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Maximal 53 Kinder dürfen in die Kita, wenn die Hygiene-Vorgaben eingehalten werden sollen.

© Monika Skolimowska/dpa-

Notbetreuung bringt Kitas in Not: „Die Situation wird sich zuspitzen“

Seit Donnerstag gilt in Berlin die erweiterte Notbetreuung. Den Kitas macht das Probleme. Eine Leiterin aus Tempelhof erzählt, wie sie den ersten Tag erlebt hat.

Der Vater hatte gerade sein Kind abgegeben, aber bevor er ging, wollte er Sahira Zarth noch etwas sagen. „Ich bin sehr überrascht, wie freundlich sie sind, obwohl sie mit ständig wechselnden Vorgaben arbeiten müssen“, teilte er am Donnerstagvormittag der Leiterin der Kita MaRiS in Neu-Tempelhof mit.

Auch sonst hörte die 48-Jährige gestern keine Kritik. Das ist bemerkenswert, weil nur 53 Kinder in der Kita auftauchten. 53 ist die Maximalgrenze, wenn die Hygiene-Vorgaben eingehalten werden sollen. 200 Plätze hat die Kita insgesamt.

Es war der erste Tag der erweiterten Notbetreuung, eigentlich hätten jetzt 87 Kinder in der Kita spielen müssen. Doch die Vorschulkinder der Kita MaRiS und deren Geschwister, die seit Donnerstag auch einen Betreuungsanspruch haben, dürfen erst am Montag kommen.

Das haben Sahira Zarth und ihre Leitungskollegin Alice Thieke am Dienstagabend in einer Videokonferenz mit den Elternvertretern der Kita vereinbart. „Es geht nicht anders“, sagt Zarth. Die neuen Betreuungsvorgaben der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie waren schließlich erst am Dienstagvormittag bei den Kita-Leiterinnen eingetroffen.

„So kurzfristig, wie sich die Verwaltung das offenbar vorstellt, kann ich keine Dienstpläne umstellen“, sagt sie. „Ich muss ja mehr Personal einteilen. Auch der Catererer und die Reinigungsfirma können sich nicht so schnell auf mehr Kinder als geplant umstellen.“

Sahira Zahrt ist eine der vielen Führungskräfte, die mit den kurzfristigen Änderungen klar kommen müssen. Und die 48-Jährige hat schnell mitbekommen, dass nicht nur sie mit den abrupten Änderungen überfordert ist. „Mehrere Kitas können erst am Montag Vorschulkinder und deren Geschwister aufnehmen.“

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Am Mittwochvormittag hatte Zarth die Eltern über die neuen Regeln und die verzögerte Umsetzung informiert. Parallel musste sie an diesem Tag eine Flut von telefonischen und persönlichen Fragen der Eltern beantworten. 80 Mails kam noch dazu.

Aber das Hauptproblem ist nur verschoben. „Wir können ab Montag die Vorgaben zur Hygiene nicht mehr einhalten, völlig unmöglich“, sagt die Kita-Leiterin. Theoretisch hätten schon seit Donnerstag insgesamt 120 Kinder einen Anspruch auf Notbetreuung gehabt, davon allein rund 100 mit Eltern in systemrelevanten Berufen.

Doch viele dieser Eltern haben ihr Kind bisher nicht in die Kita gebracht. „Die haben zu Hause gearbeitet, deshalb konnten wir die Grenze von 53 Kindern einhalten“, sagt Sahira Zarth. „Aber jetzt werden die Einschränkungen runter gefahren, jetzt müssen wieder viele zur Arbeit.“ Angemeldet für Montag sind auf jeden Fall 87 Kinder. Wie viele danach kommen, ist völlig offen.

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Sahira Zarth und ihre Leitungskollegin Alice Thieke wissen nicht, wie sie mit dem Problem der Vorgaben umgehen sollen. Sie haben die zuständige Kita-Aufsicht per Mail um Rat gebeten, doch die schiebt die Verantwortung zurück. Am Donnerstag antwortete sie dem Träger der Kita MaRiS: „Bei der von Ihnen geschilderten Situation können unsere Empfehlungen (keine Auflagen) nicht eingehalten werden. Schlussendlich haben Sie als Träger auch die Entscheidungsbefugnis.“

Eine Vertreterin des Trägers sagte am Donnerstag, sie sei empört über die Mail. Was ist, wenn sich ein Kind infiziert, weil die Vorgaben nicht eingehalten werden? Mit dieser Frage fühlt sich auch Sahira Zarth allein gelassen.

Zunehmend „verzweifelte Eltern“

Rückhalt erhalten sie und ihre Kollegin Thieke von Eltern. „Die reagieren sehr verständnisvoll“, sagt Sahira Zarth, „sie sind dankbar, dass wir den Scherbenhaufen wegräumen, den uns die Senatsverwaltung vor die Füße geworfen hat.“ Andererseits stößt sie zunehmend „auf verzweifelte Eltern, die nicht mehr Ein und Aus wissen. Wir fangen viele emotional auf.“

Allerdings registrierte sie auch empört, dass Eltern mitunter schon aus der Presse Informationen besaßen, welche die Senatsverwaltung der Kitaleitung noch gar nicht offiziell mitgeteilt hatte.

Ab 25. Mai haben noch mehr Kinder als jetzt Anspruch auf eine Notbetreuung. „Und dann“, sagt Sahira Zarth frustriert, „wird sich die Situation zuspitzen.“

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