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Das Baugelände der Tesla-Gigafactory bei Grünheide östlich von Berlin.

© Patrick Pleul/dpa

Update

Niederlage für Naturschützer: Gericht lehnt Eilantrag gegen Tesla-Vorabzulassung in Grünheide ab

Es geht um Anlagenprüfungen und Tanks für die Abwasserreinigung: Der Testbetrieb dient gerade dem Umweltschutz, teilt das Verwaltungsgericht den Klägern mit. 

Es gibt vorerst keinen sofortigen Baustopp auf der Baustelle der neuen Tesla-Gigafactory in Grünheide. Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) hat am Dienstag eine Eilklage des Naturschutzbundes Brandenburg (Nabu), mitgliederstärkste Umweltorganisation in der Mark, und der Grünen Liga abgelehnt.

Sie wollten einen umgehenden Stopp der Maschinentests etwa in der Lackiererei, durchsetzen. Die Umweltverbände schließen nicht aus, dass sie in die nächste Instanz ziehen und das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) wie bereits bei Waldrodungen im Vorjahr über das Milliardenprojekt entscheiden muss.

„Wir müssen uns mit der Begründung auseinandersetzen. Wir prüfen, ob wir in die nächste Instanz gehen“, sagte Nabu-Landesgeschäftsführerin Christiane Schröder dem Tagesspiegel. „Uns geht es nicht darum, um jeden Preis zu klagen. Uns geht es darum, dass es naturschutzfachlich keine Mängel gibt.“ Auch die Grüne Liga prüft, wie man mit dem Urteil umgeht, sagte Landesgeschäftsführer Michael Ganschow dem Tagesspiegel. "Das Gericht hat vor der komplexen rechtlichen und tatsächlichen Materie kapituliert." 

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Tatsächlich findet sich im Urteil des Verwaltungsgerichtes der Satz, dass "nach dem heranzuziehenden summarischen Prüfungsmaßstab" die Rechtmäßigkeit der Zulassung der Anlagentests "von der Kammer derzeit nicht abschließend beurteilt werden" kann.    

Das Landesumweltamt hatte dem US-Elektroautobauer auf eigenes Risiko mit der mittlerweile 15. Vorabzulassung zur Errichtung der Fabrik parallel zum laufenden Hauptgenehmigungsverfahren am 1. Juni 2021 erlaubt, nun auch schon Anlagen- und Maschinentests vorzunehmen, unter anderem in der Lackiererei. Die Umweltverbände hatten in der Eilklage vorgebracht, dass durch ein Störfallgutachten offenbarte Sicherheitsmängel in der Lackiererei missachtet würden.

Verwaltungsgericht: Keine Gefährdung durch Probebetrieb

Doch das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) hält, wie aus seiner Mitteilung hervorgeht, einen Test-Stopp nicht für gerechtfertigt. Es würden sich zwar „zahlreiche komplexe Tatsachen- und Rechtsfragen“ stellen, die auch „störfallrechtliche Belange“ betreffen, so das Gericht. Davon hänge die Prognose ab, ob das Vorhaben weiter mit einer Genehmigung rechnen könne, also von einer „positiven Genehmigungsprognose“ auszugehen sei. Doch in der „gebotenen Interessenabwägung“ habe das Interesse von Tesla das der Umweltverbände überwogen.

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„Es war nicht ersichtlich, dass von den zeitlich begrenzten Funktionstests Gefahren im Sinne der Störfallverordnung ausgehen würden, die im Interesse der Allgemeinheit nicht mehr hingenommen werden könnten“, schreibt das Gericht. „Der Umfang der Zulassung umfasst dabei lediglich die kurzzeitige Inbetriebnahme einzelner Anlagenteile zu Testzwecken und gerade keine regulären betrieblichen Tätigkeiten. Eine Überwachung der Maßnahmen ist abgesichert.“

Und: „Eine tatsächliche Gefährdungssituation durch erhebliche und irreversible Nachteile für die Umwelt, maßgeblich in Form schädlicher Emissionen, ist im Hinblick auf den Probebetrieb der Anlagenteile nicht zu erwarten.“ Tesla müsse die Geräte prüfen, „auch um etwaige Mängelgewährleistungsrechte geltend machen zu können.“

Das Verwaltungsgericht spielt den Ball sogar an die Verbände zurück: „Der zeitweise Probebetrieb diene auch dazu, die technischen Vorkehrungen zum Schutze der Umwelt zu optimieren und mögliche schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden.“ Außerdem hätten die Umweltverbände vorher mehrfach vorzeitige Genehmigungen nicht angegriffen „und stattdessen zugewartet, bis bereits große Teile des Vorhabens errichtet und die wesentlichen Anlagen und Geräte installiert wurden“. 

Vergeblich hatte Rechtsanwalt Thorsten Deppner für die Umweltverbände noch am Dienstag eine weitere Stellungnahme samt einer neuen Störfall-Expertise eingereicht, erstellt für den Nabu Fürstenwalde und die Bundesvereinigung von Umweltschutz-Bürgeriniativen. Die weist nach, dass Tesla im Störfallgutachten von Müller BBM vom 5.Mai 2021 offenbarte Sicherheitsmängel  bei einer etwaigen Freisetzung des giftigen Kältemittels "Tetrafluorpropen" auch bei der inzwischen erfolgten Neuauslegung des Genehmigungsantrages der Gigafactory wegen der Erweiterung um eine Batteriezellfertigung nicht beseitigt hat. Es finde "eine systematische Unterschätzung der Freisetzungsrate" statt, lautet das Fazit. In diese Inhalte, in diese Details war das Verwaltungsgericht gar nicht eingestiegen. Die Stellungnahme der Umweltverbände samt Störfallexpertise war entsprechend der Frist kurz vor Ablauf am Dienstag gegen 13 Uhr an das Gericht gegangen. Das Urteil war da - nach den Metadaten des später an die Parteien verschickten  PDF-Dokuments - schon knapp zwei Stunden fertig, seit 11:10 Uhr.   

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