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Das „Museum des Kapitalismus“ in der Köpenicker Straße.

© promo

Neues Museum in Berlin: Auf Karl Marx’ Spuren

In Berlin-Kreuzberg lädt neuerdings das „Museum des Kapitalismus“ zur Diskussion ein. Ein kurzer Besuch vor Ort.

Wo sonst, wenn nicht in Berlin, könnte solch ein Museum eröffnen? Die Hauptstadt ist die Stadt der Hausbesetzer, der Quer- und Umdenker. Jetzt hat sie auch ein „Museum des Kapitalismus“. Am Freitagabend kurz vor der großen Eröffnung in Kreuzberg sind die jungen Organisatoren noch längst nicht fertig mit dem Aufbau. Während sie werkeln und räumen – der Sekt steht schon kalt – erklärt Sylwia Rafinska, eine der Mitorganisatorinnen, was sie sich dabei gedacht haben.

Denn das Museum des Kapitalismus ist ein Herzensprojekt. Eine Gruppe von acht Studierenden und Berufsanfängern, alle Mitte bis Ende 20, wird das neue Museum ehrenamtlich stemmen. Für ihre Ausstellungen mieten sie als "Verein für Bildung und Partizipation" die Räumlichkeiten auf rund 150 Quadratmetern Fläche mitten in Kreuzberg von einer Wohngenossenschaft. Miete und Materialkosten zahlen sie mithilfe von Fördergeldern und Spenden, unter anderem durch die Landeszentrale für politische Bildung, das EU-Programm „Youth in Action“ und die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Für ein Jahr ist die Miete gesichert. Danach wird man weitersehen, sagt Rafinska, „aber das wird schon laufen“.

Ein komplexes Thema

Die Organisatoren haben Erfahrung in dem, was sie tun. 2014 haben sie die erste temporäre Ausstellung auf die Beine gestellt, damals noch in einem leerstehenden Supermarktgebäude in Neukölln. Es folgten mehrere weitere Ausstellungen, unter anderem während des G20-Gipfels in Hamburg. „Trial and Error war das damals“, erinnert sich Rafinska. Sie bauen alle Ausstellungsstücke selbst aus Materialien wie Holz, Metall, Plastik oder auch Playmobil-Figuren. Zwei von ihnen haben Politikwissenschaften studiert, ein Soziologe ist dabei und ein Lehrer.

„Der Kapitalismus ist ein sehr komplexes Thema“, sagt Rafinska. Das Thema wollen die Organisatoren im neuen Museum möglichst anschaulich darstellen, auseinandernehmen, infrage stellen. „Man lernt hier, seine eigene Position in der Gesellschaft zu verstehen“, hofft Rafinska. „Das Museum soll ein Raum zum Nachdenken und für Diskussionen sein.“ Unter anderem steht da ein Kasten, in dem hinter einem Gitter Lebensmittel deponiert sind. Rechts daneben ist eine Kurbel, mit der man das Gitter öffnen kann. Die Kurbel soll die Arbeit darstellen – nur wer kontinuierlich arbeitet, hat Zugang zu Lebensmitteln.

Es passt, dass dieses Museum ausgerechnet 200 Jahre nach dem Geburtsjahr von Karl Marx eröffnet wird. Bei jedem einzelnen Exponat scheinen seine Gedanken durch. Neben einer Weltkarte steht auf einer Texttafel mitten im Raum: „Ist der Kapitalismus wirklich alternativlos?“ Auf einem interaktiven Bildschirm sollen Besucher Berufsgruppen auswählen, die ihrer Meinung nach in einer nicht-kapitalistischen Gesellschaft nicht mehr notwendig wären. „Teils entstehen hitzige Diskussionen zwischen den Besuchern“, sagt Rafinska. Wenn so etwas passiert, sind die jungen Organisatoren zufrieden.

Das „Museum des Kapitalismus“ in der Köpenicker Straße 172 ist mittwochs und donnerstags von 16 bis 20 Uhr sowie sonntags von 14 bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Lena Völkening

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