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Das Museum der Moderne, hier der Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs, soll das Kulturforum beleben.

© Simulation: Herzog & de Meuron

Nach Pergamon-Skandal in Berlin: Bundesbauamt ist raus beim Museum der Moderne

Nach dem Chaos am Pergamonmuseum will Kulturstaatsministerin Grütters das Museum der Moderne nicht mit dem Bundesbauamt errichten – sondern mit einem Landesbetrieb aus Baden-Württemberg.

Es wirkt wie eine Abstrafung nach dem Schock auf der Museumsinsel: Die Explosion der Kosten und der außer Kontrolle geratene Zeitplan bei der Sanierung des Kernstücks von Berlins Weltkulturerbe, von Spöttern zum BERgamonmuseum umgetauft, hat Konsequenzen: Nach Tagesspiegel-Informationen will die Kulturstaatsministerin auf keinen Fall mehr mit dem Bundesamt für Bauen und Raumordnung (BBR) das Museum des 20. Jahrhunderts auf dem Kulturforum bauen.

Das Bundesamt untersteht dem Bundesministerium für Bauen und ist bisher für alle Bauten des Bundes in Berlin zuständig – von ganz wenigen abgesehen. Für das auch in Parlamentskreisen in der Kritik stehende Bundesamt ist der Vertrauensentzug der Grütters-Behörde ein Affront. Zumal diese mit der alternativen Vergabe des Museums der Moderne einen Präzedenzfall schafft.

Der Museumsneubau bleibt "in der Familie"

Einem Sprecher der Kulturstaatsministerin zufolge soll der „Landesbetrieb Bundesbau Baden-Württemberg“ das Museum der Moderne bauen. Mit Sitz in Karlsruhe ist dieses nicht gerade prädestiniert für Management und Kontrollring einer Baustelle in Berlin. Dafür hatte die Behörde auch schon vorher anspruchsvolle Auftraggeber: die Bundeswehr oder die US-amerikanischen und französischen „Gaststreitkräfte“. Auch für die Nato, den Zoll und die obersten Gerichte des Bundes war die baden-württembergische Bundeseinrichtung tätig.

„Wir begrüßen, dass die Kulturbeauftragte das Projekt mit der Bundesbauverwaltung umsetzen will“, sagte ein Sprecher des Bundesbauministeriums auf Anfrage unverdrossen. Hintergrund: Die Baden-Württembergische Einrichtung untersteht wie das BBR ebenfalls dem Bundesbauministerium, wie weitere 14 Bauverwaltungen in den Bundesländern ebenfalls. So gesehen, bleibt der Museumsneubau gleichsam in der Familie der öffentlichen Bauträger.

Ob tatsächlich der Landesbetrieb Bundesbau Baden-Württemberg mit Sitz in Karlsruhe wie von der Kulturstaatsministerin gewünscht zum Zuge kommt oder eine andere für den Bund tätige Bauverwaltung, bleibt abzuwarten. „Die Kulturbeauftragte ist uns herangetreten mit der Bitte um Übernahme der Bauaufgabe. Wir werden nun in enger Abstimmung mit dieser prüfen, welche Bauverwaltung dafür am besten geeignet ist“, hieß es beim Bundesbauministerium.

Grütters nannte Zustände "skandalös"

Als ausgeschlossen gilt nur, dass das Bundesamt für Bauen diesen Auftrag erhält. Kulturstaatsministerin Grütters, Spitzenfrau der CDU in Berlin, hatte nach der Veröffentlichung des Chaos bei der Sanierung des Pergamonmuseums durch den Tagesspiegel keinen Hehl aus ihrem Ärger gemacht und von „skandalösen“ Zuständen gesprochen. Vor allem bei der Kommunikation der Probleme und ihrer Kosten lag wohl vieles im Argen: Die Höhe der Zusatzkosten soll beiläufig als Randnotiz in einer Akte vermerkt und erst auf Nachfrage eröffnet worden sein.

Auf 475 Millionen Euro geklettert, sind die Kosten für den ersten Abschnitt der Sanierung vom Pergamonmuseum.
Auf 475 Millionen Euro geklettert, sind die Kosten für den ersten Abschnitt der Sanierung vom Pergamonmuseum.

© Kai-Uwe Heinrich

Verdruss hatte das Baustellenmanagement des Bundesamtes auch bei Bundestagsabgeordneten ausgelöst: Die „Halle des Volkes“ im Lüders-Bau im Regierungsviertel, wo eigentlich Veranstaltungen stattfinden sollen, ist seit geraumer Zeit gesperrt. Ob das mit der Erweiterung des Gebäudes zusammenhängt, ist unklar. Die Fertigstellung der Erweiterung selbst ist ebenfalls Jahre im Verzug, weil der Keller des Gebäudes noch einmal aufgerissen und saniert werden muss, bevor ein Abgeordneter überhaupt einen Fuß in den Neubau setzen konnte.

Bund gibt BBR erst mal mehr Personal

Hinter vorgehaltener Hand wurde deshalb auch schon mal gefordert, das BBR ganz abzuwickeln. Doch vom Bund ging bei der Verabschiedung des Haushaltes 2017 ein ganz anderes Signal aus: Das BBR bekommt mehr Geld für Personal und Staatssekretär Florian Pronold verkündete eine „Transparenzoffensive“. Künftig soll das Bundesamt jährlich über den Stand aller Bundesbauten informieren – und über mögliche Komplikationen.

Eine Bewährungsprobe bekommt das Bundesamt in Berlin außerdem: Dem Vernehmen nach soll es die Bauakademie errichten, für die der Bund im Haushalt überraschend Geld bereitstellte.

Das BBR selbst hatte unterschiedliche Gründe für die Vielzahl an Problemen bei Bundesbauten angeführt, vor allem aber die Sparpolitik früherer Bundesregierungen. In den vergangenen Jahren hätten bei vielen Bauvorhaben „externe Projektmanager für Qualität, Kosten- und Terminsicherung sorgen“ müssen, im Amt selbst hätten nur „kleine Teams einer Vielzahl Beauftragter freischaffender Büros gegenüber“ gestanden. Ein Fehler, wie sich herausgestellt habe: Projektmanagement sei eine „essenzielle Bauherrenaufgabe“, die nicht vergeben werden könne.

Das Museum des 20. Jahrhunderts soll nach Plänen der Architekten von Herzog & de Meuron für rund 200 Millionen Euro errichtet werden. Von dieser Summe sind allerdings 90 Millionen Euro für „Sonstiges“ reserviert: für Kosten der Planung, aber auch für „Risiken“. Ein solches Polster für Unvorhersehbares hatte es beim Pergamonmuseum nicht gegeben. Damit stehen die Chancen besser, dass hier mal ein Bauvorhaben den Rahmen nicht sprengt – egal, wer’s macht.

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