zum Hauptinhalt
„Durch Lügen von Zeugen wurde ich zu einem angeblichen Täter gemacht“, schimpfte Ismayil M.

© Olaf Wagner

Neu-Hohenschönhausen: Schüsse nach Russendisko: Täter beruft sich auf Notwehr

Nach einer Schießerei vor einer Lichtenberger Diskothek erklärt sich der Angeklagte vor Gericht: „Ich wurde angegriffen. Es waren viele. Ich habe mich nur verteidigt.“

Es waren sechs Schüsse in der Nacht. Ismayil M. drückte immer wieder ab. Zwei Kugeln trafen einen 37-Jährigen tödlich, zwei Männer wurden bei der Schießerei vor der Diskothek im Lichtenberger Ortsteil Neu-Hohenschönhausen verletzt.

Sechs Monate nach dem blutigen Ende einer Russendisko hat sich M. vor dem Landgericht auf Notwehr berufen. „Ich wurde angegriffen. Es waren viele. Ich habe mich nur verteidigt“, erklärte der 34-Jährige am Donnerstag vor Gericht.

Aufgebracht wirkte der Angeklagte aus Aserbaidschan. „Durch Lügen von Zeugen wurde ich zu einem angeblichen Täter gemacht“, schimpfte Ismayil M. nach sechsmonatiger Untersuchungshaft. Der Tod des 37-Jährigen – ein in Kasachstan geborener Deutscher – sei ein Unfall, für den er um Verzeihung bitte. „Aus Angst um mein Leben habe ich geschossen.“ Er habe gedacht, „dass die Waffe nicht echt ist“. Ein anderer soll eine Waffe gezeigt haben. „Doch mir ist es gelungen, ihm die Pistole aus dem Gürtel zu nehmen.“

Die Ermittlungen haben ein anderes Bild ergeben. M. soll sich in einen Streit zwischen Männern aus Moldawien auf der einen Seite und Russen auf der anderen eingemischt haben. Obwohl er mit der Sache nichts zu tun hatte, habe M. eine Pistole gezogen, ohne Grund abgedrückt.

Der erste Schuss in die Luft, dann einer auf den Boden, schließlich zwei Kugeln, die den ihm fremden 37-Jährigen trafen. Aus „unmittelbarer Nähe auf den Oberkörper“, heißt es in der Anklage. Der Mann verblutete.

Zudem wurde ein Sicherheitsmitarbeiter durch Kugelsplitter am Fuß getroffen. Als mehrere Männer M. überwältigen wollten, seien erneut Schüsse gefallen. Zwei Kugeln durchschlugen das linke Bein eines 34-jährigen Ukrainers. Auch M. war damals verletzt worden. „Sie wollten mich totschlagen“, verlas er nun seine Aussage.

Die Diskothek in einem Plattenbaugebiet werde „zu mindestens 80 Prozent von russischsprachigen Gästen besucht“, sagte ein Security-Mitarbeiter als Zeuge. „Eigentlich nette Jungs.“ Beobachtet habe er, dass Ismayil M. vor den Schüssen nicht geschlagen worden sei. Der Angeklagte sei auf die streitenden Gruppen zugegangen. „Als er die Waffe zog, stand er allein.“

Die Anklage lautet unter anderem auf Totschlag. Der Prozess wird am 29. März fortgesetzt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false