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Der Ausbau der Bahnverbindungen im Südwesten Berlins wird kommen. Dann.

© Patrick Pleul/dpa

Nahverkehr zwischen Berlin und Potsdam: Der Südwesten wartet auf Anschluss

Womöglich erst im Jahr 2034 könnten wieder Züge über die historische Stammbahnstrecke zwischen Berlin und Potsdam rollen. Die Planung für einen Radschnellweg stockt.

Radschnellwege nach Berlin und Potsdam, mehr Busse sowie die Anbindung an U-, S- und Regionalbahn: Es gibt viele Ideen, wie der Verkehr im wachsenden Südwesten Berlins und dem ebenso wachsenden Umland besser fließen könnte, wie das Mobilitätsforum der Lokalen Agenda 21 im Kleinmachnower Rathaus am Wochenende zeigte. Einige Projekte sind bereits in Planung, andere werden wohl frühestens in Jahrzehnten realisiert. Hier ein Überblick:

Die Stammbahn

„Wir sind uns alle einig, dass die Stammbahn kommt. Die Frage ist nur, ob als Regional- oder S-Bahn.“ So deutliche Worte wie die von Thomas Dill, Bereichsleiter des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), waren von dort bisher noch nicht zu hören. Wie berichtet, werden derzeit drei Varianten untersucht, wie wieder Züge – ob als Eisen- oder S-Bahn – über die Strecke von Potsdam über Kleinmachnow nach Berlin fahren könnten, die nach 1945 weitgehend demontiert wurde. Wie Dill sagte, sei ein Ende der Untersuchung aber noch nicht absehbar.

Wenn sich der VBB und die Verkehrsministerien von Berlin und Brandenburg auf eine Variante geeinigt haben, muss ein Planfeststellungsverfahren gestartet werden. Danach kann gebaut werden, was bei der mindestens 220 Millionen Euro teuren Strecke zehn Jahre dauern könnte. Eine Inbetriebnahme der Stammbahn wäre Ende 2034 sinnvoll, sagte Thomas Dill vom VBB. „Bis dahin läuft der Verkehrsvertrag mit den Bahnunternehmen.“ Der Vertrag legt fest, welche Züge auf welchen Strecken fahren. Mit Inbetriebnahme der Stammbahn würden sich die Linienführungen jedoch verändern, weshalb das am besten zum Start eines neues Verkehrsvertrages erfolgte.

Nach Dills Meinung wäre eine Regionalbahntrasse auf der Stammbahn wichtig: Sie könnte Züge von Werder (Havel) über Potsdam nach Berlin aufnehmen, die wegen der steigenden Zahl der Pendler gebraucht, aber nicht mehr auf die bisherige Strecke passten. Berlins Bahnchef Alexander Kaczmarek erklärte zudem, dass es einfacher sei, Geld vom Bund für eine Regionalbahntrasse zu erhalten. Gleichzeitig rechnete er vor, dass mit der Stammbahn Fahrzeiten von 15 Minuten zwischen Kleinmachnow und dem Potsdamer Platz möglich sind.

S-Bahn

In der Region wird auch nahezu einstimmig die Verlängerung der S-Bahn von Teltow nach Stahnsdorf gefordert, möglichst auch der Weiterbau von Stahnsdorf auf der Trasse der früheren Friedhofsbahn nach Wannsee. Auch diese Varianten werden, wie berichtet, derzeit vom VBB geprüft. „Bisher gibt es das eindeutige Ergebnis, dass auch auf dieser Achse etwas passieren muss“, sagte VBB-Bereichleiter Dill.

Allein die Verlängerung der S-Bahn von Teltow zur Sputendorfer Straße in Stahnsdorf könnte die Fahrgastzahlen um 1000 auf dann 3 500 am Tag erhöhen. Gleichzeitig sei das auch der S-Bahn-Abschnitt, der am einfachsten zu bauen ist, weil nur Straßenkreuzungen nötig sind. Auf der Strecke nach Wannsee müssten hingegen der Teltowkanal, die Autobahn A 115 und die Bahntrasse Potsdam–Wannsee überquert werden. Die Kosten stehen noch nicht fest, einen möglichen Bauzeitraum nannte Dill nicht.

U-Bahn

Peter Weis von der Lokalen Agenda 21 brachte auch eine Verlängerung der U-Bahn von Krumme Lanke über Mexikoplatz bis nach Düppel/Kleinmachnow ins Gespräch. „Das wäre eine sinnvolle Netzverknüpfung.“ Die Züge könnten im letzten Abschnitt auch oberirdisch rollen.

„In der Theorie sind diese Pläne sicher gut, in der Praxis aufgrund der hohen Kosten aber sehr fraglich“, sagte Bahnchef Kaczmarek. Die Strecke wäre knapp drei Kilometer lang. Zum Vergleich: Die BVG rechnet allein bei einer Verlängerung um 700 Meter bis zum S–Bahnhof Mexikoplatz mit Kosten von 30 Millionen Euro und hält sie deshalb für nicht wirtschaftlich.

Bus

Für bessere Verbindungen nach Berlin brachte Michael Weber, Betriebsmanager der BVG, den Neubau einer Brücke über den Teltowkanal nahe der Teltowkanalwerft ins Gespräch: „Derzeit müssen wir mit der Linie 101 leider vorm Kanal enden.“ Vom Kanal zum S-Bahnhof Zehlendorf braucht der Bus neun Minuten.

Radschnellwege

Derzeit läuft beim Berliner Senat eine Machbarkeitsstudie zu einem Radschnellweg am Teltowkanal entlang über Lichterfelde nach Teltow. Auch eine Trasse entlang der Avus vom Dreieck Funkturm nach Potsdam wird geprüft. Das Projekt eines Radschnellweges von Potsdam über Stahnsdorf und Kleinmachnow nach Teltow ist jedoch ins Stocken geraten, da Stahnsdorf beschlossen hat, kein Geld für das Projekt auszugeben.

„Auf Potsdamer Gebiet machen wir derzeit Vorplanungen für den Schnellweg“, sagte Potsdams Radverkehrsbeauftragter Thorsten von Einem. Er zeigte sich enttäuscht, das Stahnsdorf sich aus den Planungen zurückgezogen hat. „Wir haben im Weg ein großes Potenzial gesehen, hätten vielleicht aber mehr miteinander reden sollen.“ Nun endet die Planung am Rande der Parforceheide.

Stefan Overkamp vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) forderte zudem einen Schnellweg neben der möglichen S-Bahntrasse zwischen Stahnsdorf und Teltow. „Bisher gibt es nur Radwege entlang der Straßen. Allerdings sind auch die meist zu schmal.“

Von Einem und Overkamp forderten, dass der Bau von Radschnellwegen künftig Ländersache wird, um die kommunenübergreifende Planung zu vereinfachen. Bisher ist dies in Deutschland nur in Nordrhein-Westfalen geschehen. Das Land plant eine 101 Kilometer lange Verbindung zwischen Hamm und Duisburg.

Enrico Bellin

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