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Ein Plakat der Initiative zitiert einen Auszug aus dem Grundgesetz.

© picture alliance/ZB

Nach SPD-Landesparteitag: Berliner Jusos wollen "konstruktiv" enteignen

Die Linke ist dafür, Grüne eher auch, CDU, FDP und AfD lehnen das Begehren ab – und die SPD? Die ringt noch immer um ihre Position.

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Wenn am Sonnabend die große Mieten-Demo startet und zeitgleich Unterschriften für das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ gesammelt werden, ringt die Berliner SPD noch um ihre Position. Das wird sich voraussichtlich bis zum Oktober hinziehen, dann werden die Sozialdemokraten auf einem Landesparteitag Beschlüsse fassen. Hätte die SPD auf dem Parteitag vor einer Woche das Thema nicht vertagt, wäre das Volksbegehren von den Delegierten wohl mehrheitlich unterstützt worden.

In einem „innerparteilichen Diskussionsprozess mit breiter Beteiligung unserer Mitglieder“ wollen die Sozialdemokraten in den nächsten Monaten klären, wie es der SPD-Landesverband mit der Enteignung und Vergesellschaftung kommerziell genutzter Mietwohnungsbestände hält.

So kurz nach dem Parteitag gebe es noch keinen offiziellen Plan, wie dieser innerparteiliche Diskurs organisiert werden solle, sagte der Vize-Landeschef der SPD, Julian Zado. Befürworter und Gegner denken über Informations- und Diskussionsveranstaltungen nach, aber der Prozess steht noch ganz am Anfang. Das Pro und Kontra verteilt sich momentan über alle SPD-Kreisverbände, wenn auch nicht gleichmäßig.

Besonders viele Unterstützer der Enteignungsinitiative soll es in Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln, Mitte, Steglitz-Zehlendorf und Lichtenberg geben. Vorreiter sind aber die Berliner Jungsozialisten – mit 6000 Mitgliedern eine innerparteiliche Macht. Mit der Initiative, die das Volksbegehren organisiert, sei man schon im Gespräch, sagte die Juso-Landesvorsitzende Annika Klose. Wie das Thema im SPD-Landesverband organisiert werden solle, müsse der Landesvorstand festlegen.

Klose plädiert für einen „konstruktiven Umgang“ mit der Enteignungsinitiative, auch der rot-rot-grüne Senat solle schnell das Gespräch suchen. Mit dem Ziel, gemeinsame Positionen zu entwickeln. Denn obwohl der vertagte Juso-Antrag teilweise wortradikal klingt, gibt es im Detail durchaus Kritik am Volksbegehren.

Forderung der Initiative als "willkürlich" eingeschätzt

So wird die Forderung, alle Immobilienunternehmen in Berlin mit mehr als 3000 Wohnungen zu vergesellschaften, als „willkürlich“ eingeschätzt. Außerdem müsse für Enteignungen ein „tragfähiges, realisierbares und langfristiges Finanzierungskonzept“ gefunden werden. Und es müssten Prioritäten gesetzt werden, welche Objekte vorrangig zu enteignen seien. Vorrangig ist nach Ansicht der Jusos die Sozialisierung von Bauland für die soziale Stadtentwicklung.

Auch wenn das Volksbegehren mit seinen aktuellen Forderungen, für die jetzt Unterschriften gesammelt werden, Schwächen hat: Die linke Mehrheit im SPD-Landesverband will in jedem Fall vermeiden, von der breiten außerparlamentarischen Bewegung „gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“ in Berlin abgehängt zu werden. Andererseits fürchten viele Genossen die politischen und finanziellen Konsequenzen eines erfolgreichen Volksentscheids. In diesem Spannungsfeld entwickelt sich nun die innerparteiliche Debatte.

Während die Linken das Volksbegehren uneingeschränkt unterstützten, befinden sich die Grünen in einer ähnlichen Lage wie die SPD. Man will mit der Initiative ins Gespräch kommen mit dem Ziel, einen Konsens zu finden, bevor ein Volksentscheid kaum revidierbare Tatsachen schafft. Im Mai wollen die Grünen dazu Beschlüsse fassen.

Die Opposition hat es einfacher. CDU, FDP und AfD lehnen das am Samstag startende Volksbegehren rundheraus ab und warnen übereinstimmend vor einem Schaden für die Stadt. Der „Spuk um Vergesellschaftungen von Vermietern“ habe das Vertrauen nicht nur in der Immobilienbranche zerstört, so der CDU-Wirtschaftsexperte Christian Gräff. Der FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja warnte mit Blick auf die „Enteignungsfantasien der Linkskoalition“ vor einem historischen Schaden für die Stadt. „Diese Koalition der Enteigner ist Gift für die Zukunft Berlins.“ Harald Laatsch, Baupolitiker der AfD-Fraktion, sprach sich zwar für die rechtliche Überprüfung der Möglichkeiten einer Enteignung nach Artikel 15 Grundgesetz aus. Aber nur zu dem Zweck, „diese leidige Debatte endlich zu beenden“. Die Verfassung dürfe nicht missbräuchlich ausgelegt werden.

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