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Abgestempelt. Wer wenig Eigenkapital hat oder nicht auf Profite zielt, bekommt schwer einen Kredit.

© Thomas Imox / imago / photothek

Neues Förderprogramm der BBB: Berlin sichert Kredite für geflüchtete Gründer und Sozialunternehmen ab

Wirtschaftssenator Schwarz stellte das Programm am Dienstag vor. Es soll Unternehmen helfen, die nur mit Schwierigkeiten Finanzierungen von der Bank erhalten. 

Dass Abed Al Naser Abded Al Latif einmal ein erfolgreicher Unternehmer sein würde, war vor einigen Jahren noch nicht abzusehen. Als Geflüchteter kam er aus Syrien nach Berlin, war von Sozialleistungen abhängig. Doch der studierte Bauingenieur wagte den Schritt in die Selbständigkeit und gründete eine Trockenbaufirma, er stellte andere Geflüchtete ein. 

Die Firma hat die Coronakrise überstanden, nun soll sie durchstarten. Das geht nur mit einem Kredit. Den erhielt der Unternehmer dank eines neuen Förderprogramms, dessen Schirmherr Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für SPD) ist. Es soll Unternehmen helfen, die nur mit Schwierigkeiten Finanzierungen von der Bank erhalten. 
Am Dienstag stellte Schwarz das Programm bei der Bürgschaftsbank Berlin (BBB) vor. Es besteht aus zwei Teilen: „BBB Welcome“ richtet sich an Menschen aus dem Nicht-EU-Ausland. Das können Geflüchtete sein oder andere Migrant:innen, die in Berlin gründen wollen. 

Der zweite Teil des Programms nennt sich „BBB Social“ und soll soziale Unternehmen fördern. Das sind Firmen, die einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten wollen. Eines davon ist die Graefewirtschaft GmbH, ein Cateringservice für Schulen und Kindertagesstätten. Annette Jankowski hat das Unternehmen 2016 zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin Heike Birkhölzer gegründet. 
„Wir wollten Migranten in Arbeit bringen“, sagt die Geschäftsführerin. Zunächst haben die beiden Frauen damals ein Restaurant eröffnet, mit eigenem Geld. Dort beschäftigten sie Geflüchtete, die Gerichte aus ihrer Heimat kochten. 

Doch Restaurants gibt es viele in der Hauptstadt. Die Gründerinnen erkannten einen sehr viel größeren Bedarf an anderer Stelle: Viele Schulen und Kitas wollen hochwertige Verpflegung anbieten, die aus ökologisch produzierten Zutaten gekocht wird. Die Graefewirtschaft sattelte um, richtete eine Großküche ein und mehrere Produktionsküchen in Schulen. Inzwischen bringt das Unternehmen nach eigenen Angaben jeden Tag 3500 Mahlzeiten auf den Tisch. 

Bürgschaften machen den Weg frei für Kredite

„Die Gewinne werden in neue Arbeitsplätze investiert“, erläutert Jankowski. Die Nachfrage sei höher als das Angebot. „Nun sind wir in einer Phase der Expansion.“ Doch um einen Kredit zu bekommen, brauchte die Graefewirtschaft eine Bürgschaft. Da habe die BBB geholfen. Senator Schwarz betont: „Bei sozialen Unternehmen, die nicht auf Profitmaximierung ausgerichtet sind, ist die Finanzierung oft schwierig. Der Senat will an diesem Engpass ansetzen.“ 
Bürgschaftsbanken sind Spezialbanken, die keine eigenen Kredite anbieten. Sie übernehmen stattdessen Ausfallbürgschaften sowie Garantien für Investitionskredite anderer Geldinstitute. Sie sichern die Kredite zu bis zu 80 Prozent des Kreditbetrags ab. Dadurch ist die Zusage der Bank leichter zu bekommen. Der Höchstbetrag liegt bei 1,25 Millionen Euro. 

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Mit dem Kredit können Unternehmen zum Beispiel neue Maschinen oder Fahrzeuge beschaffen. Andere finanzieren damit eine Modernisierung oder Expansion. Die BBB erhält eine Provision von 1,75 Prozent pro Jahr und eine einmalige Bearbeitungsgebühr. 
Einer KfW-Studie zufolge sind heute neun von 100 Neugründungen in Deutschland Sozialunternehmen wie die Graefewirtschaft. Das Netzwerk „Social Economy Berlin“ unterstützt solche Firmen, die einen positiven Fußabdruck hinterlassen wollen.

Die Projektleiterin Afra Gloria Müller sieht im neuen Förderprogramm „BBB Social“ eine wichtige Hilfe für ihre Arbeit: „Das Programm fördert soziale Unternehmen, die für die Weiterentwicklung der Stadt sorgen.“ Sie hoffe auf eine Vorbildwirkung, sodass andere Bundesländer nachziehen und ähnliche Programme aufsetzen. 

Sozialunternehmen haben eine lange Tradition

Die Sozialökonomie mag ein Trend sein. Die Grundidee ist jedoch keineswegs neu. Anfang des 19. Jahrhunderts führte der britische Textilhersteller Robert Owen in seiner Fabrik im schottischen New Lanark menschenwürdigere Arbeitsbedingungen ein. 

Das hieß damals: Eine Arbeitszeit von 10,5 statt 14 Stunden, Rentenversicherung und vergünstigte Wohnungen. In Deutschland begründeten Sozialreformer wie Friedrich Wilhelm Raiffeisen oder Hermann Schulze-Delitzsch Mitte des 19. Jahrhunderts die Genossenschaftsbewegung. Landwirte, Handwerker und Kleinunternehmer unterstützten einander zunächst mit Einkaufgemeinschaften, später auch mit Darlehen und Altersvorsorge. 


BBB-Geschäftsführer Peter Straub erinnerte am Dienstag daran, dass auch die Bürgschaftsbank Berlin eine ähnliche Tradition hat: „Wir sind aus der Selbsthilfe der Berliner Wirtschaft entstanden, um Unternehmen Sicherheit zu geben.“ Bürgschaftsbanken wurden nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet. Damals verfügten die meisten Gründungswilligen weder über Bargeld noch über andere Vermögenswerte als Sicherheiten für Kredite. 

Der Wirtschaftssenator ist überzeugt davon, dass von den Förderprogrammen ganz Berlin profitieren wird: In der Diversität der Stadt stecke enormes Potenzial - auch wirtschaftliches, sagt er. Das werde momentan nur unzureichend genutzt. „Berlin ist die Hauptstadt der Ideen.“ Die Förderung von Unternehmensgründung sei ein guter Weg, um das Potenzial nutzbar zu machen. „Ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam mit der Bürgerschaftsbank Pionierarbeit leisten.“ 

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