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Jerome Boateng bei einer Presskonferenz der Nationalmannschaft im Mai 2018.

© Soeren Stache/dpa

Update

Nationalspieler aus Charlottenburg: Boateng warnt vor Rassismus in Teilen Berlins

Seine Töchter würde er nicht jeden Bezirk besuchen lassen: Jerome Boateng berichtet von seinen Erfahrungen mit Rassismus – und wird nach Marzahn eingeladen.

Fußball-Nationalspieler Jerome Boateng hat vor Rassismus in Teilen Berlins gewarnt. Es gebe Orte in Deutschland, in die er seine beiden siebenjährigen Töchter nicht zur Klassenfahrt schicken würde, sagte der in Charlottenburg aufgewachsene Verteidiger von Bayern München in dem nach ihm benannten Magazin „Boa“. Als Beispiele nannte er Marzahn und Weißensee. „Spiegel Online“ zufolge warnte Boateng, „mit anderer Hautfarbe hast du da immer etwas zu befürchten“. In seiner Kindheit und Jugend sei er in Marzahn sogar von Eltern der gegnerischen Mannschaft bespuckt worden.

Wie kommt das in Marzahn-Hellersdorf an? „Ich will nicht über die persönlichen Erfahrungen urteilen“, sagte Stadtrat Johannes Martin, der für Tourismus zuständig ist, am Freitag dem Tagesspiegel. Er könne auch schlecht beurteilen, wann Boateng diese Erfahrungen gemacht habe. Allerdings finde er es schwierig, von einzelnen Ereignissen auf einen ganzen Stadtteil zu schließen. „Ich lade Jerome Boateng nach Marzahn ein“, sagte der CDU-Politiker. Er könne „kein strukturelles Problem“ mit Rassismus in dem Ost-Berliner Bezirk erkennen.

Die Äußerungen stammen aus einem Doppel-Interview, das Boateng zusammen mit Herbert Grönemeyer seinem neuen Lifestyle-Magazin gegeben hatte. „Wie viele Fußballer“ habe er „leider recht viele“ Erfahrungen mit Rassismus gemacht, sagte der 30-Jährige.

„Wenn ich mich am Rand des Spielfeldes warm mache, höre ich öfter, wie Zuschauer Affenlaute von der Tribüne brüllen, obwohl ich für Deutschland so viele Spiele bestritten habe“, berichtete Boateng, der 2014 eine der Stützen der deutschen Weltmeister-Elf war. „Oder sie rufen Sachen wie 'Verpiss dich in dein Land!' oder 'Scheißneger!'“.

Bereits in seiner Zeit als Jugendfußballer sei er aufgrund seiner Hautfarbe angefeindet worden, erinnerte sich Boateng. Bei einem Pokalspiel in Berlin habe der Vater eines Gegenspielers ihn „die ganze Zeit beleidigt und seinem Sohn zugerufen: 'Mach den fertig, den Scheiß-Nigger'. Irgendwann hab ich angefangen zu heulen.“

Der Abwehrspieler äußerte sich auch zum Umgang mit der Debatte um den mittlerweile zurückgetretenen Nationalspieler Mesut Özil während der WM. „Nach dem Turnier erst wurde mir klar, dass wir im Team viel mehr für Mesut hätten tun und uns öffentlich für ihn stark machen können“, sagte Boateng. „Es ist schade, dass es dazu nicht gekommen ist.“

Özil hatte seinen Rückzug aus der DFB-Elf unter anderem damit erklärt, dass er sich im Zuge der Affäre um seine Fotos mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vom DFB nicht vor rassistischen Anschuldigungen geschützt und zum Sündenbock für das frühe WM-Aus im Sommer in Russland abgestempelt gefühlt habe. (mit dpa)

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