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Polizeipräsidentin Barbara Slowik und Siegfried-Peter Wulff stellten das Ergebnis von internen Untersuchungen vor.

© Wolfgang Kumm/dpa

Nach Terroranschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt: Polizei testet Drohnenabwehr

Nach dem Terroranschlag vom Breitscheidplatz stand die Behörde in der Kritik. Eine Arbeitsgruppe legt nun einen Bericht über Defizite bei Gefährdungslagen vor.

Die Polizei sieht sich nach dem Weihnachtsmarkt-Anschlag von 2016 heute besser aufgestellt. Ihre Behörde sei professionell und zeitgemäß, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Dienstag vor Journalisten in Berlin. Sie sprach von strategischen Veränderungen und optimierten Handlungen. Eindeutige Fehler sehe sie nicht bei der Berliner Polizei. An den Behörden war nach dem Attentat Kritik laut geworden, Hinterbliebene und Verletzte beklagten Bürokratie und Untätigkeit.

Knapp zweieinhalb Jahre sind seit dem Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 vergangen, bei dem der tunesische Attentäter zwölf Menschen getötet und Dutzende verletzt hatte. Er konnte zunächst fliehen, wurde wenige Tage später aber von der italienischen Polizei erschossen. Es war der bislang schwerste islamistische Anschlag in Deutschland.

Mehrere Untersuchungsausschüsse versuchen seither, das Geschehen aufzuarbeiten. Und die Polizei hat eine eigene Arbeitsgruppe eingesetzt, um den Einsatz auszuwerten. Die „AG Anschlag“ untersuchte, wie die Polizeiarbeit in Zukunft bei Einsätzen wie damals optimiert werden kann.

Am 1. Februar erhielt Slowik den Abschlussbericht der Arbeitsgruppe mit 132 Mitarbeitern, von denen 122 zusätzlich zu ihrer eigentlichen Arbeit in der Behörde mitwirkten. Grundlage für die Untersuchungen waren auch die Empfehlungen einer Nachbereitungskommission. Maßnahmen wurden etwa bei den Themen Fahndung, Aus- und Fortbildung von Beamten, bei der Öffentlichkeitsarbeit und Betreuung ergriffen. Slowik sagte, „Defizite“ seien in der Nachbereitung des Attentats offenbart worden. Was die Betreuung nach dem Einsatz anbelange, sei deutschlandweit festgestellt worden, dass „alle staatlichen Stellen nicht ausreichend vorbereitet waren“, sagte Arbeitsgruppenleiter Siegfried-Peter Wulff, der auch Leiter der Direktion Einsatz ist, die unter anderem für Gefährdungslagen wie Anschläge und Amokläufe zuständig ist. So wurde unter anderem eine Koordinierungsstelle für die psychosoziale Notfallversorgung eingerichtet. Die Berliner Polizei sei im nationalen und internationalen Vergleich insgesamt aber zeitgemäß aufgestellt, so Slowik. Hundertprozentige Sicherheit gebe es jedoch nicht.

Schnelles Eingreifen bei Verdachtsmomenten

„Wo wir erkannt haben, da können wir besser werden, da setzen wir es sofort um“, sagte Wulff weiter. So wurde in Berlin eine „Führungsgruppe Sofortlagen“ installiert, die aus sechs Beamten besteht, die zwischen 6 und 22.30 Uhr die jeweiligen Polizeiführer unterstützen. Ihre Aufgabe, fasst Wulff zusammen: Den Polizeifunk mithören. Ist eine Sofortlage erkennbar – Verdachtsmomente wie eine Alarmierung wegen gefallener Schüsse – können die Beamten schnell eingreifen, Kräfte zusammenstellen, eine Karte vom Einsatzort erstellen, um schnell reagieren und erste Maßnahmen veranlassen zu können. Bisher sei die Gruppe 176 Mal seit Februar 2018 in die Vorbereitung einer möglichen Lage gegangen, so Wulff, ausgelöst wurden dann jedoch 34 Einsätze. Das bislang letzte Mal war demnach eine besondere Lage bei der Notlandung einer Bundeswehrmaschine im April vorbereitet worden. Der Luftwaffenjet hatte auf dem Flughafen Schönefeld mit beiden Flügeln den Boden geschrammt und war nur knapp einer Katastrophe entgangen.

Neu ist auch ein Webportal, auf dem Zeugen im Falle eines Anschlag ihre Fotos oder Videos hochladen können. Es wurde laut Bericht erstmals beim Geldtransporter-Überfall am Alexanderplatz im vergangenen Oktober aktiviert.

Anstieg von Vorfällen mit Drohnen

Bei der Polizei wurden den Angaben zufolge 95 Millionen Euro investiert, etwa in neue Schutzkleidung und Waffen für die Beamten. Verstärkt ins Blickfeld der Polizei sind auch „Drohnenvorfälle“ geraten. Hier gebe es einen deutlichen Anstieg, gerade im Regierungsviertel, hieß es. Allein beim Christopher Street Day am vergangenen Wochenende seien elf solcher Fluggeräte festgestellt worden. Die Behörde teste jetzt auch entsprechende Abwehrgeräte. Die Berliner Polizei sei bundesweit die erste anerkannte Stelle, die Drohnenführer ausbilden darf.

Um den Ernstfall zu proben, hatte die Berliner Polizei zuletzt im März eine Übung im Einkaufszentrum „Boulevard Berlin“ in Steglitz durchgeführt. Rund 550 Polizisten waren beteiligt, auch Feuerwehr, BVG und Centermanagement waren involviert. Simuliert wurde hier ein Einsatz, bei dem ein Auto in das Einkaufszentrum gerast war. Erst vor Ort erfuhren die Beamten, dass es sich um eine Übung handelt. (mit AFP & dpa)

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