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Die Neuköllner Begegnungsstätte, eine Moschee in der Flughafenstraße.

© Mike Wolff

Neuköllner Dar-as-Salam-Moschee: Innensenator: „Die Beobachtung läuft weiter“

Der Verfassungsschutz setzt die Beobachtung der Neuköllner Dar-as-Salam-Moschee fort.

Von Frank Jansen

Der Berliner Verfassungsschutz gibt im Konflikt mit der Neuköllner Dar-as-Salam-Moschee nicht auf. „Die Beobachtung läuft weiter“, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung des Jahresberichts der Behörde für 2017. Der Nachrichtendienst hatte den Moscheeverein, der sich „Neuköllner Begegnungsstätte“ (NBS) nennt, aus dem Report herausgenommen. Anlass war ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom Juli. Die Richter hatten dem Verfassungsschutz untersagt, die NBS zu erwähnen, solange die Funktion des Vereins im Geflecht des legalistischen Islamismus nicht klargestellt werde. Der Nachrichtendienst hatte die NBS seit 2014 in seinen Jahresberichten genannt und von Verbindungen der Moschee zur islamistischen Muslimbruderschaft gesprochen. Das war dem Gericht nicht präzise genug. Ein Verbot, die NBS zu beobachten, gab es allerdings nicht.

Die Senatsinnenverwaltung entschied dann, die NBS und drei weitere Moscheevereine mit mutmaßlichen Verbindungen zur Muslimbruderschaft im Jahresbericht 2017 nicht aufzuführen. Das sei aber „kein Präjudiz“ für den Jahresbericht 2018, betonte Geisel. Und er sei „kein Freund davon“, das Spektrum des legalistischen Islamismus nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Zum legalistischen Islamismus zählt der Verfassungsschutz Moscheevereine, die anders als die Salafisten keine Gewalt predigen. Bei den Muslimbrüdern sieht der Nachrichtendienst die Doppelstrategie, sich nach außen betont dialogbereit zu geben, intern aber eine islamistische Agenda zur Durchsetzung der Scharia zu verfolgen.

Zahl der Salafisten steigt

Im Jahresbericht rechnet der Verfassungsschutz der Muslimbruderschaft in Berlin konstant 120 Personen zu. Weitere 70 zählen zur palästinensischen Terrororganisation Hamas, die ihre Wurzeln bei den Muslimbrüdern hat. Die stärkste und weiterhin wachsende islamistische Bewegung sind in Berlin wie auch bundesweit die als besonders fanatisch geltenden Salafisten. Im Jahresbericht 2017 ist von 950 Salafisten die Rede, das sind 110 mehr als 2016. Knapp die Hälfte, insgesamt 420, gilt als gewaltorientiert. Fast alle islamistischen Terroristen entstammen der Salafistenszene. Aktuell zählt der Verfassungsschutz sogar 990 Salafisten. Darüber hatte der Tagesspiegel bereits vergangene Woche berichtet.

Von den 130 Salafisten, die von Berlin in die Kriegsregion Syrien-Irak gereist waren, sind etwa 20 ums Leben gekommen und ungefähr 60 wieder zurückgekehrt. Unter ihnen gebe es auch Jugendliche, sagte der Innensenator. Er kündigte an, die Programme zur Deradikalisierung würden deutlich verstärkt.

Das gesamte islamistische Spektrum in Berlin wuchs 2017 auf 1945 Personen (2016: 1890). Auch in anderen extremistischen Szenen gab es teilweise Zulauf. Die Zahl der Reichsbürger stieg im vergangenen Jahr um 100 auf 500, aktuell sind es bereits 550. Ein Fünftel stuft der Verfassungsschutz als rechtsextrem ein. Die rechte Szene insgesamt veränderte sich wenig. Im Jahresbericht ist von 1430 Personen die Rede, das sind 20 weniger als 2016. Wie damals schon stuft der Nachrichtendienst 700 Rechtsextremisten als gewaltorientiert ein.

Sonderthema Antisemitismus

Im linksextremen Spektrum legte der Verein „Rote Hilfe“ kräftig zu (2017: 1450 Mitglieder, 2016: 1300). Die Organisation unterstützt Linksradikale, die wegen politisch motivierter Straftaten Ärger mit Polizei und Justiz haben. Die Szene insgesamt wuchs um 160 Personen auf 2950. Als gewaltbereit gelten 980 Autonome und „Postautonome“. Letztere treten nach außen halbwegs gemäßigt auf.

Bei den ausländischen Extremisten jenseits des Islamismus kommt der Verfassungsschutz auf unverändert 1100 Anhänger der kurdischen Terrororganisation PKK und 400 Personen bei der türkischen Nationalistenbewegung Ülkücü.

Angesichts vieler judenfeindlicher Angriffe in Berlin hat der Verfassungsschutz in den Bericht ein „Sonderthema Antisemitismus“ eingefügt. Erklärt wird, welche Rolle der Hass auf Juden in extremistischen Milieus spielt.

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