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Neue Zahlen. Polizeipräsidentin Barbara Slowik und Innensenator Andreas Geisel (SPD) stellten die Kriminalitätsstatistik vor.

© Paul Zinken/dpa

Update

Neue Statistik zur Kriminalität: Mehr Gewalt gegen Leib und Leben in Berlin

Die Gesamtzahl der Straftaten in Berlin hat 2019 kaum zugenommen. Dafür gab es mehr Gewalt und politisch motivierte Kriminalität. Das zeigt die neue Statistik.

In Berlin hat es 2019 mehr Gewalt gegen Leib und Leben gegeben. 41 Menschen wurden umgebracht, 65 Mal gab es den Versuch. Die Gesamtzahl der Fälle stieg damit von 94 auf 106. Das ist der höchste Stand seit 2015 mit 112. Das steht in der neuen Polizeilichen Kriminalitätsstatistik (PKS), die Innensenator Andreas Geisel (SPD) gemeinsam mit Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Dienstag vorstellte.

Zudem hat die Gefahr zugenommen, Opfer eines Raubes zu werden. Die Gesamtzahl der Raubstraftaten stieg um fünf Prozent auf 4473 Fälle. Der Anstieg ist vor allem auf die Zunahme von Überfällen auf offener Straße zurückzuführen, hier wurden 2479 Fälle registriert, zwölf Prozent mehr als 2018.

Gesamte Kriminalität kaum erhöht

Insgesamt ist die Zahl der registrierten Straftaten im vorigen Jahr aber kaum gestiegen. 2019 wurden mit insgesamt 513.426 Taten registriert, das waren 1749 oder 0,3 Prozentpunkte mehr als 2018. Man habe 2019 gute Arbeit geleistet, sagte Geisel. Je 100.000 Einwohner sank die Zahl der Straftaten von 14.160 auf 14.086 – weil die Einwohnerzahl gewachsen ist. Das ist der niedrigste Wert seit 2012. Polizeipräsidentin Barbara Slowik kommentierte: „Die positive Entwicklung der vergangene Jahre setzt sich fort.“ Die Aufklärungsquote erhöhte sich leicht von 44,4 auf 44,7 Prozent.

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Zuwachs bei politischen Straftaten

Allerdings nahm die politisch motivierte Kriminalität zu. Die Zahl der registrierten Fälle wuchs 2019 um 4,6 Prozentpunkte – von 4266 auf 4464 im Vergleich zu 2018. Bei rechter Gewalt gab es einen Anstieg von 128 auf 153 Fälle - plus. 20 Prozent. Die Zahl linker Gewalttaten sank von 290 Fällen auf 257.

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Mehr sexuelle Übergriffe

„Betroffen macht mich die Zunahme bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“, sagte der Innensenator. Bei Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellen Übergriffen habe es einen Anstieg um 12 Prozentpunkte gegeben. Allein bei den registrierten Fällen von sexueller Belästigungen gab es ein Plus von 18 Prozent. Gar eine Zunahme von 90 Prozent verzeichnet die Statistik bei Kinderpornografie. 2019 gab es 592 Fälle, im Jahr zuvor noch 280.

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Erfasst wurden alles in allem 4800 Fälle , das sind 630 mehr als im Jahr zuvor. Von den 2860 ermittelten Tatverdächtigen war ein Viertel unter 21 Jahre , knapp 37 Prozent waren keine deutschen Staatsbürger.

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Für Benedikt Lux, den innenpolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion, ist der Anstieg bei den Sexualdelikten besorgniserregend, insbesondere bei den besonders schweren. Diese sind nicht mehr auf eine Änderung des Strafrechts zurückzuführen. „Berlin muss deshalb den Opferschutz und insbesondere die Gewaltschutzambulanz weiter ausbauen“, sagte er.

Und das steht noch in der Statistik:

  • die wenigsten Diebstähle seit 2010
  • mehr Einbrüche in Keller und Wohnungen
  • mehr Autos gestohlen
  • starker Zuwachs an Internetstraftaten
  • mehr Drogendelikte (unter anderem wegen mehr Kontrollen im Görlitzer Park)
  • weniger Einbrüche in Einfamilienhäuser, aber mehr in Wohnungen

Angesichts der Zahlen forderte Marcel Luthe, innenpolitischer Sprecher der FDP-Opposition im Abgeordnetenhaus, dass der Senat mehr für die Sicherheit im öffentlichen Raum unternehmen müsse. „20 Prozent mehr Fälle von besonders schwerer Vergewaltigung, erneut über zehn Prozent mehr Raubüberfälle auf offener Straße und die Zunahme der Gewaltdelikte im ÖPNV sprechen eine deutliche Sprache. Berlin braucht dringend mehr objektive Sicherheit im öffentlichen Raum“, sagte Luthe.

Viele Taten werden nicht zur Anzeige gebracht

Die Kriminalitätsstatistik PKS ist das wichtigste Instrument, um Rechenschaft über die Arbeit der Polizei abzulegen. Erfasst werden nur angezeigte Straftaten, die Quote, wie viele davon aufgeklärt wurden und wie hoch die erfasste Kriminalitätsrate je 100.000 Einwohner ist. Über das sogenannte Dunkelfeld sagt die Statistik nichts aus, die Zahl der nicht erstatteten Anzeigen etwa bei Taschendiebstahl bleibt unbekannt. Und einige Straftaten wie Drogenhandel werden vorwiegend bei Kontrollen festgestellt. Offen bleibt schließlich auch, ob die festgestellten mutmaßlichen Straftäter vor Gericht überführt werden konnten – der Fall also tatsächlich aufgeklärt wurde.

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