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Steffen Krach, Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, will Berlin verlassen.

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Update

Nächster SPD-Politiker will Senat verlassen: Berliner Staatssekretär Steffen Krach will Regionspräsident in Hannover werden

Seit sechs Jahren ist er Staatssekretär, nun will er Berlin verlassen. Der SPD-Politiker Steffen Krach will zurück in seine Heimat nach Hannover.

Berlins Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, Steffen Krach, kandidiert als Regionspräsident der Region Hannover. Das kündigte der SPD-Politiker und gebürtige Hannoveraner auf seiner Webseite an. Damit will er im kommenden Jahr den bisherigen Regionspräsidenten Hauke Jagau ablösen, der nach 15 Jahren im Amt nicht mehr antritt.

"Ich bin Hannoveraner durch und durch", schrieb Krach in seiner Bewerbung. Er sei sich sicher, dass ihm seine Berliner Zeit viel mitbringe für das Amt in Hannover. Dabei verwies er auf Erfolge Berlins bei der Ansiedlung von Wissenschaftseinrichtungen.

Der 41-jährige Krach ist seit 2014 Staatssekretär für Wissenschaft, erst in der Bildungsverwaltung angesiedelt, seit 2016 unter dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller in der Senatskanzlei. Nach seinem Politikwissenschaftsstudium an der Freien Universität hatte Krach zunächst für die Landesvertretung von Rheinland-Pfalz in Berlin, dann in der Bildungsverwaltung gearbeitet. Krach gilt als ein Architekt der Berliner Wissenschaftserfolge der vergangenen Jahre. Unter seiner Leitung war in den vergangenen Monaten in enger Abstimmung mit der Charité auch Berlins Corona-Teststrategie entstanden.

Auf Twitter äußerte sich Krach zu seiner Entscheidung. "Wer mich kennt, weiß, dass mein Herz für die Region Hannover schlägt", schrieb er und sprach von einer neuen Herausforderung. Zunächst würden aber noch Aufgaben in Berlin anstehen.

Bereits am Dienstagabend wurde Krach von den Hannoveraner Parteigremien einstimmig für das Amt nominiert, am Mittwoch stellte er sich der Fraktion vor. Er habe „unglaublich gerne“ in Berlin und in der Wissenschaftspolitik gearbeitet, sagte Krach dem Tagesspiegel auf Anfrage, wobei er die „spannenden und erfolgreichen Jahre“ mit Michael Müller hervorhob. Aber in Hannover, wo er zwanzig Jahre gelebt habe, seien auch immer noch Familie und Freunde.

Er begründet seine Kandidatur auch damit, dass er in dem neuen Amt die Ideen umsetzen könne, die die Wissenschaft für alle Politikbereiche entwickele: „Das reizt mich ungemein.“ Der Regionspräsident ist zum Beispiel für die kommunalen Krankenhäuser, den öffentlichen Nahverkehr und die beruflichen Schulen in der Region Hannover verantwortlich. Zu dem Regionsverbund haben sich die Stadt und 21 sie umgebende Kommunen im Jahr 2001 zusammengeschlossen.

Müller dankt seinem Staatssekretär

Michael Müller dankte seinem Staatssekretär am Mittwoch: "Steffen Krach hat unglaublich viel für Berlin bewegt, dass unserer Stadt heute der Innovationsstandort Nummer eins in Deutschland ist, trägt auch seine Handschrift. Wir haben eine sehr gute und erfolgreiche Zusammenarbeit und ich bedauere natürlich, dass er Berlin verlassen will", sagte der Regierende dem Tagesspiegel.

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Auch Parteifreunde von Krach reagierten am Mittwochmorgen enttäuscht über die Meldung. "Schade für Berlin, bester Mann für Hannover ... man muss auch loslassen können", twitterte Sven Kohlmeier, SPD-Mitglied im Abgeordnetenhaus, der im kommenden Jahr jedoch selbst nicht noch mal für das Abgeordnetenhaus kandidieren wird.

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Mit Krach könnte ein weiterer führender SPD-Politiker die Berliner Landespolitik verlassen. Neben dem Regierenden Michael Müller, der in den Bundestag will, hatten bereits Bildungssenatorin Sandra Scheeres und Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci angekündigt, nach dieser Legislaturperiode nicht mehr für ihre Ämter bereit zu stehen.

Für die Berliner Wissenschaft wäre der Abgang Krachs ein großer Verlust. Krach ist ein politischer Zögling des früheren Bildungs- und Wissenschaftssenators Jürgen Zöllner, für den Krach bereits als persönlicher Referent arbeitete. Als Wissenschafts-Staatssekretär - erst unter Sandra Scheeres, dann unter Michael Müller, der seit 2016 in Personalunion auch Wissenschaftssenator ist - hat er maßgeblich dazu beigetragen, dass die Wissenschaft einer der wenigen Bereiche Berlins ist, bei denen der Senat seit Jahren glänzt. 

Krach war in Berlin immer wieder für Höheres gehandelt worden

Krach gilt als der Mann, der Müller in diesem Bereich den Rücken freihält, Verhandlungen mit den Hochschulen führt und bundespolitisch unter den Wissenschaftsministerinnen und -ministern Akzente setzt - auch ein Grund, warum Berlin hier so gut dasteht. Er hat die "Berlin University Alliance" mit geschmiedet, den Verbund der Berliner Unis, der 2019 in der Exzellenzinitiative erfolgreich war. Zu seinen Verhandlungserfolgen gehört, dass sich Berlin dauerhaft die hohe Millionenförderung des Bundes für das in die Charité integrierte Berliner Institut für Gesundheitsforschung sichern konnte - eine maßgebliche Stärkung des Medizinstandortes Berlin.

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Wegen seiner Erfolge in der Wissenschaftspolitik war Krach in Berlin immer wieder für Höheres gehandelt worden - etwa für das Amt des Bildungssenators oder des Amt des Wissenschaftssenators, wenn Müller in den Bundestag wechselt. Denn dass Franziska Giffey bei einem Wahlsieg wie Müller auch das Amt der Wissenschaftssenatorin übernimmt, gilt als unwahrscheinlich: Dort hängt ihr noch immer ihre Plagiatsaffäre nach, selbst wenn ihr der Doktortitel nicht entzogen wurde und sie mit einer Rüge der FU davonkam.

Ist Krachs Entscheidung jetzt auch ein Zeichen, dass er in Berlin keine Zukunft mehr für sich sieht? Nein, sagte Krach dem Tagesspiegel: „Das ist eine Entscheidung für Hannover und nicht gegen Berlin.“ Mit der Neuaufstellung der Berliner SPD unter Franziska Giffey und Raed Saleh habe der Wechsel nichts zu tun: „Das hat keine Rolle gespielt. Ich bin überzeugt, dass die SPD bei den kommenden Wahlen in Berlin die stärkste Partei wird.“

Hochschulen würdigen Krachs Verdienste

Die Hochschulen jedenfalls würden einen Abgang Krachs sehr bedauern. Für Günter M. Ziegler, den Präsident der Freien Universität, hat Krach „Großartiges in Berlin geleistet“, bei Müller und Krach handele es sich um ein „außergewöhnliches Duo“ für die Wissenschaft. Ziegler denkt dabei an den Erfolg Berlins in der Exzellenzstrategie, aber auch daran, wie die Berliner Hochschulen bisher die Coronapandemie bewältigt haben. Dies sei nur durch „höchst vertrauensvolle Absprachen zwischen dem Staatssekretär und den Hochschulen“ gelungen: „Das funktioniert in Berlin sehr gut.“

Bis zum Ende der Legislaturperiode habe man gemeinsam noch viel vor. Dazu gehöre auch, die Verhandlungen über die nächsten Hochschulverträge richtig vorzubereiten: „Hier müssen wir es gemeinsam schaffen, trotz der infolge der Pandemie angespannten wirtschaftlichen Lage weiter eine Priorität für die Wissenschaft zu sichern.“

"Mit Verhandlungsgeschick viel Geld nach Berlin geholt"

TU-Vizepräsidentin Christine Ahrend teilte dem Tagesspiegel in einer ersten Reaktion mit: "Wir in Berlin haben seinem Wirken und seiner politischen Arbeit sehr viel zu verdanken." Die Kooperation mit ihm sei "immer geprägt durch Vertrauen und Transparenz. Sein Politikstil ist offen, zugewandt, moderierend, und er kann zuhören."  Krach habe wegweisende Impulse und Entwicklungen auf der politischen Seite vorbereitet und gegeben. Würden die Hochschulen auf Krach verzichten müssen, wäre das "für uns alle keine gute Nachricht". Auch Charité-Vorstandschef Heyo Kroemer sagte, ein Weggang Krachs würde für Berlin und für die Charité einen "Verlust" bedeuten: "Ob BIG oder Universitätsverbund, ob Teststrategie oder Herzmedizin: Steffen Krach setzt sich in beeindruckender Weise für den Wissenschafts- und Gesundheitsstandort Berlin ein."

Dass Krach auch innerhalb der Koalition anerkannt ist, zeigt die Reaktion von Tobias Schulze, dem wissenschaftspolitischen Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus. Krachs "Vernetzung und seine Beharrlichkeit in Verhandlungen werden Berlin, das nicht immer nur Freunde auf dem Bundesparkett hat, sehr fehlen", sagte Schulze dem Tagesspiegel:  "Mit seinem Verhandlungsgeschick hat er viel Wissenschaftsgeld nach Berlin geholt." Mit der großen Hochschulgesetznovelle habe man nun noch ein wichtiges rot-rot-grünes Projekt vor, "das wir gut zusammen beenden werden".

Selbst Adrian Grasse von der oppositionellen CDU würdigte Krach, wenn auch mit einem leicht vergifteten Lob: "Mit Herrn Krach verliert der Berliner Senat eines der wenigen kompetenten Regierungsmitglieder." Der Dauerstreit in der Koalition habe seine Entscheidung sicher befördert. Er wünsche Krach in Hannover viel Erfolg.

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