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Der Bahnhof Wuhletal ist ein Unikat: Nirgends sonst in Berlin halten S- und U-Bahn am selben Bahnsteig.

© Thilo Rückeis

Die neue U5, das Rohr zur Welt: Warum sollten Stadtrand-Berliner überhaupt zum Kanzlerinnenamt fahren?

Wer etwas außerhalb wohnt, fährt nur notfalls „in die Stadt“. Die neue Direktverbindung zwischen Hellersdorf und City macht es leichter – auch moralisch.

Wenn man als Randberliner abseits der Arbeit etwas wirklich Bedeutendes zu erledigen hat und nicht gerade Corona ist, dann fährt man „in die Stadt“. Also nicht ins Lindencenter, die Helle Mitte, ins Eastgate oder wie sie alle heißen, sondern nach Berlin. Dahin, wo es doppelt so eng und nicht halb so gemütlich ist wie hier draußen im Tarifbereich B.

Theoretisch kann man mit dem Auto in die Stadt fahren, aber praktisch hat man ja weder Lust auf die Parkgebühren noch auf die Myriaden von Radfahrern, die einem dort den einst exklusiv geglaubten Platz auf der Straße streitig machen.

Also fährt man mit den Öffentlichen, wobei hier im Osten kein Mensch – jedenfalls kein Ureinwohner – „mit der BVG“ sagen würde, weil das nach so vielen Jahren Ost-BVB immer noch ein bisschen ungewohnt klingt und ein bisschen gaga scheint: Berliner Verkehrsgetriebe.

Man fährt also mit der S-Bahn, die schon immer so hieß, oder mit der Straßenbahn, die neuerdings Tram heißen soll, oder mit der U-Bahn, die vor allem in Hellersdorf ein Highlight ist.

Der Prellbock in Hönow steht praktisch auf der Berliner Stadtgrenze, die erst seit der Wendezeit so weit ostwärts ausgebeult ist. Auf dem Stadtplan von 1988 befinden sich die Baustellen der beiden letzten Bahnhöfe noch in Brandenburg respektive im Bezirk Frankfurt (Oder).

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Schneller als mit der U5 kommt man nicht in die Stadt. Anders als die Tram hält weder Stau noch ein zu dicht am Gleis stehender Dödel sie auf, dank oberirdischem Verlauf muss auch nicht auf Tageslicht und Ausblick verzichtet werden.

Das ändert sich erst, wenn sie am Tierpark abtaucht, aber da sind viele schon umgestiegen in die S-Bahn. Der Bahnhof Wuhletal mit seinen gemeinsamen Bahnsteigen und abgestimmten Fahrplänen beider Verkehrsmittel ist ein Unikat in Berlin.

Die U5 ist in den letzten DDR-Jahren gebaut worden als Direktverbindung von Innenstadt und Hellersdorf.
Die U5 ist in den letzten DDR-Jahren gebaut worden als Direktverbindung von Innenstadt und Hellersdorf.

© Stefan Jacobs

Allerdings kann man sich das Umsteigen künftig womöglich sparen. Denn dank der Verlängerung fährt nun auch die U5 wirklich bis in die Stadt und nicht nur bis zum Kaufhof am Alex. Nein, jetzt geht’s umsteigefrei vom Hönower Hechtsee bis zum Hauptbahnhof!

Mit 41 Minuten ist man zwar nicht wesentlich schneller als zuvor, sodass man über die Frage, die 2,2 Kilometer wirklich 540 Millionen Euro wert sind, lieber nicht allzu gründlich nachdenken mag.

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Aber allein der moralische Effekt, dass es möglich ist, vom hintersten Fünfgeschosser vor der Stadtgrenze direkt bis fast vor die Tür des Bundeskanzlerinnenamtes zu fahren, dürfte einiges wert sein.

Die Züge der U5 enden in Hönow direkt an der östlichen Berliner Stadtgrenze. Dahinter wird's dörflich.
Die Züge der U5 enden in Hönow direkt an der östlichen Berliner Stadtgrenze. Dahinter wird's dörflich.

© Stefan Jacobs

Weil es eben einen Unterschied macht, ob man einfach sitzen bleiben kann oder zwischendurch mit Sack und Pack raus muss ins Kalte und hoffen, dass der Anschluss passt. Zigtausende Köpenicker, die mit ihrer S3 jahrelang nur bis zum Ostkreuz kamen, wissen, wovon die Rede ist. Nebenbei ist die neue U5 laut BVG die erste komplett barrierefreie U-Bahnlinie Berlins. Und ein echter Grund, vom gemütlichen Rand künftig öfter mal in die Stadt zu fahren. Da soll es nämlich einiges zu sehen geben, sagen Leute, die schön öfter dort waren.

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