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Ein Wachturm der JVA Tegel. Dort sind auch Sicherungsverwahrte untergebracht, die ihre Strafe abgesessen haben.

© Gambarini/dpa

Exklusiv

Nach Flucht eines Sicherungsverwahrten in Berlin: Justiz verschärft Umgang mit Freigängern

Nachdem ein Sicherungsverwahrter zwei Wochen auf der Flucht war, müssen sich Justizvollzugsbeamte zurückhalten - am Telefon.

Nach der zweiwöchigen Flucht eines Sicherungsverwahrten, der am 18. Juli dieses Jahres gefasst worden war, verschärft Berlins Justizvollzug nach Tagesspiegel-Informationen die Regeln. Das bestätigte ein Sprecher von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) am Montag. Wenn Beamte die Inhaftierten, die sich auf Ausgang befinden, telefonisch in die Anstalt beordern, sollen sie ihnen künftig den Grund dafür verschweigen.

Denn: Der verurteilte Vergewaltiger, der zwei Wochen von Zielfahndern gesucht wurde, hatte zuvor gegen eine Lockerungsauflage verstoßen. Die zuständige Vollzugsbeamtin teilte dem Mann dies während seines Ausgangs telefonisch mit und forderte ihn dazu auf, in die Sicherungsverwahrung in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Tegel zurückzukehren. Der Mann wusste somit, dass ihm Lockerungen entzogen würden und er sobald wohl keinen Ausgang mehr bekäme. Er floh daraufhin.

Heikle Botschaften an die Gefangenen nur in der JVA - nicht am Telefon

Es habe zwar zur Praxis gehört, derartige Feststellungen von Verstößen den betreffenden Gefangenen und Verwahrten nicht mitzuteilen, sagte ein Sprecher von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne), eine konkrete, schriftliche Anordnung habe es dazu bislang nicht gegeben: Künftig werde sichergestellt, dass solche heiklen Botschaften den Gefangenen und Verwahrten nur in der Anstalt selbst mitgeteilt werden.

Der verurteilte Vergewaltiger saß seit 2005 in Haft. Ab Herbst 2015, nachdem externe Sachverständige und die zuständige Strafvollstreckungskammer zustimmten, erhielt der Mann erste Lockerungen. Die galten auch noch, als er seine Strafe abgesessen hatte und 2017 in die Sicherungsverwahrung kam. Vor einem Jahr begann der Verwahrte eine Ausbildung, mehr als 900 Ausgänge absolvierte der 36-Jährige problemlos. In Berlin hatte er auch eine Wohnung.

Links die Sicherungsverwahrung in der JVA Tegel in Berlin, rechts die reguläre Haft. Beide müssen sich unterscheiden - das schreibt das Gesetz vor.
Links die Sicherungsverwahrung in der JVA Tegel in Berlin, rechts die reguläre Haft. Beide müssen sich unterscheiden - das schreibt das Gesetz vor.

© Hannibal/dpa

Die Justizverwaltung überprüfte den Mann nun allerdings genauer: So habe er während seiner Umschulung vor zwei Monaten ein Praktikum in einem Handwerksbetrieb begonnen – erschien dort aber offenbar nicht. „Stattdessen legte er mutmaßlich gefälschte Nachweise über seine Anwesenheit vor“, teilte der Sprecher der Senatsjustizverwaltung mit. „Zukünftig finden engmaschigere unangekündigte Besuche in den Arbeits- und Ausbildungsbetrieben statt.“

Die JVA Tegel hat alle Lockerungen für ihn gestrichen. Die Ausbildung darf er nun vorerst nicht fortsetzen. Senator Behrendt hat darüber die rechtspolitischen Sprecher der Abgeordnetenhaus–Fraktionen informiert. Das Parlament macht derzeit Sommerferien.

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