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Der Protest der Demo-Teilnehmer:innen richtete sich vor allem gegen die Bundesregierung und die Corona-Politik.

© Christoph Kluge TSP

Nach Zerwürfnis bei Berliner „Querdenkern“: 700 Menschen demonstrieren in Potsdam gegen Corona-Politik

Teile der Corona-Skeptiker-Szene in Berlin wollten nicht mit Rechtsextremen demonstrieren und wichen nach Potsdam aus. Etwa 300 Menschen kamen zum Gegenprotest.

Eine sanfte Männerstimme schallte am Samstagnachmittag durch die Potsdamer Innenstadt. „Wach auf Deutschland, mein geliebtes Deutschland. Die Zeit deiner Knechtschaft ist vorbei!“, sang Christian Stockmann vor etwa 700 Menschen, die gegen die Corona-Maßnahmen protestierten. Auch in Berlin waren am Samstag mehrere Demos angemeldet, ein Protest von Rechtsextremen im Regierungsviertel wurde wegen der Missachtung der Corona-Auflagen aufgelöst.

Stockmann ist der Pastor einer kleinen evangelikalen Gemeinde in Berlin-Wedding und gleichzeitig der Kopf einer Gruppierung namens „Christen im Widerstand“. Er vergleicht die Corona-Politik der Bundesregierung mit dem Dritten Reich und hält sich für einen Nachfolger des von den Nazis ermordeten Theologen Dietrich Bonhoeffer.

Organisiert wurden die Proteste von einem Bündnis kleinerer Initiativen, zu dem auch Stockmanns Gruppe gehört. Viele Teilnehmende waren aus Berlin angereist, darunter viele Esoterikbegeisterte und Impfgegner:innen. Gekommen war auch die Gruppe „Freedom Parade“ um Michael B., der sich „Captain Future“ nennt.

Vor Corona legte er als DJ bei Fetisch-Partys auf. Seit März 2020 protestiert er im gelben Superheldenkostüm gegen die „Merkel-Diktatur“. Um B. schart sich eine Gruppe, die er als „renitente Feierbiester“ bezeichnet. Die Gruppe provoziert regelmäßig mit Flashmobs, indem sie zum Beispiel ohne Masken in Supermärkte stürmt, um Polonaise zu tanzen.

Der Potsdamer Kundgebung vorausgegangen war ein Zerwürfnis innerhalb der coronaskeptischen Protestszene. Rechtsextreme hatten zu einer Demonstration in Berlin aufgerufen. Andere Gruppen wollten nicht gemeinsam mit ihnen protestieren, sie wichen daher auf die brandenburgische Landeshauptstadt aus.

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Die Polizei hatte den Veranstaltungsort am Neuen Lustgarten abgesperrt. Die Teilnehmenden wurden gezählt und auf die Maskenpflicht hingewiesen. Die brandenburgische Eindämmungsverordnung erlaubt nur stehende Kundgebungen mit höchstens 500 Personen mit Masken und Abständen.

In Potsdam hatten sich auch zahlreiche Gegendemonstrant:innen versammelt.
In Potsdam hatten sich auch zahlreiche Gegendemonstrant:innen versammelt.

© Christoph Kluge TSP

Nur etwa 50 Meter Luftlinie entfernt, vor dem Filmmuseum, hatte sich eine Gegenkundgebung formiert. Unter dem Motto: „Ausgeschwurbelt! Gemeinsam gegen Corona, Quatschdenken und Nazigeschwurbel!“ protestieren etwa 300 Menschen gegen die Corona-Skeptiker:innen.

Lutz Boede von der Potsdamer Wähler:innenvereinigung „Die Andere“ hatte die Versammlung angemeldet. „Das ist ein kruder, zusammengewürfelter Haufen von Leuten“, sagte er über die Demonstrierenden auf der anderen Seite der Absperrung. Zwar könne er die Frustration vieler Menschen verstehen. Auch er halte einige Lockdown-Maßnahmen für fragwürdig. Doch die Corona-Demonstrant:innen würden die Realität der Pandemie verleugnen und sich in irrationale Weltbilder flüchten.

Als die Gruppe auf die Gegendemo traf, kam es zu kurzen Rangeleien mit der Polizei.
Als die Gruppe auf die Gegendemo traf, kam es zu kurzen Rangeleien mit der Polizei.

© Christoph Kluge TSP

Gegen 16 Uhr zog „Captain Future“ mit etwa zwei Dutzend Anhänger:innen durch die Innenstadt. Die Polizei stoppte den Zug am Brandenburger Tor kurzzeitig. Die Gruppe lief dann weiter durch die Brandenburger Straße. Dort versuchten Gegendemonstrant:innen, die Straße mit Fahrrädern abzusperren. Es kam zu Handgemengen mit der Polizei. Gegen 17 Uhr waren alle Demonstrationen beendet.

Bereits am vergangenen Samstag war ein Protestzug von 150 Menschen durch Potsdam gezogen, größtenteils ohne Masken und Abstände. Die Protestierenden überrumpelten die Polizei und zogen los. Die Beamten benötigten eineinhalb Stunden, um die Situation wieder unter Kontrolle zu bekommen.

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