Berliner Parlament, dem Tagesspiegel dazu und erkennt in dem Ratschlag Lompschers ein „erstes Zurückrudern“.

Opposition bringt sich für eine Klage in Stellung

Seit Mittwoch liegt der Gesetzesentwurf zum Mietendeckel vor, und obwohl das Abgeordnetenhaus das Gesetz zunächst noch verabschieden muss, bringt sich die Berliner Opposition bereits für eine Klage in Stellung. Es braucht ein Viertel der Mitglieder des Abgeordnetenhauses, um die Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm überprüfen zu lassen. Die Abgeordneten der CDU- und FDP-Fraktion haben gemeinsam das nötige Quorum für die abstrakte Normenkontrolle vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes. Die beiden Fraktionen sind miteinander im Austausch, derzeit suchen sie nach einer geeigneten Kanzlei, die sie bei dem Vorhaben vertritt.

Bei der Anzweiflung des Mietendeckels gehe es beiden Fraktionen um die fehlende Rechtssicherheit für Mieter und Vermieter, wie ihre Vorsitzenden Burkard Dregger (CDU) und Sebastian Czaja (FDP) betonen. So, wie der Mietendeckel derzeit ausgestaltet ist, sei er eben nicht rechtssicher.

Deshalb diskutieren sie nun auch die Möglichkeit, mit einer einstweiligen Anordnung durch das Gericht zu verhindern, dass das Gesetz überhaupt zur Anwendung kommt. „Wir haben das noch nicht entschieden. Wir wollen effizient und zielgerichtet vorgehen“, sagte Burkard Dregger dem Tagesspiegel. Wenn das Vorgehen zu mehr Rechtssicherheit führe, sei dies auch der richtige Weg.

„Würde mit der Normenkontrolle auch eine einstweilige Anordnung beantragt, könnte das Gesetz vorläufig suspendiert werden, also gar nicht in Kraft treten, sofern der Verfassungsgerichtshof dem Antrag stattgibt“, sagte Rechtswissenschaftler Christian Pestalozza dem Tagesspiegel. Pestalozza ist Professor an der Freien Universität.

Der Jurist betont, dass der Verfassungsgerichtshof wegen der meist weitreichenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung in einem verfassungsrechtlichen Verfahren auslöst, einen strengen Maßstab anlegt. Die negativen Folgen, nämlich dass Mieter im Falle der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes ihre Miete nachzahlen müssten und sich damit womöglich überschulden, könnten hier aber dafür sprechen, dass das Gericht dem Antrag folgen würde, meint Pestalozza.

Dann würden die Mieter vorerst ihre normale Miete weiterzahlen müssen, bis das Gericht in der Hauptsache entschieden hat, ob der Mietendeckel verfassungsgemäß ist oder nicht. Hätte der Mietendeckel Bestand, müssten in dem Fall natürlich die Vermieter am Ende die zu viel verlangten Beträge an ihre Mieter zurückzahlen.

Normenkontrolle vor dem Bundesverfassungsgericht

Zum Gegenstand der Normenkontrolle wird das Gesetz in seiner endgültigen Form, also so, wie das Abgeordnetenhaus es am Ende verabschiedet. Czaja hofft darauf, dass die Abgeordneten „noch die Möglichkeit nutzen, Vernunft zu zeigen und von dem Gesetz Abstand nehmen.“

Auch auf Bundesebene sind Abgeordnete der FDP und der CDU verabredet, mit einer abstrakten Normenkontrolle vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Die CDU hatte auf dem Bundesparteitag vergangene Woche einen entsprechenden Beschluss gefasst.

Jan-Marco Luczak spielt auch hier mit dem Gedanken einer einstweiligen Anordnung. „Das große Bedürfnis nach Rechtssicherheit spricht dafür“, sagte er dem Tagesspiegel. Allerdings sei die Frage eine juristische und keine politische. Hier solle man sich ausreichend Zeit nehmen, um das in Ruhe zu prüfen. „Dafür brauchen wir den endgültigen Gesetzestext, das ist jetzt noch zu früh“, sagte Luczak. Auch wenn der Wille in der CDU da sei, „loszulegen“.

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