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Schnell fahrende S-Bahn.

© Thilo Rückeis

Nahverkehrs-Chaos in Berlin: "Einer dieser sogenannten S-Bahn-Tage"

Rückwärts immer, vorwärts nimmer - die S-Bahn verlangte ihren Passagieren am Dienstag wieder viel ab. Nur ein Lokführer verlor seinen Humor nicht.

Von Sandra Dassler

Wenigstens der Triebfahrzeugführer verlor seinen Humor nicht. Oder war die Ansage eher schon sarkastisch gemeint: "Herzlichen Glückwunsch - Sie haben mal wieder einen dieser sogenannten S-Bahn-Tage erwischt!" Dienstagvormittag kurz nach 11 Uhr in der S2 oder S25 in Richtung Norden, stöhnten einige Fahrgäste auf.

Schließlich stand die Bahn schon etwa 15 Minuten am Bahnhof Yorckstraße. Grund sei ein liegengebliebener Zug am Potsdamer Platz hatte es anfangs geheißen. Später stellte sich heraus, dass am Potsdamer Platz die S26 technische Probleme hatte, so auch am Bahnhof Zoo. Aber es solle bestimmt gleich weitergehen, war die Ansage. Aber Pustekuchen. Der Zug stand. Dabei waren viele Fahrgäste gerade vor dem ebenfalls unregelmäßigen Verkehr in der U7 geflüchtet. Doch auch überirdisch ging mal wieder alles schief. "Ich habe hier unterschiedliche Informationen", sagte der Triebfahrzeugführer: "Möglicherweise fährt diese Bahn zurück nach Südkreuz."

Zurück zum Südkreuz - oder geht es doch weiter?

Fassungslosigkeit machte sich breit. Niemand wollte zurück. Aber wenige Minuten später stand es fest: "Ich habe jetzt Gewissheit. Diese Bahn fährt zurück nach Südkreuz. Sie können von dort aus versuchen, über die Ringbahn zu ihrem Ziel zu kommen." Fluchtartig verließen die Passagiere den Zug. Handys wurden gezückt, Mitreisende gefragt - wer schnell war, stieg in den Zug gegenüber und war dadurch zehn Minuten früher am Südkreuz.

Die andere Bahn stand noch eine Weile. Manche wollten das mit der Rückfahrt immer noch nicht glauben und hielten sich sprungbereit in der Nähe der Türen auf. Ihr aus Jahre langer Erfahrung genährtes Misstrauen wurde genährt durch eine Durchsage - dieses Mal aber nicht vom Triebfahrzeugführer, wonach sich die S-Bahn nach Buch zehn Minuten später abfahren würde. Die zehn Minuten waren zwar längst vorbei, auf der Anzeigetafel stand, dass der Zug zurück nach Süden fahren würde - aber man konnte ja nicht wissen...

Touristen ohne Chance

Touristen hatten bei all dem Chaos keine Chance. "Komme ich denn vom Südkreuz zum Hauptbahnhof?", fragte eine schwer bepackte Frau mit zwei Kindern. "Kommen'se schon, dauert aber viel länger", erhielt sie zur Antwort. "Aber dann schaffe ich meinen ICE nicht mehr", sagte die Frau. Darauf riet ein anderer Fahrgast: "Bleiben Sie erstmal hier, vielleicht fährt doch gleich ein Zug, dann sind Sie auf jeden Fall schneller am Hauptbahnhof."

Ein anderer widersprach, die Touristin fragte noch zwei weitere "Experten" und stieg dann schulterzuckend in die S-Bahn, die kurz darauf tatsächlich zurück zum Südkreuz fuhr.

Muss man noch hinzufügen, dass wenige Minuten später eine S-Bahn in Richtung Norden heranrollte? Und auch ohne Pause weiterfuhr. Aber noch war "einer dieser sogenannten S-Bahn-Tage" ja nicht vorbei.

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