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Staubige Ernte. Brandenburger Bauern versuchen, das Getreide zu retten, bevor es völlig verdorrt.

© Ralf Hirschberger/dpa

Neue Hitzewelle in Berlin und Brandenburg: Wen die Trockenheit am schlimmsten trifft

Die monatelange Dürre wird kritisch für Landwirte und Natur. Das Berliner Parlament fordert, Feuerwehr, THW und BSR zum Gießen zu rufen.

Nach den üblichen Maßstäben wird das Wetter an diesem Sonntag so schlecht, wie es seit dem Winterende nur selten war: Nur etwa zehn Stunden soll die Sonne scheinen – bei höchstens 21 Grad. Aber schon von Dienstag an sollen es wieder 15 Sonnenstunden täglich sein, und am Donnerstag – dem ersten Ferientag in Berlin und Brandenburg – sind auch wieder 30 Grad in Sicht. Daran ändert sich laut den aktuellen Wettermodellen bis Mitte Juli nichts.

Was sich möglicherweise ändert, ist die landläufige Definition von schönem Wetter. Weite Teile Brandenburgs beginnen zunehmend der amerikanischen Prärie zu ähneln, in der die Sonne erbarmungslos auf goldbraun gewordenes Gras brennt und stetiger trockenwarmer Wind noch den letzten Rest Feuchtigkeit wegbläst. Tatsächlich hat es im weiteren Berliner Umland – und auch in Teilen der Hauptstadt – seit April fast nicht mehr geregnet.

Gemittelt kamen laut dem Wetterdienst Meteogroup in den vergangenen drei Monaten in Berlin 90 statt 164 Litern Regen pro Quadratmeter herunter und in Brandenburg 75 statt 159. Lokal aber eben deutlich weniger, weshalb selbst der amtliche Deutsche Wetterdienst (DWD) von „gebietsweise katastrophalen Ausmaßen“ der Trockenheit spricht.

Die Dürre wird vor allem durch die ungewöhnlich hohen Temperaturen verschärft, die die Verdunstung fördern. Der April hat mit fünfeinhalb Grad über dem langjährigen Mittel alle Rekorde gebrochen, der Mai folgte mit viereinhalb Grad zu viel prompt – und auch der Juni bringt es laut Meteogroup auf zweieinhalb Grad Abweichung nach oben. Das ist bekanntlich mehr, als der Welt nach allgemeiner Einschätzung der Fachleute auf Dauer guttut.

In Lettland wurde der Dürre-Notstand ausgerufen

Betroffen von der Trockenheit sind vor allem die Brandenburger Bauern, die schon jetzt das mickrige Getreide ernten, um zumindest einen Teil des Ertrages zu retten. Ein Agrarmeteorologe des DWD spricht von 25 Prozent Einbußen, der Bauernverbandspräsident von lokalen Totalausfällen. Kartoffeln, Mais und Sonnenblumen wären noch zu retten – aber dazu müsste es eben regnen. Doch immer neue Hochdruckgebiete über Skandinavien verhindern, dass es feuchte Luft vom Atlantik ins nördliche Mitteleuropa schafft. In anderen Regionen rund um die Ostsee ist die Lage schon jetzt noch dramatischer; die lettische Regierung rief in der vergangenen Woche den nationalen Notstand aus.

Deutlich näher als baltische Bauern ist den meisten Berlinern das Grün vor ihrer Tür. Das hat auch die lokale CDU erkannt, auf deren Initiative hin das Abgeordnetenhaus am Donnerstag einen – um Sofortmaßnahmen ergänzten – Antrag zur Rettung von Straßenbäumen und Grünanlagen beschloss. Darin wird der Senat aufgefordert, mit den Bezirken einen Maßnahmenplan zur langfristigen Grünpflege zu erarbeiten und Tankwagen zum Gießen anzuschaffen. Kurzfristig soll der Senat mit Wasserbetrieben, Stadtreinigung, Technischem Hilfswerk und Feuerwehr klären, inwieweit die beim Gießen helfen können. Hinzu soll eine Kampagne kommen, um die Bürger auf die akute Not des Stadtgrüns aufmerksam zu machen.

Hydranten gibt es überall - aber nicht jeder darf sie nutzen

Eine komfortable Wasserquelle zum Gießen sind die 1.784 Schwengelpumpen, die laut der Umweltverwaltung vor allem für Notfälle wie Katastrophenschutz im Straßenland stehen. Mehr Pumpen sollen es nicht werden, sodass an den meisten Stellen eben doch Eimer geschleppt werden müssen. Zwar gibt es, wo Wasserleitungen liegen, auch Hydranten (meist unter ovalen Deckeln im Boden), aber die hängen im Gegensatz zu den Schwengelpumpen am Trinkwasserrohrnetz, an das die Wasserbetriebe keine Laien heranlassen.

Umweltfachleute empfehlen als Dosis zehn Wassereimer pro Woche für junge Straßenbäume, wobei gründliches Gießen wichtiger sei als häufiges. Finanziell ist das kein großer Kraftakt: Eine Zehn-Liter-Füllung kostet gut vier Cent; wer über einen Gartenwasserzähler zapft, zahlt nur knapp zwei Cent pro Eimer.

Die Qualität der Badegewässer ist gut

Etwas langmütiger als die oft ohnehin geplagten Straßenbäume ist der Wald. Marc Franusch von den Berliner Forsten ist, „was die sichtbaren Schäden betrifft, noch zurückhaltend“. Trockenstressreaktionen wie massiven Laubabwurf gebe es bisher nicht, zumal sich auch der Schädlingsbefall noch im Rahmen halte. „Aber gerade die Eichen haben ein langes Gedächtnis, was extreme Trockenperioden betrifft“, sagt Franusch. Tatsächlich haben sich die Eichen erst seit 2013 deutlich vom Jahrhundertsommer 2003 erholt. Den hatte kaum eine Eiche ohne Schäden überstanden – wobei damals der Frühsommer zwar ebenfalls trocken, aber nicht ganz so warm war wie in diesem Jahr. Die ganz große Hitze, während derer in Europa Zehntausende Menschen starben, kam dann im August.

Aus Sicht von Förster Franusch erweist sich das vor Jahrzehnten begonnene Waldumbauprogramm als Glück, weil artenreiche Mischwälder die Dürre besser verkraften als Monokulturen. Und noch sind auch die Grundwasserspeicher nach dem Rekordregen 2017 leidlich gefüllt. Und an manchen Seen sinken zwar die Pegel deutlich, aber die Wasserqualität an den offiziellen Badestellen in Berlin und Brandenburg ist durchweg gut.

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