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Abstand halten. Mit der Tonangel interviewn die Macher des Podcasts "Reuterrundfunk" Nachbarn am Balkon.

© promo

Neuköllner „Reuterrundfunk“: Ein Quarantäne-Podcast für die Nachbarschaft

Im Neuköllner Reuterkiez lernen sich Nachbarn über einen gemeinsamen Podcast kennen. Der könnte auch über die Krisenzeit hinaus bestehen.

In der Coronakrise Nachbarn vernetzen, statt zu trennen – das war die Idee von vier Neuköllnern aus dem Reuterkiez. Kurzerhand gründeten sie einen eigenen Quarantäne-Podcast, den „Reuterrundfunk“. Gefunden haben sich Julia Tieke, Julia Kandzia, Georg Kössler und Mike Jakob über eine Telegram-Chatgruppe, in der sich Menschen aus dem Kiez in der Pandemie gegenseitig unterstützen wollen.

„Ich habe da geschrieben, dass man ja mal überlegen könnte, was man für den Kiez anbieten kann – einen Gabenzaun, einen Podcast, Zettel aufhängen“, erzählt Julia Kandzia am Telefon. Der Gabenzaun habe sich schnell entwickelt, aber es fanden sich auch Interessenten für den Podcast.

Per Videochat besprachen Kandzia, Tieke, Kössler und Jakob das Konzept. „Unsere Idee war: Wir sind alle in diesem Kiez mehr oder weniger gefangen und müssen damit irgendwie umgehen und den Kiez auch neu kennenlernen“, sagt Kandzia. „Dann ist es ja eigentlich schön, zu wissen, wer in dem Haus gegenüber wohnt und wie die Person den Tag verbringt.“ In Folge 10 berichten etwa zwei Nachbarn, wie sie ihre Geburtstage – den 30. und den 98. – nun anders als geplant feiern.

Reuterrundfunk-Team
Reuterrundfunk-Team

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Klar sei von Anfang an gewesen, dass der Podcast interaktiv sein sollte und Leute ihre eigenen Beiträge und Erzählungen einsenden können. Julia Tieke, die selbst als Radiojournalistin arbeitet, steuerte Equipment und ihre Erfahrung im Umgang mit Schnittprogrammen bei.

Viele finden die Situation auch angenehm

„Dann sind wir erst einmal herumgelaufen, haben Leute interviewt und dabei unser erstes Material gesammelt“, erzählt Kandzia weiter. Sie befragten etwa Menschen auf den Balkonen per Mikrofonangel, sprachen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Läden und nahmen kurze Interviews auf. Auch zugeschickte Beiträge haben die vier bekommen.

[330.000 Leute, 1 Newsletter: Die Autorin dieses Textes, Madlen Haarbach, schreibt den Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Neukölln. Den gibt es hier: leute.tagesspiegel.de]

Mittlerweile sind zwölf Folgen entstanden, die bislang weit mehr als 2000 Mal angehört wurden. Erscheinen sollen die Beiträge jeweils mittwochs und sonntags. Aufgenommen und produziert werden die Folgen in der Freizeit, neben Jobs und Kindern: Kandzia und Jakob arbeiten für Demokratie- und Klimaschutzprojekte, Kössler sitzt für die Grünen im Abgeordnetenhaus und Tieke arbeitet beim Radio.

„Es ist superspannend und macht total Spaß, auch zu sehen, was die Leute für unterschiedliche Schwerpunkte legen in ihren Erzählungen“, sagt Kadzia.

Viele Menschen würden die aktuelle Situation durchaus angenehm finden – wobei das vielleicht auch daran liegen könnte, dass die vier hauptsächlich die befragen und interviewen, die nicht hinter geschlossenen Fenstern in der eigenen Wohnung bleiben. „An die kommen wir halt schlecht ran“, sagt Kadzia. Je nach Kapazitäten und Hörerzahlen könnte sie sich auch vorstellen, das Projekt Kiez-Podcast über die Quarantänezeit hinaus fortzuführen.

Den Podcast kann man kostenfrei unter soundcloud.com/reuterrundfunk anhören.

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