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Kunzelmann, Aktivist der 68-er Bewegung und einer der Mitbegründer der "Kommune I", zieht im Sommer 1983 als Parlamentarier der Alternativen Liste in das Berliner Abgeordnetenhaus ein.

© Chris Hoffmann/dpa

Nachruf auf Dieter Kunzelmann: Politclown, Abgeordneter, Provokateur

Provokationen bestimmten sein Leben. Am Mittwoch ist der "Kommune 1"-Mitbegründer Dieter Kunzelmann im Alter von 78 Jahren in Berlin gestorben.

Der Angeklagte näherte sich dem prominenten Zeugen und rief „Frohe Ostern, du Weihnachtsmann“. Dann zerdrückte Dieter Kunzelmann auf dem Kopf des damals Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen ein Ei. Es war der 20. Dezember 1995, Kunzelmann stand vor Gericht, weil er im Oktober 1993 den Dienstwagen Diepgens mit einem Ei beworfen hatte. Die Windschutzscheibe wurde dabei beschädigt. Das Urteil: fünf Monaten Haft mit Bewährung.

Die Aktion im Gerichtssaal war typisch Kunzelmann. Provokationen bestimmten das Leben des Mannes, der 1939 in Bamberg geboren wurde. Er gründete 1967 mit anderen die legendäre Kommune I in Berlin, war wichtiger Teil der Studentenbewegung und gehörte zusammen mit Fritz Teufel und Rainer Langhans, zu den schillernden Polit-Clowns der Szene. Kunzelmann war aber auch Teil der Terror-Organisation Tupamaros West-Berlin, die mehrere Attentate mit Brandbomben in Berlin verübte. Angeblich war Kunzelmann 1969 auch am Bombenanschlag auf das Jüdische Gemeindehaus in Berlin beteiligt. Kunzelmann bestritt dies allerdings heftig.

Er inszenierte seinen eigenen Selbstmord

Wegen eines Molotow-Cocktail-Anschlags auf die Villa eines Boulevardzeitungs-Chefredakteurs saß Kunzelmann ab 1970 mehrere Jahre in Haft und ließ sich anschließend zum Drucker ausbilden. Von 1983 bis 1985 saß er als Abgeordneter der Alternativen Liste im Abgeordnetenhaus.

Kunzelmann wurde zwar älter, aber das hinderte ihn nicht an weiteren Provokationen. Wegen den Eieraktionen erhielt er in der Berufungsverhandlung eine Gesamtstrafe von sechs Monaten Haft. Doch vor seinem Haftantritt floh Kunzelmann. 1998 inszenierte er in einer Zeitungsanzeige seinen Selbstmord. 1999, an seinem 60. Geburtstag, tauchte er wieder auf und trat seine Haftstrafe an. Das Gefängnis verließ er dann wieder standesgemäß: Er warf Eier gegen die Mauer der JVA Tegel. Am Mittwoch wurde bekannt, dass Kunzelmann im Alter von 78 Jahren gestorben ist.

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