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Zu zwei Dritteln Spitze: Klaus Lederer, nach einer Rede, hat nicht den Rückhalt der gesamten Partei - aber einer satten Mehrheit.

© Klaus-Dietmar Gabbert/ dpa

Nach Wahldebakel in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt: Die Last der Linken auch in Berlin

Nicht nur die AfD macht der Partei der kleinen Leute im Berliner Wahlkampf ernste Sorgen, sondern auch die eigene Kandidatenliste.

Im ganzen Land wird neben Flüchtlingen vor allem über Mieten und Löhne debattiert – also über Themen, bei denen die Linke punkten sollte. Doch dann verliert eben jene Partei nicht nur in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt massenhaft Stimmen, stattdessen legt die Rechte massiv zu – mit vielen Stimmen von links. In Berlin wiederum plagt die Linkspartei nicht nur der zunehmende Erfolg der AfD, sondern auch die Nachwehen des letzten Wochenendes: Auf dem Parteitag in Adlershof waren Linken-Landeschef und Spitzenkandidat Klaus Lederer von 68 Prozent und Fraktionschef Udo Wolf von nur 62 Prozent der Delegierten gewählt worden.

Gleich am Montag demonstrierte Lederer dann in Mitte gegen die AfD – im Wissen darum, dass sie auch zur Abgeordnetenhauswahl im September vielleicht 15 Prozent der Stimmen bekommen könnte. Stoisches Verdammen durch die anderen Parteien hat der AfD jedenfalls nicht geschadet. Und neben traditionellen Nichtwählern konnten die Rechtspopulisten in Sachsen-Anhalt auch einstige Anhänger der Linken für sich gewinnen. Was also tun?

„Der Erfolg der AfD vom Sonntag ist eine Klatsche für alle anderen Parteien“, sagte Evrim Sommer, die in Lichtenberg für die Linke bald Bürgermeisterin werden will. „Wir müssen linke Antworten auf Fragen geben, die ganz normale Wähler stellen.“ Mieten, Löhne, aber auch Sicherheitsaspekte dürften dazugehören. „Die Auseinandersetzung suchen“ will auch Lederer. „Der AfD die Märtyrerrolle zu überlassen, ist sinnlos.“

Wird die Linke das eindringlich vermitteln können?

In der Linkspartei ist man da uneinig. Einige unterstützen Sahra Wagenknecht, die in der Bundes-Linken einen weniger euphorischen Blick auf die Flüchtlinge pflegt. Die meisten Linken-Funktionäre aber wollen lieber nicht über Asylbewerber diskutieren. Nun sagte Lederer, man müsse sich dennoch der Debatte mit der AfD stellen. Konkret hieße das: Lederer, der – sehr eloquente – Jurist streitet als Spitzenkandidat in diesem Sommer in der einen oder anderen Fernsehrunde mit dem jeweiligen AfD-Vertreter. Die AfD, sagt Lederer am Montag, stehe eben auch dafür, den Mindestlohn abzuschaffen – sie sei keine Partei der „einfachen Leute“. Wird die Linke das eindringlich vermitteln können?

„Die AfD ist nicht nur ausländerfeindlich, sondern neoliberal und arbeitnehmerfeindlich. Die Linke braucht nun konkrete Antworten auf die sozialen Probleme, die ja fast alle betreffen, also auf Wohnungsnot und schlechte Arbeitsbedingungen“, sagte Damiano Valgolio, der in der Linken für die aktiven Gewerkschafter spricht. Mit Kritik am Spitzenpersonal aber will am Montag kaum jemand auffallen, der Wahlkampf hat schließlich begonnen. Außerdem sind Lederer und sein Team am Wochenende ja bestätigt worden – die 90-Prozent-Zustimmungsraten, die in anderen Parteien üblich sind, sprechen nicht unbedingt für die dort gepflegte interne Demokratie.

Am Ende hat die Basis das Sagen

Dennoch deutet das verhaltene Ergebnis in Adlershof auf einen Konflikt hin, der sich nach der Abgeordnetenhauswahl verschärfen könnte: Lederer und Wolf wollen wieder regieren – am liebsten mit der SPD, im Notfall mit den Grünen dazu. Einige wollen das nicht, schon weil sie sagen, die Linke fordere inhaltlich zu wenig. „Die Mehrheit in der Partei aber hat sich gegen reinen Oppositionswahlkampf entschieden“, sagte Lederer. „Und ich habe deutlich gesagt: Wenn wir etwas verändern können, ist Regieren eine Option. Klar, dass ich so nicht alle Stimmen bekommen habe.“

Lederer war zuletzt vor allem aus Neukölln, vereinzelt auch aus anderen Bezirksverbänden kritisiert worden. Ihm wurde vorgeworfen, die ersten 30 Plätze der Kandidatenliste für die Abgeordnetenhauswahl mit Ja-Sagern besetzt zu haben, weshalb es am Wochenende einige Kampfkandidaturen dagegen gab. „Es sind tatsächlich viele Parteisoldaten auf der Liste, die Linke muss mehr Aktivisten aus Verbänden vor Ort und den Kiezen der Stadt holen“, sagte Gabriele Hiller, Abgeordnete aus Hellersdorf.

Aus Neukölln stammt übrigens Anne Helm, die von 2009 bis 2014 bei den Piraten mitmachte. Nun tritt sie – mit Lederers Segen – auf Platz 19 der Landesliste an und könnte somit ins Abgeordnetenhaus einziehen. Für die Kandidaten auf den Plätzen dahinter wird es schwieriger. Nur wenn die Linke mehr als die prognostizierten 15 Prozent der Stimmen und einige Direktmandate erhält, dürften bis zu 30 Kandidaten einen Parlamentssitz bekommen. Vor einem Eintritt in eine Regierung – das wurde auch auf dem Landesparteitag beschlossen – soll eine Urabstimmung über den möglichen Koalitionsvertrag urteilen. Insofern hätte die Basis, derzeit noch 7400 Mitglieder, am Ende das Sagen.

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