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Die damalige Maikäfer-Kaserne in der Chausseestraße.

© wikipedia

November 1918: Die Schauplätze der Revolution in Berlin

An welchen Orten fand die Novemberrevolution vor 100 Jahren in Berlin statt - und wie sieht es dort heute aus? Eine Reise durch die Zeit.

Von Andreas Austilat

Arbeiter formieren sich zu Marschkolonnen, auf der Chausseestraße fallen Schüsse. Und der Kanzler wartet auf Nachricht vom Kaiser. Lesen Sie hier den Essay von Andreas Austilat über die Novemberrevolution 1918 in Berlin.

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© Tsp/Böttcher

1. Bebelplatz / Straße unter den Linden

Im November 1918 heißt der Bebel- noch Kaiser-Franz-Josef-Platz. Das Bild zeigt einen Demonstrationszug der die Linden hinunter zum Schloss zieht. Im Hintergrund erkennt man rechts das Alte Palais und links daneben die ehemals Königliche Bibliothek, die schon damals von der Universität genutzt wurde. Heute befindet sich dort die Bibliothek der Juristischen Fakultät. In der Mitte des Demonstrationszuges schwenkt ein Matrose in Marineuniform eine rote Fahne.

2. Garde-Ulanen-Kaserne / Invalidenstraße 55

Es ist der 9. November 1918, immer mehr Demonstranten tauchen vor den Berliner Kasernen auf und fordern die Soldaten auf, sich ihnen anzuschließen. So auch die Garde-Ulanen in der Invalidenstraße. Teile der Truppe legen die Waffen nieder, das Regiment wird aufgelöst. Doch im Januar werden viele einstige Ulanen zurückkehren und sich den Freikorps anschließen, die an der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg beteiligt sind. 1943 nutzt die SS die Ställe der Kaserne, um dort jüdische Bürger Berlins zu sammeln, die anschließend am Moabiter Güterbahnhof die Züge nach Auschwitz besteigen müssen. Die Kaserne wird 1955 abgerissen, in den 1970er Jahren wird dort die Heinrich-Zille-Siedlung errichtet.

3. Maikäferkaserne / Chausseestraße

Die Kaserne der Garde-Füsiliere in der Chausseestraße. Bei einem Handgemenge vor dem Tor sterben drei Demonstranten, unter ihnen Erich Habersaath, der erste Tote des Tages. Nach ihm wird später die ehemalige Kesselstraße benannt, die zu einem Nebentor der Kaserne führt. Lange befand sich auf dem Gelände, der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Kaserne, das Stadion der Weltjugend. Heute ist dort der Sitz des Bundesnachrichtendienstes.

4. Vor dem Berliner Schloss / Lustgartenseite

Am 29. Dezember findet vor dem Schloss eine Kundgebung zum Gedenken an die Matrosen statt, die bei den Kämpfen mit Freikorpsangehörigen an Weihnachten getötet wurden. Der Redner auf der Balustrade ist Otto Tost, zeitweise Befehlshaber der Volksmarinedivision. Im Hintergrund erkennt man in der Mitte das heute nicht mehr existierende Gebäude der Danat-Bank. Rechts am Rand der Straße Unter den Linden, die Kommandantur. Äußerlich rekonstruiert ist dort heute die Hauptstadtrepräsentanz der Bertelsmann-Stiftung.

5. Circus Busch, James-Simon-Park

Der Circus Busch an der Burgstraße ist damals beliebte Vergnügungsstätte, der Kuppelbau fasst 4000 Zuschauer. Am 10. November ist er Schauplatz der Vollversammlung der Berliner Arbeiter- und Soldatenräte. Bestätigt wird der Rat der Volksbeauftragten, gebildet von SPD und USPD, der bis zum Jahresende die Regierungsgeschäfte führt. Der Circus wurde 1937 abgerissen, heute befindet sich dort ein Park, zu sehen am rechten Bildrand.

6. Berliner Schloss, Portal IV

Am 24. Dezember wurde das Schloss von Freikorps-Truppen mit Artillerie beschossen, um die Volksmarinedivision zu vertreiben, doch die behauptete sich. Das Original wurde zu DDR-Zeiten in das Staatsratsgebäude eingefügt, Liebknecht hatte einst vom Balkon die sozialistische Republik ausgerufen. Liebknecht hatte einst vom Balkon zur Lustgartenseite hin die sozialistische Republik ausgerufen.

7. Schlossplatz, Ecke Breite Straße

Das Bild zeigt Soldaten auf der anderen Seite des Schlosses, an der Ecke Breite Straße vor dem Marstall, vermutlich um Weihnachten 1918, als der Streit um die Besetzung des Schlosses durch die Volksmarinedivision eskalierte und zur Schlacht mitten im Stadtzentrum geriet. Die Männer dürften die Situation hier nachgestellt haben, während der Kämpfe hätten sie sich kaum so exponieren können. Heute ist die Fassade des Schlosses im Hintergrund an dieser Stelle weitgehend rekonstruiert.

8. Marinehaus, Märkisches Ufer 48-50

Das Marinehaus ist das letzte Hauptquartier der Volksmarinedivision. Per Handzettel wurden zu Beginn der Revolution die überall in der Stadt auftauchenden Matrosen der Kriegsmarine aufgefordert, sich am 11. November im Neuen Marstall zu melden, dort wurde die Division als eine Art Schutztruppe der jungen Republik aufgestellt. Lange begriff sich die Division als überparteilich. Doch im Dezember geriet sie immer stärker in Opposition zur Mehrheit der Sozialdemokraten. Der Streit eskaliert Weihnachten in Kämpfen um das Berliner Schloss. Im März 1919 wird die Truppe aufgelöst, das Bild zeigt die Abgabe der schweren Waffen. Das Marinehaus steht heute noch, in DDR-Zeiten wurde dort eine Gaststätte eingerichtet, im Erdgeschoss ist im Haus immer noch ein Restaurant.

9. Friedrichstraße Ecke Kochstraße

Die Aufnahme der Straßenkämpfe ist vermutlich im Januar 1919 entstanden. Darauf deutet die Werbung auf der Litfaßsäule hin. Das aktuelle Foto zeigt die direkt gegenüberliegende Straßenecke.

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