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Der Mietendeckel gilt vorerst fünf Jahre.

© Christoph Soeder/dpa

Update

Notbremse für einen überhitzen Markt: Grüne sehen den Berliner Mietendeckel nicht als Dauerlösung

Die grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch will den Deckel nicht ewig behalten. Sie schlägt andere Modelle vor, um ihn zu ersetzen.

Die Spitzenkandidatin der Berliner Grünen für die Abgeordnetenhauswahl, Bettina Jarasch, sieht den Mietendeckel nicht als Dauerlösung - lässt aber offen, wann sie ihn wieder abschaffen will.

Er sei bewusst eingeführt worden als Notbremse für einen völlig überhitzten Markt, sagte die 52-Jährige am Dienstag bei der Vorstellung eines Entwurfs für das Grünen-Wahlprogramm. „Das heißt, man kann ihn nicht einfach verewigen.“ Aber man könne ihn auch nicht einfach auslaufen lassen.

Wichtig sei daher, neue Instrumente zu entwickeln, um neuen Wildwuchs bei den Mietpreisen nach dem Ende des Deckels zu verhindern. „Deswegen arbeiten wir jetzt schon daran, dass es ein Mietenkataster gibt“, sagte Jarasch.

„Dass wir also ganz genau wissen, welche Mieten von welchen Eigentümern in dieser Stadt genommen werden, welche Standards Wohnungen haben.“ So werde eine Grundlage geschaffen, um auch in Zukunft Einfluss auf die Mietpreisentwicklung nehmen zu können.

Zur Frage, ob der Mietendeckel aus ihrer Sicht wie bisher geplant 2025 auslaufen oder dann womöglich noch einmal verlängert werden soll, äußerte sich die Grünen-Politikerin nicht.

Franziska Giffey will den Mietendeckel nicht verlängern

Im Dezember hatte die SPD-Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl, Franziska Giffey, eine Verlängerung des Deckels über 2025 hinaus abgelehnt. Er sei als Atempause gedacht, die Zeit müsse für mehr Neubau genutzt werden. Nach fünf Jahren „muss man auch zu anderen Wegen kommen, damit eben Investoren nicht sagen, ich gehe woanders hin“, sagte Giffey im RBB.

Vor dem Deckel erfolgte Mietregulierung nicht zuletzt über den Mietenspiegel, der eine Übersicht über ortsübliche Durchschnittsmieten bot. Auf deren Grundlage galten Begrenzungen für Mieterhöhungen. Wegen des Deckels hat der Mietenspiegel indes keine Gültigkeit mehr.

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Das bundesweit einmalige, von Rot-Rot-Grün beschlossene Berliner Mietendeckel-Gesetz gilt seit 23. Februar 2020. Die Mieten sind für rund 1,5 Millionen Wohnungen bis 2025 auf dem Stand von Juni 2019 eingefroren. Sie dürfen erst ab 2022 um höchstens um 1,3 Prozent jährlich steigen.

Wird eine Wohnung wieder vermietet, muss sich der Vermieter an Obergrenzen und die zuletzt verlangte Miete halten. Seit 23. November müssen überhöhte Mieten abgesenkt werden. Nach Klagen unter anderem von Union und FDP wird das Bundesverfassungsgericht im Verlauf dieses Jahres darüber befinden, ob der Mietendeckel rechtmäßig ist.

Wohnungsgenossenschaften sollen mehr Fläche bekommen

„Wir stehen zum Mietendeckel“, betonte Jarasch. Sie hoffe sehr, dass er juristisch bestätigt werde. Derzeit prüfe ihre Partei, ob ein solches Instrument auch für Gewerbemieten auf Landesebene eingeführt werden könne. Diese Frage sei aber rechtlich schwierig.

In der Wohnungspolitik ist nach den Worten Jaraschs ein Dreiklang aus Wohnungsbau, Mietenregulierung und Ankauf von Wohnraum nötig. Ziel der Grünen sei, mindestens die Hälfte der Wohnungen in der Hand von gemeinwohlorientierten Vermietern zu haben. Teil eines „Masterplans für gemeinwohlorientiertes Wohnen“ müsse unter anderem die Bereitstellung von mehr Flächen für Wohnungsgenossenschaften sein.

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Neben dem Thema Mieten setzen die Grünen im Wahlkampf auf Schwerpunkte wie eine funktionierende Verwaltung, eine zukunftsfähige Wirtschaft, den Kampf gegen Rechtsextremismus sowie eine Verstetigung der von Rot-Rot-Grün eingeleiteten ökologischen Verkehrswende.

Da der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs mit E-Bus-Flotte, neuen S- und U-Bahnen sowie neuen Bus-, Tram- und U-Bahn-Strecken viel Geld koste, benötige der Nahverkehr eine dritte Finanzierungssäule, erklärte Jarasch.

Ein mögliches Instrument sei eine City-Maut für Autos. Es gebe aber auch andere Ideen, über die die Grünen zu reden bereit seien. Ziel sei es, ab 2030 keine Verbrennerautos mehr innerhalb des S-Bahn-Rings zu haben.

In einer früheren Version des Textes hieß es, dass Bettina Jarasch nicht mit einer Verlängerung des Mietendeckels reche. Diese Einordnung ist von der Deutschen Presse-Agentur korrigiert worden. (dpa)

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