Neuköllner Schülerin seit einem Jahr vermisst: Anwalt von Rebeccas Eltern zieht Parallelen zu NSU-Ermittlungen
Der Anwalt der Eltern von Rebecca Reusch, die seit einem Jahr vermisst wird, kritisiert die Ermittlungen der Polizei. Er zieht zudem einen gewagten Vergleich.
Vor rund einem Jahr verschwand die 15-jährige Rebecca Reusch aus Berlin-Britz spurlos. Die Polizei geht von einem Mord aus. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Mädchen im Haus ihres Schwagers getötet wurde. Kurz nach Rebeccas Verschwinden wurde ihr 27-jähriger Schwager verdächtigt und festgenommen, ein Haftbefehl wurde aber am 22. März 2019 aufgehoben.
Jetzt äußerte sich der Anwalt von Rebeccas Eltern, Khubaib Ali Mohammed, in einem Interview mit der Boulevardzeitung „B.Z.“ und zieht bei den Ermittlungen Parallelen zum NSU-Skandal.
„Die zu frühe Versteifung auf die Tathergangs-These durch die Polizei beschädigt die Ermittlungen langfristig und weitreichend und verhindert im Extremfall auch die Aufklärung“, sagte der Anwalt. Er war als Opferanwalt in den NSU-Prozess eingebunden. Auch im Potsdamer Prozess gegen den Kindermörder Silvio S. war Ali Mohammed involviert.
„Die Verbissenheit, mit der im Fall Rebecca immer wieder ausschließlich der Schwager durch die Ermittler der Fokus der Ermittlungen ist, erinnert mich sehr an die NSU-Ermittlungen.“ Bei diesen hätten die Ermittler jahrelang an der These festgehalten, dass es um Schutzgelderpressung ging.
Chronologie des Verschwindens von Rebecca Reusch
- 18. Februar 2019: An diesem Montag verschwindet die 15-Jährige aus dem Haus ihrer älteren Schwester und ihres Schwagers
- 21. Februar 2019: Die Polizei veröffentlicht ein Foto des vermissten Mädchens
- 23. Februar 2019: Die Polizei teilt mit, dass eine Mordkommission den Fall Rebecca übernimmt
- 28. Februar 2019: Ermittler nehmen Rebeccas Schwager wegen Mordverdachts fest
- 29. Februar 2019: Der Schwager wird freigelassen und am 4. März erneut verhaftet
- 22. März 2019: Der Haftbefehl gegen Rebeccas Schwager wird aufgehoben, er darf die U-Haft verlassen
- Immer wieder sucht die Polizei nach der Leiche, unter anderem im Wolziger See, im Herzberger See, in einem Waldgebiet nahe Rieplos und in einem Waldstücke nahe Kummersdorf
Der im Fall Rebecca ermittelnde Staatsanwalt Martin Glage sagte vor Kurzem in der „B.Z.“: „Wir haben, nachdem die Tat bereits ein Jahr zurückliegt und umfangreiche Ermittlungen geführt wurden, keine Hoffnung mehr, dass Rebecca noch lebt.“ Er hoffe dennoch weiterhin, dass sie noch gefunden werde.
Die Familie habe „in Teilen mit Unverständnis“ auf die Aussagen der Staatsanwaltschaft reagiert, so der Anwalt. Während die Staatsanwaltschaft davon ausgehe, dass Rebecca tot sei, glaube die Familie offenbar an eine Entführung. Es gebe bisher keinen Beweis, dass das Mädchen nicht mehr lebt, sagte Ali Mohammed.
Die Familie kritisiere auch das Fahndungsfoto. Dieses sei ein bearbeitetes Foto und ohne Absprache mit der Familie verwendet worden. Es gebe ein falsches Bild ihrer Tochter wieder. Auch die Familie selbst hätte das Mädchen so nicht auf der Straße erkannt. (mit dpa)
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