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Heiko Kretschmer ist Vorstandsvorsitzender des Vereins „Neue Wege für Berlin e.V.“.

© promo

„Neue Wege für Berlin e.V.“ als soziale Bewegung?: Berliner Verein widerspricht Vorwürfen

Ein wirtschaftsnaher Verein sammelt Unterschriften für eine Initiative zum Bau von Sozialwohnungen. Ist das Sozialpolitik nach Bauherrenart?

Heiko Kretschmer, im Hauptberuf „Kommunikationsberater“ und nun auch Vorstandsvorsitzender des Vereins „Neue Wege für Berlin e.V.“, sah sich am Freitag genötigt, ein paar Dinge geradezurücken. Denn nach der Lektüre eines Berichts in der „Berliner Zeitung“ hatte mancher in der Stadt offenbar den Eindruck gewonnen, dass hier ein paar wohlhabende Berliner Kaufleute mit einem Verein als soziale Bewegung auftreten, um eigene politische Interessen durchzusetzen. Sozialpolitik nach Bauherrenart sozusagen.

Das scheint zwar nicht komplett falsch. Ganz richtig ist es aber auch nicht. So dementierten Kretschmer und sein Stellvertreter Udo Marin, der Geschäftsführer des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), dass Vereinsmitglieder eine Aufnahmegebühr in Höhe von 2750 Euro zahlen müssen. Das sei ein Missverständnis.

Es habe ein Dinner mit – teilweise recht wohlhabenden – Unterstützern gegeben. Dort sei die Frage aufgekommen, welche Summe man denn spenden könne oder solle. Und so sei die Einladung ergangen, den jährlichen Mitgliedsbeitrag in Höhe von 250 Euro auf 3000 Euro aufzustocken. Das hätten einige Mitglieder getan.

Auch traten die Vereinsvorstände Spekulationen entgegen, ihr Ziel sei nicht nur der Neubau von 100.000 „sozialen und bezahlbaren“ Wohnungen, sondern die Gründung einer Partei. „Viele Mitglieder haben Parteibücher – und zwar unterschiedliche – und sie hängen sehr daran“, meinte VBKI-Chef Marin. Der Vorsitzende Kretschmer selbst ist nach eigenen Angaben seit 35 Jahren Mitglied der SPD, saß auch im Vorstand der Nachwuchsorganisation Jusos – und engagiert sich bis heute im erweiterten Präsidium des Wirtschaftsforums der Sozialdemokraten.

Nach Jahren der Stagnation ist Berlin wieder ein attraktiver Standort

Als prominente Unterstützer des Vereins nennen die Vorstände VBKI-Präsident Markus Voigt, der ein großes Bauingenieurbüro betreibt, so wie das CDU-Mitglied Peter Kurth. Der war von 1999 bis 2001 Finanzsenator. Heute ist Kurth Präsident des Verbandes der Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft. Marin erklärte dem Tagesspiegel, der Verein habe auch Persönlichkeiten aus Kultur, Sport, Wissenschaft und Medien für sich gewinnen können.

Nach Jahren der Stagnation sei Berlin wieder ein attraktiver Standort für innovative Unternehmen und Anziehungspunkt für junge Menschen aus der ganzen Welt, diagnostiziert der Verein in einer am Freitag veröffentlichten Pressemitteilung. Die Stadt wachse rasant, der Wohnraum wachse aber nicht im gleichen Maße mit.

Für immer größere Teile der Gesellschaft führe diese Entwicklung zum existenziellen Problemen, heißt es. Soweit deckt sich die Betrachtung fast mit der der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. Der Verein „Neue Wege“ sieht aber weder in Enteignungen noch Mietdeckeln eine Lösung, um stabilere und günstigere Preise zu erreichen. „Die aktuelle Debatte und Politik in Berlin führt uns in eine Sackgasse“, meinte der Vorsitzende Kretschmer.

Der Verein fordert 100.000 neue Wohnungen

Konkret hat sein Verein nun die Kampagne „Faire Mieten bauen“ gestartet. Ziel sei es, mindestens 20.000 Unterschriften zu sammeln, um einen Volksentscheid zu erreichen. Damit wolle man Senat und Abgeordnetenhaus dazu bewegen, sich ernsthaft mit Vorschlägen zum Bau von 100.000 Wohnungen zu befassen.

Zum Start solle der Senat bereits im Doppelhaushalt 2020/21, der ab September im Parlament verhandelt wird, 12.500 Wohnungseinheiten im sozialen Wohnungsbau fördern. Das sei „ambitioniert, aber dann möglich, wenn die städtischen Wohnungsbaugesellschaften, die jungen und alten Genossenschaften sowie die private Immobilienwirtschaft in einem gemeinsamen Kraftakt handeln und der Senat und die Bezirke dieses Baubündnis auch unterstützen“, heißt es im vierseitigen „Sofortprogramm“.

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